Das „Baden“ zu Ostern
Das „Baden“ ist ein alter Brauch, über den auch Alexius Moser in der „ZIPSER TRILOGIE: Potoken und Mantaken dazählen“ berichtet.
Nachdem man sieben Wochen lang freiwillig so manche Entbehrung auf sich genommen hatte, war es nicht verwunderlich, dass alle dem Ostersonntagmorgen erwarteten. Schon um sechs Uhr früh wurden schwere Körbe in die Kirche getragen und dort in Reihen aufgestellt. Sobald der Pfarrer zur Weihe schritt, entfernten die Leute die weißen handgearbeiteten Decken, und nun sah man, was in den Körben war. Da lagen Osterstriezel neben gefärbten Eiern, gekochter Schinken, Butter, eine Schale mit Salz und Speck. Von diesen geweihten Lebensmitteln musste jeder zum Frühstück essen. Ja, auch die Haustiere wurden nicht vergessen, das erste Stück Brot wurde an sie verteilt. Die Knochen wurden in den Äckern vergraben, damit der Hagel keinen Schaden anrichten möge. Auf dem Heimweg von der Speisenweihe hatte es jeder eilig, denn je schneller man zu Hause ankommt, desto schneller wird man mit der Ernte fertig. Auch den Frauen eilte es, sofern sie bereits eine Bruthenne hatten, denn ein alter Aberglaube besagte, dass aus den Eiern Hühnchen ausschlüpfen würden, falls die Hausfrau zuerst nach Hause kommt; betritt aber der Mann zuerst den Hof, dann würde nur Hähnchen ausgebrütet.
Osterwünsche mit fröhlicher Bewirtung
Männern und Burschen oblag die Aufgabe des Osterwünschens. Der weitaus bekannteste Osterwunsch war. “Ich wünsche euch angenehme Osterfeiertage, mit viel Gottessegen“, wofür die Buben gefärbte Ostereier erhielten. Unter den Erwachsenen gab es eine fröhliche Bewirtung mit Schnaps, Schinken und Eiern. Vor allem am Ostermontag gab dann ein Besuch dem anderen die Tür in die Hand. Männer und Burschen mussten an diesem Tag alle weiblichen Verwandten und Bekannten aufsuchen und nach altem Brauch „anschütten“. In der Küche stand ein Eimer mit Wasser und daneben eine Schüssel. Der Besucher bat den Hausvater um Erlaubnis „baden“ zu dürfen. Nun traten alle – von der Großmutter bis zum kleinsten Mädchen – an die Waschschüssel und sie bekamen dreimal etwas Wasser auf die Stirn geschüttet, wobei drei Wünsche – „zur Ehre, zur Gesundheit, zum Wohlstand“ – gesprochen wurden. Dass so manches Mädel, das um ihre Frisur besorgt war, sich zögernd über die Waschschüssel beugte, unter allgemeinem Gelächter einen besonders kräftigen Guss erhielt, erhöhte nur die Feststimmung. Für diese Ehrerweisung wurde nun der Gast in die Stube geführt, wo der Tisch gedeckt war. Erst nachdem gegessen und mehr oder weniger dem Schnaps zugesprochen worden war, wurden weitere Verwandte oder Bekannte aufgesucht. Am Osterdienstag gaben dann die Mädchen den Burschen die Ehre des Badens. Wehe dem, der noch infolge der Vortagsstrapazen im Bett überrascht wurde! Doch eine kalte Dusche soll ja das beste Mittel gegen einen „schweren Kopf“ sein.
Alexius Moser (1967)