Mnisek nad Hnilcom

Ein feierliches Literaturkränzchen in Einsiedel an der Göllnitz

Nach zwei Monaten trafen sich die Frauen vom Literaturkränzchen wieder zu einem feierlichen Nachmittag. Mit der Sicherheit eines Mundschutzes saßen wir in unserer Küche zusammen. Interessante Bücher und wertvolle Gedichte machten den Nachmittag zu einem feierlichen Beisammensein. Wir hatten auch eine kleine Bücherausstellung vorbereitet. Dabei waren Bücher, über die wir schon gesprochen haben, aber es waren auch ein paar dabei, die wir im nächsten Jahr gerne lesen möchten. Denn wie der britische Schriftsteller Aldous Huxley (1894-1963) einmal sagte: „Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.“

Auf unserem Programm stand diesmal Achim von Arnim. Dieser deutsche Dichter war für uns in der Slowakei unbekannt. Zum Glück fanden wir in der Bücherei im Haus der Begegnung ein Büchlein von Helmut Hirsch, der uns Achim von Arnim und seine Frau Bettine von Arnim ganz nahegebracht hat.

Achim von Arnim wurde 1781 in Berlin geboren. Gestorben ist er 1831 in Wiepersdorf. Er war ein Schriftsteller und Dichter. Neben Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff gilt er als ein wichtiger Vertreter der Heidelberger Romantik. Seine Mutter starb allzu früh und so verbrachte Achim seine Kindheit und Jugend zusammen mit seinem älteren Bruder Carl Otto bei seiner Großmutter Caroline von Labes in Zernikow und Berlin, wo er das Gymnasium besuchte. Er studierte Rechts- und Naturwissenschaften sowie Mathematik in Halle an der Saale. 1800 wechselte Arnim dann nach Göttingen, wo er Johann Wolfgang von Goethe und Clemens Brentano begegnete. Achim heiratet 1811 Bettine Brentano und zusammen reisten sie auf das arnimsche Gut Wiepersdorf. Achim von Arnim nahm mit zahlreichen Artikeln sowie mit Buchveröffentlichungen am literarischen Leben Berlins teil. Arnim hinterließ dabei eine Fülle von Dramen, Novellen, Romanen, Gedichten und anderen Arbeiten. Er wird heute zu den bedeutendsten Vertretern der deutschen Romantik gezählt. Er sagte einmal: „Nimm dir Zeit zum Glücklichsein, es ist die Quelle der Kraft. Nimm dir Zeit zum Lesen,    es ist der Ursprung der Weisheit.“

Abseits der Literatur von Achim von Arnim gab es auch andere Neuigkeiten bei unserem Treffen. So hatten wir im Oktoberheft des Karpatenblattes über die Buchhandlung Gustav Roth in Offenburg geschrieben. Die Inhaberin, Frau Barbara Roth, hat diesen Artikel gelesen und schickte uns eine Antwort auf unseren Artikel: „Liebe Frau Stupák, das freut uns sehr! Herzlichen Dank für Ihre so nette Rückmeldung. Wie schön, dass Sie uns in Ihrer Zeitschrift erwähnen. Alles Liebe für Sie! Beste Grüße – eine achtsame, lesefreudige Zeit, bleiben Sie gesund! Lesen macht glücklich! Barbara Roth“ Wir haben uns sehr über ihre Antwort gefreut! Die Buchhandlung hat zudem wieder etwas Wunderbares für alle Lyrikliebhaber vorbereitet. So gibt es seit einiger Zeit „Das Gedicht der Woche von uns ausgewählt für Sie“ zum Mitnehmen. Bei diesen Gedichten finden sich immer wieder kleine Schätze wie das Gedicht „Kleines Glück“ von dem oberösterreichischen Dichter, Schriftsteller und Übersetzer Christoph Wilhelm Aigner. Er wurde am 18. November 1954 in Wels geboren und wird zu den bedeutendsten zeitgenössischen Lyrikern gezählt.

„Jetzt wirds ernst“

Bei unserem feierlichen Literaturkränzchen sprachen wir auch über den deutschen Bestsellerautor Robert Seethaler, der ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor ist. Wir hatten schon seinen Roman „Ein ganzes Leben“ (2014) gelesen und darüber gesprochen. Der Roman hat uns gefallen, so haben wir diesmal den Roman „Jetzt wirds ernst“ (2010) für unseren gemeinsamen Nachmittag ausgewählt. Robert Seethaler wurde 1966 in Wien geboren, dort und in Berlin lebt und schreibt er. 2007 erhielt er für seinen Roman „Die Biene und der Kurt“ den Debütpreis des Buddenbrookhauses.

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In unserer kleinen Ausstellung zeigten wir unter anderem mehrere Werke von Robert Seethaler.

In dem Roman „Jetzt wirds ernst“ erzählt Robert Seethaler mit liebevollem Humor die Geschichte eines eigenwilligen Jungen aus der Kleinstadt. Er soll wie sein Vater Friseur werden, will aber lieber Schauspieler werden. Der Leser erfährt erst auf den letzten Seiten, dass er bereits im Bus in Richtung Großstadt sitzt. Er will ins Rampenlicht. Das merkte er schon beim Spiel im Kasperletheater, als er sechs Jahre alt war. Mit diesem Wissen verkündet er im Buch: „Ich versuchte einen Schritt. Dann den nächsten. Langsam und wacklig, aber es ging. Irgendwie geht es ja immer.“ Im Großen und Ganzen ist das auch die Botschaft des Buches: Kämpfe für deine Überzeugungen und lebe deinen Traum, denn Beharrlichkeit und Ehrgeiz zahlen sich aus. Am Ende können wir uns den zwei Worten auf der Rückseite des Buches nur anschließen – „Sehr empfehlenswert“ (Christine Westermann).

Außerdem haben wir wie bei fast jeder Gelegenheit das Gedicht von Dr. med. Walter Sohler vorgetragen, das er für uns geschrieben hat. Dr. med. Walter Sohler kommt aus Berlin, war aber schon ein paarmal in Einsiedel an der Göllnitz zu Besuch. Er hat auch an dem „Unterzipser Mantakentreffen“ teilgenommen. Das Programm hat ihm gefallen, man hat die Mundarten der Unterzips hören können. In jeder Gemeinde sind Worte, die anders ausgesprochen werden, aber wir verstehen sie. Wenn Dr. Sohler nicht gerade zu Besuch in Göllnitz ist, liest er über unser Literaturkränzchen im Karpatenblatt. Ihm gefällt unsere Arbeit sehr, da wir mit unseren Nachmittagen dafür sorgen, dass die deutsche Sprache erhalten bleibt. Neben dem selbst geschriebenen Gedicht hat er uns vor einiger Zeit auch zwei Päckchen mit Büchern geschickt. Die kann man sich in der Bücherei im Haus der Begegnung ausleihen. Eine Freude hat uns ein kleines Päckchen mit den Werken von Gottfried Keller (1819-1890) gemacht. Aus dem Band „Hundert Gedichte“ haben wir das „Abendlied“ gelesen.

Weil uns Dr. Sohlers Gedicht „Eabschoft“ so gut gefällt, wollen wir es hier noch einmal vortragen:

Eabschoft

Bie kinnen nëch mëë richteg deitsch,

aach nëch mëë gut mantakesch.        

De jungen Leit hii iberooln,

die rëën nont slowakesch.

Fiel hundat Joa fon Kënd ze Kënd

hobba faeabt de alte Sprooch.

Itz bël se kaana mëë fastëën,

de Altn nemmen se mët ens Groob.

De Sprooch bit palt fagessn bean,

bea soll se onsa Kënda lean?

Da Farra konn se aach nëch mëë,

dos tit meina Sëël schon bëë.

Boos kints iis endan, liebe Leit,

zerëckdrehn lësst sich nëch de Zeit.

Fadoos, iis Grëndla, seitsgescheit,

fagesst nëch, dass iis Mantaken seits!

Dr. med. Walter Sohler, Berlin

Erbschaft

Wir können nicht mehr richtig deutsch,

auch nicht mehr gut mantakisch.

Die jungen Leute hier überall,

die sprechen nur slowakisch.

Viele hundert Jahre von Kind zu Kind

war vererbt die alte Sprache.

Jetzt will es keiner mehr verstehen,

die alten nehmen sie mit ins Grabe.

Die Sprache wird bald vergessen werden,

wer soll sie uns´re Kinder lernen?

Der Pfarrer kann sie auch nicht mehr,

das tut meiner Seele schon weh.

Was kann man ändern, liebe Leut´,

zurück dreh´n lässt sich nicht die Zeit.

Drum, ihr Gründler, seid gescheit,

vergesst nicht, dass ihr Mantaken seid!

Dr. med. Walter Sohler, Berlin

Zum 100. Todestag von Hviezdoslav

Als Letztes haben wir bei unserem Literaturkränzchen über den slowakischen Dichter Pavol Országh Hviezdoslav (1849 – 1921) gesprochen. Der Anlass dazu war sein 100. Todestag. Er schrieb lyrische und epische Gedichte, behandelte in Dramen und Verserzählungen biblische Stoffe und Themen aus dem Leben des slowakischen Volkes. Er übersetzte auch die Werke von prominenten Dichtern in die slowakische Sprache. Pavol Országh Hviezdoslav besuchte das Gymnasium von Kesmark in der Zips und schrieb schon in dieser Zeit Gedichte in ungarischer und deutscher Sprache. Später schrieb er vor allem auf Slowakisch. Als sein Hauptwerk gilt das epische Versepos „Hájnikova žena“ (1886) – „Des Hegers Weib“. Diesem Werk haben wir uns gewidmet. Der Roman wurde von seinen Zeitgenossen als „Lebensbild des Waldes“ bezeichnet. Die Handlung spielt in den Karpaten und erzählt von dem Schicksal eines jungen Waldhegers und seiner Frau Hanka, deren Glück durch den zudringlichen Gutssohn zerstört wird. Die einzelnen Kapitel des Versromans werden von lyrischen, stimmungsvollen Landschaftsbildern eingeleitet.

Mit diesen stimmungsvollen Landschaftsbildern und einem kleinen Imbiss beendeten wir dann dieses feierliche Literaturkränzchen und freuen uns schon auf den nächsten „Adventsabend mit deutscher Poesie und Prosa“.

Ilse Stupák