Berühmte Zipser: Geschäftsmann Julius Demiány
Niemand ist heute über die große Zahl von Finanzeinrichtungen erstaunt. Auch in der Zips und ihrer direkten Umgebung gab es vor mehr als 100 Jahren mehrere Bankhäuser wie die Zipser Credit- und Gewerbebank in Leutschau/Levoča, die Zips-Iglóer Spar- und Credit-Anstalt in Zipser Neudorf/Spišská Nová Ves, die Südzipser Kreditanstalt in Kirchdrauf/Spišské Podhradie, die Spar- und Darlehenskassa in Schwedler/Švedlár. Eine weitere, die seit Ende 1859 bestehende Kesmarker Spar-Cassa, wurde 1863 auf Initiative von Julius Demiány eine offizielle Einrichtung, die er bis zu seinem Tod leitete.
Von Julius Demiány ist bekannt, dass er am 21. Juli 1818 als Sohn des Kaufmanns Samuel Demiány in Kesmark/Kežmarok geboren wurde. Dort besuchte er auch die Volksschule und das Gymnasium. Hier fiel er durch sein Interesse an deutscher und ungarischer Literatur sowie Musik auf.
Julius soll körperlich nicht sehr stark und eher kränklich gewesen sein. Wohl deshalb suchte sein Vater für ihn eine kaufmännische Ausbildung aus. Diese erhielt Julius in Schemnitz/Banská Štiavnica und Preßburg/Bratislava. Mit 22 Jahren finden wir Julius Demiány als selbständigen Kaufmann in Kesmark. Sehr wahrscheinlich übernahm er zu diesem Zeitpunkt das Geschäft seines Vaters, eine Gemischtwarenhandlung.
Sein Interesse für Literatur blieb auch als Geschäftsmann ungebrochen. Er ist als Subskribent einer Reihe von Büchern zu finden, zum Beispiel der Ausgabe des „Weimars Genius“ im Jahr 1857. Die im Buch aufgeführten etwa 200 Vorbesteller kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum Europas dieser Zeit.
Schwierige Zeiten nach der Heirat
Julius Demiány heiratete im Jahr 1843 die am 22. Januar 1826 in Matzdorf/Matejovce geborene Amanda Blazy. Mit ihr hatte er zwei Töchter. Amanda starb 1849, drei Jahre später heiratete Julius die am 10. November 1834 geborene Bertha Elisabeth Blazy, eine Stiefschwester seiner verstorbenen Frau. Diese war das jüngste von 14 Kindern, die in den zwei Ehen ihres Vaters David Blazy geboren wurden.
Julius war mit János Ludvigh und den Brüdern Hunsdorfer/Hunvalvy befreundet, er hatte wie diese an der Revolution 1848/49 teilgenommen. Auch Julius wurde nach dem Niederschlagen der Revolution verfolgt und musste sich verstecken. In dieser Zeit erkrankte seine Frau und starb. Zu ihrer Beerdigung konnte er nur zurück nach Kesmark kommen, weil sich einflussreiche Bürger der Stadt für ihn einsetzten. Trotzdem stellte man ihn vor ein Militärgericht. Die Beweise reichten aber für eine Verurteilung nicht aus. Danach zog er sich eine längere Zeit aus dem politischen Engagement zurück.
Erfolgreicher und aktiver Geschäftsmann
Offensichtlich konzentrierte sich Julius Demiány nun auf sein Handelsgeschäft, das er ausbaute. Brände verursachten in dieser Zeit große Schäden, Demiány war einer der Kesmarker Bürger, die auf das Einrichten einer freiwilligen Feuerwehr drängten. Diese wurde 1862 gegründet. Ebenso war er als finanzstarkes Mitglied der evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnisses eine große Unterstützung, wenn es um soziale Fragen und das gesellschaftliche Leben in Kesmark ging. Für das „Pesth-Ofner Localblatt“ ist er daher wichtig genug, um ihn am 28. August 1859 als Gast des nahe der Kettenbrücke gelegenen Hotels „Erzherzog Stephan“ in ihrem Fremdenrapport aufzuführen.
Er beteiligt sich nun auch wieder am politischen Leben. Seine Sympathien galten den Vorstellungen des Ferenc Deák, der 1848 in der ersten ungarischen Republik Justizminister war und als Ideengeber des Ausgleichs mit Österreich (1867) angesehen wird.
Demiánys geschäftliche Unternehmungen werden mehr und mehr profitabel. Er setzt durch, dass die bislang nur einen kleinen Personenkreis bedienende, seit Ende 1859 existierende Kesmarker Sparkasse im Jahr 1863 als Aktiengesellschaft in das Firmenbuch von Leutschau/Levoča eingetragen wird. Ihr Name lautet jetzt „Kesmarker Sparkasse“, Aktiengesellschaft (Késmárki takarékpénztár részvénytársaság), Kesmark (mit Pfandleihanstalt). Sie arbeitete Jahrzehnte erfolgreich. 1920 wurde sie in Spišská Banka umbenannt. Ihre Kunden waren in erster Linie Zipser Deutsche. Wie viele andere Banken wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg in die Štátna banka československá (ŠBČS) eingegliedert.
Die von Julius Demiány 1864 beziehungsweise 1867 mitgegründeten Unternehmen „Kartoffelstärkefabrik in Kesmark“ und „Erste Ungarische mechanische Flachs- und Hanfgarn-Spinnerei Kesmark“ waren Investitionsschwerpunkte der Bank. In beiden Vorständen und dem der Sparkasse finden wir neben Demiány unter anderem auch den Namen Theodor Genersich (1839-1926), einen weiteren Gemischtwarenhändler.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Julius Demiány gemeinsam mit ihm im landwirtschaftlichen Teil der Pariser Weltausstellung 1867 eine Blaubeer-Züchtung vorstellte.
Nicht alles lief wie erhofft
Die Flachs- und Hanfgarn-Spinnerei musste im Jahr 1872 die Liquidation beantragen. In dem Betrieb arbeiteten zwischen 300 und 400 Arbeiter, das Unternehmen besaß mehrere Wohnhäuser für die Arbeitskräfte und ließ deren Kinder mit Wagen zur Schule in die Stadt bringen. Man sah die Spinnerei als „Segen für die Stadt“ an, wie oft zu lesen war. Dieser Umstand sicherte ihr Weiterbestehen nach der Liquidation. Die Anteilsscheine von Julius Demiány und der anderen Aktionäre verloren stark an Wert.
Demiány bemühte sich auch vergeblich um den Bau einer Eisenbahnverbindung durch das Tal der Popper/Poprad. Sie sollte Galizien mit der Kaschau-Oderberger-Bahn (Košickobohumínska železnica) verbinden und den Handelsweg ausbauen.
Nicht einmal 60 Jahre alt, erkrankte Julius Demiány schwer. Auch die erhoffte Wirkung der Quellen in Karlsbad/Karlovy Vary, zu denen er sich begab, blieb aus. Er starb am 11. Dezember 1877. Sein Grab befindet sich auf dem historischen Kesmarker Friedhof, neben den Grabstellen der Familien Tátray und Karátsony.
Dr. Heinz Schleusener