Ein Posten mit besonderer Dimension – im Gespräch mit dem neuen Botschafter Österreichs in der Slowakei
Der neue Botschafter Österreichs in der Slowakei, Dr. Johannes Wimmer, hat am 18. September seinen Dienst in Preßburg/Bratislava angetreten. Nach vier Jahren als Botschafter in der Türkei kehrt er nun nach Mitteleuropa zurück. Wir trafen ihn, in seinem Büro in der Altstadt, mit Blick auf den Präsidentenpalast, zu einem Gespräch, über die slowakisch-österreichischen Beziehungen.
Herzlich willkommen in der Slowakei, Herr Botschafter Wimmer! Wie waren die ersten Eindrücke von Land und Leuten?
Vielen Dank! Es ist schön, nach längerer Zeit wieder in Mitteleuropa zu sein. Ich kenne Bratislava von früher, habe aber noch nie hier gelebt, und muss sagen, dass es nicht nur eine schöne, sondern auch eine sehr lebenswerte Stadt ist. Meine Frau und ich fühlen uns hier sehr wohl. Wir wurden sehr freundlich aufgenommen und freuen uns auch schon sehr darauf, das Land zu erkunden.
Mit Wien in direkter Nachbarschaft zu Ihrem Entsendeort ist die Slowakei kein Posten wie jeder andere. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?
Es ist immer eine besondere Aufgabe, in einem Nachbarland zu arbeiten. Durch die Nähe der Hauptstädte hat dieser Posten eine ganz besondere Dimension. Natürlich auch durch die gemeinsame Geschichte und Kultur. Es gibt viele Menschen, die unseren Austausch auf einer täglichen Basis erleben; ich denke da zum Beispiel an diejenigen, die von hier nach Österreich zur Arbeit fahren oder umgekehrt. Ich sehe es als Privileg an, Botschafter in der Slowakei sein zu dürfen.
Setzt man sich als Botschafter auch persönliche Ziele oder Akzente, die man gerne erreichen möchte?
Als Botschafter vertrete ich die Positionen meiner Regierung und habe zugleich den Auftrag, die bilateralen Beziehungen zu fördern. Mein Wunsch ist, dass wir die Dynamik und den Schwung, den es heute in den österreichisch-slowakischen Beziehungen gibt, erhalten und nach Möglichkeit stärken. Derzeit läuft es sehr gut, aber das kann man nicht für gegeben nehmen, darum ist es mir sehr wichtig, dazu beizutragen, dass sich unser Verhältnis so positiv weiterentwickelt.
Die Karpatendeutschen waren einst Bürger der Habsburger Monarchie. Welche Verflechtungen sehen Sie heute?
Wir haben zu den Karpatendeutschen immer sehr gute Beziehungen gepflegt, und das möchte ich gerne fortsetzen. Ich glaube, dass Minderheiten ein bedeutender Bestandteil unserer Identität als Europäer sind. Die Rechte der Minderheiten und ihr gleichberechtigtes Leben mit anderen sind ein wichtiger Teil unseres Wertesystems. Das ist ein Thema, das uns alle betrifft; auch in Österreich leben Minderheiten. Ich sehe das auch als einen Teil der Schönheit Europas: wir setzen uns zusammen aus vielen, vielen bunten Mosaiksteinchen. Aus kleineren und größeren, aber alle sind gleich wichtig für das größere Bild.
Sie sind zu einem spannenden Zeitpunkt in die Slowakei gekommen. Kurz nach Ihrem Amtsantritt hat sich eine neue Regierung gebildet. Erwarten Sie eine Änderung der bilateralen Zusammenarbeit?
Nein, wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Slowakei unter der neuen Regierung. Es ist für uns als Nachbarländer ganz entscheidend, dass wir unsere gute Kooperation weiterführen. Änderungen gibt es mit jeder Regierung, das ist klar, aber ich glaube, dass sich beide Seiten einig sind über die Bereiche, auf die wir uns konzentrieren wollen. Da wollen wir mit Schwung weiterarbeiten.
Aktuelle Gesprächsthemen zwischen Wien und Bratislava sind unter anderem Migration und Grenzkontrollen. Der vorherige Ministerpräsident Ľudovít Ódor vertrat die Meinung, dass es einer europäischen Lösung an den EU-Außengrenzen bedarf und sah die Grenzkontrollen kritisch. Der neue Ministerpräsident Fico möchte Polizeiverbände und Armee an die ungarische Grenze schicken. Wie finden Sie das?
Es mag stimmen, dass unsere Positionen zu diesen Fragen jetzt einander noch näher sind. Sie waren aber auch davor nicht widersprüchlich. Ich glaube, es ist für Österreich wichtig, Verständnis zu finden. Wir sind ganz besonders stark betroffen vom Phänomen Migration. Wir sind von Schengen-Ländern umgeben und erleben trotzdem einen unglaublich starken Zuzug von irregulären Migranten, die sich in großer Anzahl in Österreich aufhalten, dann Asylanträge stellen oder weiterziehen. Das europäische System, so wie es derzeit läuft, funktioniert nicht, und es ist im Interesse aller, eine gemeinsame Lösung zu finden, um es zu verbessern. Wir sind dieser Lösung in letzter Zeit vielleicht ein wenig nähergekommen, aber bis es dazu eine europäische Einigung gibt, werden wir mit unvollkommenen Maßnahmen, wie eben Grenzkontrollen, leben müssen.
Haben wir uns in den vergangenen Jahren zu sehr auf Symptome der Migration konzentriert, anstatt Ursachen zu bekämpfen?
Wir haben sicherlich viel dazugelernt, nur ist es sehr schwierig, Ursachen wirksam zu bekämpfen, denn es geht um eine globale Herausforderung mit vielen Faktoren. Die Verantwortung und Einbindung der Herkunftsländer ist da zum Beispiel sehr wichtig, aber auch der Blick auf Konflikte und Krisen, wirtschaftliche Verhältnisse, den Klimawandel, kurz, auf Probleme, die wir letztlich auch als EU nicht bewältigen können. Das macht die Angelegenheit so schwierig. Es braucht große Geduld und Standvermögen, bis Erfolge erzielt werden können.
Wie beurteilen Sie die Zukunft der slowakisch-österreichischen Beziehungen?
Ich sehe sehr optimistisch in die Zukunft. Herausforderungen wird es immer geben, das ist ja Teil des Zusammenlebens. Aber wir werden gemeinsam daran arbeiten, auch im europäischen Rahmen. Das ist die Einstellung, mit der wir unsere Beziehungen pflegen.
Das Gespräch führte Peter Mons.