Ein adventliches Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz
An den langen Novemberabenden nimmt man gern ein Buch in die Hand und liest. Auch wir in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom haben uns wieder gern getroffen und über Geschichten und Gedichte gesprochen. Denn wir alle wissen: „Gedichte sind Balsam für die Seele.“
Begonnen haben wir unser literarisches Treffen mit Rainer Maria Rilkes (1875–1926) Gedicht „Advent“:
Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt,
Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird,
Und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
Streckt sie die Zweige hin – bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.
Die stille besinnliche Adventszeit ist da, jede von uns denkt daran, dass es die Zeit ist, in der die Christenheit sich auf das Fest der Geburt Jesu Christi, auf Weihnachten, vorbereitet. Aus diesem Anlass haben wir bei unserem Literaturkränzchen das Gedicht „Weihnachtszeit“ von Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) vorgetragen.
O schöne, herrliche Weihnachtszeit!
Was bringst du Lust und Fröhlichkeit!
Wenn der heilige Christ in jedem Haus
teilt seine lieben Gaben aus.
Und ist das Häuschen noch so klein,
so kommt der heilige Christ hinein,
und alle sind ihm lieb wie die Seinen,
die Armen und Reichen, die Großen und Kleinen.
Der heilige Christ an alle denkt,
ein jedes wird von ihm beschenkt.
Drum laßt uns freuen und dankbar sein!
Er denkt auch unser, mein und dein!
Mut für den Tag
Vor ein paar Jahren haben wir das Buch „Mut für den Tag – 365 wegweisende Gedanken“ von Peter Hahne bekommen. Der Autor ist am 9. November 1952 in Minden in Westfalen geboren. Er ist ein deutscher Fernsehmoderator und Autor. Nach dem Abitur 1971 studierte er evangelische Theologie, Philosophie, Psychologie und Germanistik in Bethel, Heidelberg und Tübingen, mit dem Berufswunsch Geistlicher zu werden. Er schloss 1977 sein Studium als Diplomtheologe ab. 1973 machte er ein Praktikum beim Saarländischen Rundfunk und arbeitete dort anschließend als Hörfunkmoderator und Fernsehautor.
Nachdem wir vor einigen Jahren aus dem Buch „Mut für den Tag“ gelesen hatten und darüber gesprochen hatten, haben wir Herrn Peter Hahne geschrieben. In seinem Antwortbrief stand: „Was für eine große Überraschung! Selbst in den Karpaten werde ich gelesen und gesehen. Ihnen und all Ihren Freunden ganz herzliche Grüße und Segenswünsche zum Advent. Ihr Peter Hahne, 02.12.2005.“ In einem Grußbrief zu Weihnachten hat uns der Autor einmal geschrieben: „Was wäre das Jahr ohne dieses Fest? Ein Fest der Seele und Sinne. Kein Fest wie jedes andere. Wo das Wichtigste von Weihnachten nicht zur Randerscheinung wird, kommt Freude in die Mitte unseres Alltags (…)“ Wir gratulieren Herrn Hahne nachträglich noch ganz herzlich zu seinem 70. Geburtstag.
Vom Bauernknecht zum Volksschriftsteller – Hans Ernst
Ein anderer Autor, mit dem wir uns bei unserem literarischen Treffen beschäftigt haben, war Hans Ernst. Er wurde 1904 in München geboren. Seine Mutter stammte aus dem Berchtesgadener Land. Von ihr erbte er die Freude am Theaterspielen. Der Vater war ein gelernter Schuhmacher und arbeitete bei der Eisenbahn. Hans Ernst hat einige Jahre als Bauernknecht gearbeitet. Dann schloss er sich einem oberbayrischen Bauerntheater an. In dieser Zeit fing er an, Romane zu schreiben. Schließlich wurde er in der Stadt Kolbenmor sesshaft, dort starb er im Jahre 1984. Lao-Tse sagte einmal: „Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling. Leicht liegt es in der Hand, entführt uns von einer Blüte zur nächsten und lässt den Himmel ahnen“, und solche Bücher hat Hans Ernst geschrieben.
Wir haben bei unseren Treffen schon öfter über seine Werke gesprochen. Diesmal lasen wir einen Auszug aus dem Roman „Auf der sonnenheißen Halde“. Die Geschichte dreht sich um Margret, die in einem kleinen Haus mit ihrem Vater wohnt. Sie sind glücklich, bald wird Margret den Jäger Martin heiraten. Doch am Vorabend der Hochzeit wird Martin von einem Wilderer erschossen und der Leser folgt Margret und ihrem kleinen Sohn Martin durch das Leben und man erfährt, wie Margret nach vielen Jahren den Bauern Lorenz heiraten kann.
Der Bergkristall
Als letztes Buch bei unserem Literaturkränzchen sprachen wir über die 1845 erschienene Erzählung „Bergkristall“, die gut in die Vorweihnachtszeit passt und ursprünglich unter dem Titel „Der Heilige Abend“ erschien. Geschrieben wurde die Geschichte von Adalbert Stifter, der 1805 in Oberplan/Südböhmen geboren wurde und 1868 in Linz starb.
Die Erzählung spielt über Weihnachten in der Hochgebirgslandschaft. In der Geschichte geht es um die beiden Alpendörfer Gschaid und Millsdorf, die durch einen Bergzug voneinander getrennt sind. Die Sitten und Gewohnheiten der beiden Dörfer sind sehr verschieden. Eines Tages heiratet der wohlhabende Schuster aus Gschaid die reiche Färberstochter aus Millsdorf. Sie wird in Gschaid als Fremde angesehen. Ihre Kinder Konrad und Sanna besuchen häufig ihre Großmutter in Millsdorf und wandern dazu oft zu Fuß über den Berg – auch am 24. Dezember. Doch auf dem Rückweg werden sie von dichtem Schneetreiben überrascht und verirren sich. Schließlich finden sie in einer Steinhütte Unterschlupf. Die Dorfbewohner aus Gschaid und Millsdorf suchen gemeinsam die vermissten Kinder und als sie sie wohlbehalten finden, versöhnen sich die beiden Dörfer. Die kleine Sanna erzählt, dass der glitzernde „Bergkristall“, den sie in der Nacht gesehen hat, half, die beiden Dörfer zu versöhnen.
In unserer Bücherei haben wir das Büchlein „Bergkristall“, das im Hyperion-Verlag erschien, und es ist ein Geschenk, das jeden Leser erfreut. Auch für Filmliebhaber ist die Geschichte etwas, da sie 1949 und 2004 verfilmt wurde.
Ilse Stupák