Die Volkszählung und die stolze Prinzessin
Viele von uns erinnern sich gern an die Fernsehmärchen in den Wintermonaten. Eines der beliebtesten war „Die stolze Prinzessin“ mit der bekannten Aussage des verwirrten Königs: „Ich widerrufe, was ich verordnet habe, und verordne zu widerrufen, was ich verordnen wollte.“ Dieser allgemein bekannte Satz passt ganz gut zu dem Vorgehen des slowakischen Statistikamtes in den Tagen zwischen dem 29. Januar und dem 8. Februar 2021. Aber was ist eigentlich passiert? Zuerst kurz die Vorgeschichte.
Mit der Vorbereitung der Volkszählung ist das Statistische Amt der Slowakischen Republik beauftragt. Es ist sicher eine anspruchsvolle Arbeit, an der sich viele slowakische Ämter beteiligen, darunter auch das Amt des Bevollmächtigten für nationale Minderheiten. Das ist ganz verständlich, denn für die Minderheiten ist es immer wichtig, wie die Fragen zur Zugehörigkeit zur nationalen Minderheit und zur Muttersprache formuliert sind. Im Jahre 2016 wurde zusammen mit dem Statistikamt zu diesem Thema eine Fachgruppe einberufen. Das Ergebnis der Tätigkeit war eine Reihe Expertisen im legislativen Bereich, internationale Empfehlungen und aktueller Praxisbeispiele. Parallel wurde diese Problematik seit 2016 im Ausschuss für nationale Minderheiten mit den Vertretern aller Minderheiten diskutiert. Als Ergebnis hat das Statistikamt am 9. März 2020 die Maßnahme Nr. 44/2020 veröffentlicht, wo festgelegt war, dass man zwei Nationalitäten bei der Volkszählung angeben kann. Dies beruht auch darauf, dass im 21. Jahrhundert die Ethnizität häufig nicht eindeutig ist, dass es nötig ist, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, auf zwei Fragen der nationalen Zugehörigkeit zu antworten, damit sie wegen ethnisch gemischter Familien nicht ethnische Dilemma lösen müssen.
Mit diesem Ergebnis waren die Karpatendeutschen und auch die meisten Minderheiten einverstanden und in diesem Sinne hat man auch bei den Angehörigen der Minderheiten im Herbst mit Kampagnen begonnen. Auch der Karpatendeutsche Verein hat tausende Informationsblätter drucken lassen, um diese vor dem Zensus zu verbreiten; im Karpatenblatt haben wir auch schon Werbung gemacht.
Jetzt kommen aber die zehn Märchentage. Der erste Teil: der Aufruf des Königs: „Ich widerrufe, was ich verordnet habe.“ Das Statistikamt legte am 29. Januar die neue Maßnahme LP/2021/38 zum Anhörungsverfahren vor, mit welcher sich die Maßnahme Nr. 44/2020 änderte. Nach dieser neuen Maßnahme sollte man in den Fragebogen nur noch eine Nationalität eintragen dürfen.
Dieses überraschende Handeln des Statistikamtes hat eine heftige Diskussion hervorgerufen: überwiegend Missfallen bei den Minderheitenvertretern (von dreizehn Minderheiten äußerten sich zehn dagegen, drei enthielten sich), eine kritische Stellungnahme von der Staatspräsidentin, von Politikern der Regierungskoalition sowie etlichen Bürgerinitiativen. Dies führte zum zweiten Teil der königlichen Erklärung: „Ich verordne zu widerrufen, was ich verordnen wollte.“ Am 8. Februar hat das Statistikamt das Anhörungsverfahren eingestellt. Das bedeutet, dass im Fragebogen definitiv zwei Fragen zur Zugehörigkeit zur Nationalität bleiben.
Es ist also so geblieben, wie es vereinbart war. Manche mögen sagen, dass doch nichts passiert ist. Aber es ist doch etwas passiert! Die Diskussionen kurz vor dem Beginn des Zensus können die Bürger verunsichern, was im Endeffekt dazu führen kann, dass sich einige Menschen zu diesen Fragen gar nicht äußern – so, wie es vor zehn Jahren war, als bereits 400 Tausend Bürger ihre Ethnizität gar nicht angegeben haben. Bitte lassen Sie sich nicht beirren und beantworten Sie bei der Volkszählung auch die Fragen zur Nationalität und Muttersprache.
Ondrej Pöss