Allen Bodenlos (1920-2014) – Überlebender von Pearl Harbor
Pearl Harbor und Metzenseifen? Was gibt es da für einen Zusammenhang? Es gibt tatsächlich einen: Allen Bodenlos. Er hat Metzenseifner Vorfahren, die ihm musikalisches Talent, die Liebe zur Musik und vielleicht auch ein wenig Glück vererbt haben.
Allen Bodenlos wurde am 13. August 1920 in Cleveland, Ohio, geboren. Er war das jüngste der vier Kinder von Albert Bodenlos und Martha Andreas. Alberts Eltern kamen aus Metzenseifen nach Cleveland.
Die Ausbildung schloss Allen im Jahr 1940 an der Highschool ab. Er war Mitglied der Schulband, spielte Blasinstrumente wie Trompete, Waldhorn und Baritonhorn.
Soldat und Hornist
Eigentlich wollte er Musiker werden. Bereits an einem Konservatorium aufgenommen, trat er das Studium nicht an und meldete sich am 9. Juli 1940 zum Militärdienst. Ein Grund mag die Werbung für Berufssoldaten nach dem 1938 erlassenen Naval Expansion Act und dem Two-Ocean Navy Act von 1940 gewesen sein. Diese Maßnahmen sahen eine Vergrößerung der amerikanischen Seeflotte um 20 Prozent und dann nochmals um 70 Prozent vor. Direkt in den Zweiten Weltkrieg traten die USA erst am 11. Dezember 1941 ein.
Ausgebildet wurde Allen Bodenlos bei den Pioniertruppen auf Fort Ord, dem zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wichtigsten Ausbildungsstützpunkt der US-Army. Er wurde Hornist (Bugler) und zuständig für die Hornisten-Ausbildung. Signale mit dem Horn (bugle calls) hatten eine lange militärische Tradition, auch in den USA. Noch heute sind sie üblich, bei Zeremonien und dem Hissen, beziehungsweise Einziehen der Fahne.
Nach Hawaii versetzt
Im Jahr 1941 schickte man ihn nach Hawaii. Sein Einsatzort war das 804th Engineer Aviation Battalion, stationiert im etwa 30 Kilometer nördlich von Honolulu gelegenen Schofield Barracks. Auch dort bekam er die Aufgaben eines Hornisten. Seine Hornsignale „verjazzte“ er gerne und erregte damit Aufsehen. Ein Kommandeur fragte ihn, ob er bereit wäre, ein kleines, 15-köpfiges Musikkorps, das 804. New Drum and Bugle Corps, zu bilden. Allen war begeistert. Er wurde für diese Gruppe als Verantwortlicher benannt und bekam den Auftrag, nach Honolulu zu gehen, um dort die Instrumente zu beschaffen.
Dazu sprach er seinen Freund Clyde Williams an. Dieser leistete seinen Dienst auf dem im Hafen Pearl Harbor liegenden Schlachtschiff USS Arizona und spielte in der Kapelle dieses Schiffes. Die USS Arizona war eines der leistungsfähigsten Kriegsschiffe der amerikanischen Armee. Es wartete in Pearl Harbor mit anderen Kriegsschiffen auf seinen Einsatz. Eine Band gehörte zu einem amerikanischen Kriegsschiff wie deren Bewaffnung.
YMCA-Musik am 6. Dezember
Mit Clyde Williams kaufte er noch am selben Tag, dem 6. Dezember 1941, in Honolulu die Instrumente. Am Abend besuchten beide ein von der Army Navy Young Mens’ Christian Association (YMCA) ausgerichtetes Konzert. An diesem beteiligten sich mehrere Bands der im Hafen liegenden Schiffe.
Nach dem Ende der Veranstaltung lud Clyde seinen Freund ein, auf der USS Arizona zu übernachten. Allen übernachtete aber an Land in einer Unterkunft des Army-Navy YMCA. Dass ihm dies sein Leben rettete, erfuhr er am nächsten Tag.
Der Angriff
Am frühen Morgen des 7. Dezember wurden er und das andere militärische Personal über Lautsprecher aufgerufen, sich sofort bei ihren Kompanien zu melden. Allen nahm dazu einen Bus, den Schofield Shuttle. Als sich der Bus der Küste von Pearl Harbor näherte, stoppten ihn Militärpolizisten. Alle Insassen bekamen den Befehl, sofort auszusteigen und Schutz zu suchen. Japanische Flugzeuge in großer Zahl griffen im Tiefflug den Hafen an. Die Piloten flogen so niedrig, dass Allen sogar ihre Gesichter sehen konnte. Alles, was sich bewegte, wurde beschossen, auch der Bus. Er wurde knapp verfehlt. Getroffen wurden die Kriegsschiffe im Hafen, von dort stiegen riesige Rauchwolken zum Himmel. Mit eigenen Augen sah er die Katastrophe – wie die USS Arizona explodierte, die USS Oklahoma sich neigte und versank. Auf der USS Arizona kam sein Freund Clyde wie 1177 der 1400 Mann starken Schiffsbesatzung ums Leben. Das Schiff mit im Hauptmagazin lagernden 450 Tonnen Pulver brannte noch zwei Tage.
Der Angriff schien bald vorüber zu sein. Allen Bodenlos konnte wieder in den Bus einsteigen, der nun endlich zum Ziel, nach Schofield Barracks, fuhr. Angekommen, meldete sich Allen bei seiner Truppe. Genau zu diesem Zeitpunkt begann eine zweite Angriffswelle. Vor allem der Hafen und die Flugplätze waren das Ziel, die Zerstörungen erneut gewaltig. Allen wurde jetzt Kurier des 804. Bataillons. Zwei volle Tage lang überbrachte er mit dem Motorrad ohne Pause Nachrichten vom Kommandoposten zu den fünf Militärflugplätzen. Sein Überleben im Bombenhagel grenzte an ein Wunder. Bis Ende des Krieges diente Allen Bodenlos auf Hawaii, nun als Pionier mit technischen Aufgaben.
Aktiv in der Pearl Harbor Survivors Association
Nach Ende des Krieges versetzte man Allen nach Korea. Im Jahr 1947 wurde er in Ehren aus der Armee entlassen und kehrte nach Ohio zurück. Das Geschehen um Pearl Harbor versuchte er zu vergessen. Einige Jahre später fand er eine gute Arbeit bei einer Straßenbaufirma in Kalifornien. Für diese arbeitete er 34 Jahre und ging 1982 in den Ruhestand. Kurz zuvor erfuhr er von der Pearl Harbor Survivors Association, dem Verein der Überlebenden des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor. Hier engagierte er sich, erzählte in Schulen und auf Veranstaltungen über den Angriff auf Pearl Harbor und seine Kriegserfahrungen. Jährlich kam er nach Hawaii, um die Gedenkstätten zu besuchen und seiner toten Kriegskameraden zu gedenken. Bis zu seinem 94. Geburtstag trat Allen Bodenlos als Redner auf. Drei Monate später, am 17. November 2014, starb der „Bugle Master“ und Überlebende von Pearl Harbor im Medical Center der Kriegsveteranen in San Diego an den Folgen einer Lungenentzündung.