johann liptak

Berühmte Zipser: Lehrer und Historiker Johann Lipták

Johann Lipták hätte einen Preis für sein Lebenswerk verdient. Diesen Preis gab es zu seiner Zeit leider nicht, aber die Anerkennung für seine Arbeit hat ihm zeitlebens auch in schweren Zeiten viel Schaffenskraft gegeben. Seine historischen Werke über die Zips und die Tatra, seine Arbeit für den Karpathenverein, seine 33-jährige Lehrtätigkeit in Kesmark/Kežmarok und nach dem Zweiten Weltkrieg seine Arbeit für das Evangelische Hilfskomitee für die Slowakeideutschen bleiben als besonders bedeutsam in Erinnerung.

Johann Lipták wurde am 13. Dezember 1889 in Felka/Veľká geboren. Sein Vater besaß ein Sägewerk und Bauunternehmen. Johann besuchte zunächst die Unterstufe des Kesmarker Gymnasiums, die Klassen der Oberstufe absolvierte er in Zipser Neudorf und legte dort auch die Reifeprüfung mit sehr gutem Ergebnis ab. Als 18-Jähriger begann er das Studium an der 1635 gegründeten Eötvös Loránd Tudományegyetem (Eötvös-Loránd-Universität) in Budapest. Seine Fächer waren Latein und Geschichte. Er lernte bewusst und intensiv, ergänzt mit Studienaufenthalten in Leipzig, Rom und Paris. Das Studium schloss er mit der Lehramtsprüfung und der Dissertation „Geschichte der Türkensteuer in Siebenbürgen im 16. und 17. Jahrhundert“ sehr erfolgreich und ohne Zeitverzug ab.

33 Jahre Lehrer am Gymnasium in Kesmark

Mit dem Schuljahr 1911/12 kehrte der junge Dr. Johann Lipták dorthin zurück, wo er bereits als Schüler lernte: an das evangelische Kesmarker Gymnasium. Jetzt war er hier Lehrer für die Fächer Latein und Geschichte. Dies war er mit viel Freude und ganzem Herzen über 33 Jahre, bis zur Evakuierung der Schule im September 1944.

Zu Beginn seiner Tätigkeit erregte sofort die umfangreiche und mit einer großen Zahl alter und wertvoller Bücher ausgestattete Bibliothek des Gymnasiums sein Interesse. Gerne nahm er sich der Aufgabe an, die etwa 52.000 Bücher zu erfassen und zu ordnen.

Der Historiker und die Bibliothek

Einer seiner ersten bemerkenswerten Funde bei dieser Arbeit war ein vergilbtes Manuskript in lateinischer Sprache mit dem Titel „Historisch geographische Beschreibung des in Ober-Ungarn berühmten Zipser Landes, zusammengestellt durch den Rektor der Kesmarker Schule Georg Bohus“. Lipták übersetzte das schwer lesbare Manuskript. Das vor 200 Jahren aufgeschriebene Wissen über Geschichte und Geografie der Zips wurde ab April 1912 in vielen Fortsetzungen im Wochenblatt Karpathen-Post veröffentlicht.

Johann Liptak
Das schwer lesbare, alte Dokument wurde von J. Lipták aus dem Lateinischen übersetzt. Die erste Folge des in Fortsetzungen erschienenen Materials brachte die Karpathen-Post am 18.4.1912.

Nicht nur das Archiv des Gymnasiums ordnete und nutzte er, auch für die Neuordnung der Stadtarchive von Kesmark und Leibitz übernahm er die Verantwortung. Die Arbeit in diesen Archiven unterstützte seine Forschungen zur Geschichte und Kultur der Zips und deren europäische Einordnung. So ist es folgerichtig, dass man Dr. Lipták die Leitung des 1940 gegründeten Institutes für Heimatforschung mit Sitz in Kesmark übertrug. In dieser Funktion organisierte er 1941 und 1943 die Karpatendeutschen Hochschulwochen, eine wissenschaftliche Veranstaltung zur Geschichte, und veröffentlichte deren Ergebnisse.

Geehrt mit Prinz Eugen-Preis

Zu diesem Zeitpunkt war Dr. Johann Lipták als führender Historiker der Region unumstritten und anerkannt. Neben vielen Veröffentlichungen in Zeitschriften schrieb er zum 400-jährigen Bestehen der Kesmarker Schule die „Geschichte des evangelischen Lyzeums A.B. in Kesmark“. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Gründung der Tschechoslowakei wurde das Lyzeum in ein Realgymnasium umgewandelt. In dem Buch wird in politisch-historischen Abschnitten auch auf das Schulwesen in Kesmark seit 1392, die Reformation und Gegenreformation sowie die Zeit der Aufklärung (1760-1839) und die Zeit des Nationalismus, die Lipták als ab 1839 definiert, sehr detailliert eingegangen.

Johann Liptak
Das 1933 erschienene Buch über die Geschichte des evangelischen Lyzeums in Kesmark

Für all diese Arbeiten erhielt er den 1937 eingerichteten Prinz Eugen von Savoyen-Preis der Johann Wolfgang Goethe-Stiftung. Dieser wurde von der Wiener Universität alljährlich zugunsten wissenschaftlicher, kultureller und künstlerischer Leistungen im Bereiche des Südostdeutschtums verliehen. Auch wenn dieser Preis heute kritisch gesehen wird, die historische Arbeit von J. Lipták ist keiner politischen Strömung dieser Zeit unterzuordnen.

Aktiv auch nach der Vertreibung

Im September 1944 wurde das Gymnasium wegen der herannahenden Kriegsfront geschlossen, die Schüler evakuiert. Johann Lipták begleitete mit einigen anderen Lehrern den Transport. Er führte zunächst nach Rossatz in Niederösterreich und dann nach Niederaltaich in Bayern. Lipták, der 1915 heiratete und drei Kinder hatte, fand bei den Schwiegereltern seiner Tochter in Warstein in Westfalen Unterkunft.

Bei der Gründung des „Hilfskomitees für die evang.-luth. Slowakeideutschen“ am 6. August 1946 in Stuttgart wurden Pfarrer Desider Alexy zum geistlichen Vorsitzenden und Johann Lipták zu ihrem ersten weltlichen Vorsitzenden gewählt. Das Hilfskomitee kümmerte sich um das Einleben der evangelischen Slowakeideutschen in der später gegründeten Bundesrepublik Deutschland und bemüht sich seit der Gründung um den Aufbau und den Erhalt von Verbindungen zu den Heimatgemeinden und warb für Verständnis, Vergebung und Versöhnung.

Johann Lipták blieb weiterhin wissenschaftlich aktiv, schrieb historische Beiträge und gab die ersten 10 Bände des Karpatenjahrbuchs heraus. Die leitende Funktion im Hilfskomitee führte er bis zu seinem Tod am 18. Dezember 1958 in Warstein aus. Seine Arbeiten über die Deutschen in der Zips machen ihn unvergessen.

Dr. Heinz Schleusener