Berühmte Zipser: Der Mineraloge Gustav Melczer
Wer im 19. Jahrhundert in Dobschau/Dobšiná geboren wurde und aufwuchs, erlebte das Geschehen um den Erzbergbau aus nächster Nähe. Gustav Melczer begeisterte sich für die Vielfalt der Mineralien, die an und in den Bergen zu finden waren. Aus dem Interesse wurde sein Beruf. Er studierte Chemie, Geografie und Mineralogie, danach lehrte und forschte der zweisprachig aufgewachsene junge Mann in Budapest. Sein früher Tod beendete eine erfolgreich begonnene wissenschaftliche Laufbahn.
Gustavs Vater war Lehrer in Dobschau. Wie damals und noch lange Zeit üblich, wohnte er mit seiner Familie im Schulgebäude. Die Taufurkunde weist diesem die Nr. 259 des Ortes zu. Hier begann Gustav seine Schulausbildung. Er setze sie für die höheren Klassen in Rosenau/Rožňava und Großsteffelsdorf/Rimavská Sobota fort und schloss 1887 in Zipser Neudorf/Spišská Nová Ves erfolgreich ab.
Im September 1887 begann er das Studium an der Budapester Universität. Von seinem Zuhause wurde er für die Natur und das, was sie dem Menschen bot, begeistert. Entsprechend wählte er seine Studienfächer aus. Es waren die Naturwissenschaften, insbesondere Chemie und Geographie. Während des Studiums hörte er auch die Vorlesungen von József Szabó de Szentmiklós (1822–1894). Dessen geologische Kenntnisse beeindruckten ihn sehr. Durch ihn und andere Professoren wurde er noch stärker auf die Mineralogie, Kristallographie und Petrographie (Gesteinskunde) gelenkt. Von nun an interessierte er sich besonders für die chemische und physikalische Beschaffenheit der Gesteine, ihre Eigenschaften und ihre Zusammensetzung. Schon als Student suchte er Kontakte zu anderen Fachrichtungen. Er erkannte schnell, dass viele Aufgaben nur im Zusammenwirken von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen zu lösen sind.
Im Schuldienst
Den Universitätsabschluss erlangte er mit hervorragenden Ergebnissen. Er legte neben den Fachprüfungen auch die Lehrerprüfung ab. So konnte er in den Schuldienst eintreten. Auch damals war man zunächst Anwärter auf das Lehramt (heute als Lehramtsreferendariat bezeichnet). Als Lehramtsanwärter traf er auf den Lehrer Dr. Moritz Staub (1842-1904), einem Gründungsmitglied der Ungarischen Geologischen Gesellschaft. Dr. Staub war in verschiedenen Funktionen für die Geologische Gesellschaft tätig und unterstützte den jungen, wissensdurstigen Mann beim Erwerb von der für das Lehrerdiplom notwendigen Unterrichtserfahrung. Dieses erwarb Gustav Melczer im Jahr 1893. Damit hatte er sein erstes berufliches Ziel erreicht – ein festes Gehalt als Lehrer, um sich ohne größere finanzielle Sorgen in seiner freien Zeit der Mineralogie widmen zu können.
Von Dr. Staub wurde Gustav Melczer auch über die Ungarische Geologische Gesellschaft informiert. In dieser hatte die Mineralogie einen festen Platz. 1889 wurde Melczer dort als ordentliches Mitglied, vermutlich als jüngstes, aufgenommen. In der Übersicht der Gesellschaft von 1889 wird er als „Lehrerkandidat“ bezeichnet.
Promotion und weitere mineralogische Forschung
Der 1890 als Professor für Kristallographie berufene Sándor Schmidt (1855-1904) beschäftigte Gustav Melczer, den er als ausgezeichneten Studenten in Erinnerung hatte, in den Studienjahren 1895/96 und 1896/97 als wissenschaftlichen Assistenten. Für Melczer war diese Tätigkeit, die er neben seinem stundenweisen Unterricht als Lehramtsanwärter ausführte, eine große Freude.
Er nutzte die Zeit am Lehrstuhl der (heutigen ELTE) Universität, um eine Promotionsschrift anzufertigen. Diese Arbeit mit dem Titel „Beitrag zur Kenntnis des Kristallkalzits von Buda“ (Adatok a budai Calcit kristálytani ismertetése) verteidigte er am 4. Dezember 1897.
Im selben Jahr erhielt er von der Stadt Budapest eine Anstellung als hauptamtlicher Lehrer der bürgerlichen Mädchenschule im II. Bezirk. An dieser Schule unterrichtete er bis zu seinem Tod im Jahr 1907.
Um seine Kenntnisse zu erweitern, nahm er sich 1899 ein freies Jahr und ging nach München. München galt zu dieser Zeit als „mineralogisches Mekka“. Melczer studierte bei den Professoren Paul von Groth (1843- 1927), Ernst Weinschenk (1865-1921), August Rothpletz (1853-1918) und Karl Alfred von Zittel (1839-1904), den wissenschaftlichen Größen der Mineralogie und Kristallografie dieser Zeit. Nach der Rückkehr führte Melczer seine Forschungen erfolgreich weiter. Die von ihm meist in den Zeitschriften Földtani Közlemények (Geologische Mitteilungen) und Természettudományi Közlöny (Naturwissenschaftliche Zeitschrift) publizierten Ergebnisse fanden große Beachtung.
Nadabula wird durch Melczer bekannt
Den kleinen Ort Nadabula, heute in Rosenau eingemeindet, machte Gustav Melczer durch das Veröffentlichen seiner Untersuchungen der dortigen Albitkristalle bekannt.
Das 1905 veröffentliche Werk „Daten zu detaillierten Kenntnissen von Albit“(Adatok az albit pontos ismeretéhez), bei der er die Kristallgeometrie von Albitkristallen aus Nadabula untersuchte und beschrieb, war zugleich eine seiner letzten Fachpublikationen. Im Jahr 1906 verschlechterte sich Melczers Gesundheitszustand, er musste seine wissenschaftlichen Arbeiten ruhen lassen und starb schließlich am 2. Oktober 1907 in Budapest.
Dr. Heinz Schleusener