Vom Sorgenkind zum Musterknaben: 15 Jahre in der Europäischen Union
Am 1. Mai feierte die Slowakei mit weiteren neun Ländern den 15. Jahrestag ihres Beitrittes zur Europäischen Union. Die Erweiterung der EU von 15 auf 25 Staaten war ein historischer Meilenstein auf dem Weg von einem geteilten Kontinent zum größten gemeinsamen Binnenmarkt der Welt.
Viele von uns erinnern sich daran, dass der Weg der Slowakei in die EU nicht einfach war: Die Slowakei galt etwa bis kurz vor dem EU-Beitritt als „politisches Schmuddelkind“ der Kandidatenländer. Als die EU ebenso wie zuvor NATO drohte, der Slowakei den gleichzeitigen Beitritt mit den Nachbarländern Tschechien, Polen und Ungarn zu verweigern, gelang es aber den europabegeisterten slowakischen Bürgern in einer denkwürdigen Parlamentswahl und dem Referendum den Europakurs einzuschlagen. Uns kann nur freuen, dass auch die Karpatendeutschen mit ihrem Anteil diese Bestrebungen aktiv unterstützt haben.
Erinnern Sie sich noch? Auf der ersten Seite des Karpatenblattes im April 2003 veröffentlichte ich einen Aufruf mit dem Titel „Unsere Stimme für Europa!“. Danach fand am 16. und 17. Mai 2004 das Referendum über den Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union statt. Die Frage, auf die man antworten sollte, war ganz einfach: „Sind Sie einverstanden, dass die Slowakische Republik ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union wird?“ Die Position der Karpatendeutschen war damals ganz eindeutig: Die Karpatendeutschen gehören zu denen, die wissen, dass die Slowakei kein Zuwanderer in das europäische Milieu ist, sondern dass sie nach vierzigjähriger Verbannung wieder zurückkehrt. Dies haben die Karpatendeutschen aus aller Welt auch bei dem famosen Karpatendeutschen Bundestreffen 1991 in Karlsruhe betont, das unter dem Motto stand „Gemeinsam nach Europa“.
Am 1. Mai 2004 war es so weit: Die Slowakei feierte ihren Beitritt zur EU. Zu den Festtagen am 30. April und 1. Mai wurden von der Deutschen Botschaft auch Repräsentanten der in der Slowakei lebenden Karpatendeutschen nach Preßburg eingeladen, nämlich die Sängergruppe Grünwald aus Krickerhau und das Blasorchester aus Stoß. Das war für uns eine große Ehre und ein Zeichen des Vertrauens.
Das Echo an alle unsere damaligen Initiativen war an verschiedensten Stellen durchaus positiv. Erinnern wir nur beispielsweise an den feierlichen Vortrag des damaligen Nationalratspräsidenten Pavol Hrušovský am Vorabend des Beitrittes. Er würdigte uns mit den Worten: „Was wäre die Slowakei ohne die Karpatendeutschen?“ Wenn wir auf die Ereignisse vor 15 Jahren zurückblicken, können wir zufrieden sagen, dass auch wir, die in der Slowakei lebenden Karpatendeutschen dazu beigetragen haben, dass die Slowakei vom Sorgenkind zum Musterknaben herangewachsen ist.
Ondrej Pöss