Ein Tag des Gedenkens beim ehemaligen Lager Nováky
Auf dem Plan der Veranstaltungen der Region Pressburg stand im Monat Mai auch ein Tag des Gedenkens an die Zeit der Geschehnisse unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Dazu gehörte vor allem ein Besuch des Internierungslagers für die karpatendeutsche Bevölkerung in Nováky, was für unsere Landleute aus allen Regionen als unauslöschliche Erinnerung an die schwersten Tage in der Geschichte unserer deutschen Minderheit anzusehen ist.
Hier waren Zipser, Hauerländer und Pressburger oft Jahre lang der Willkür der damals Regierenden ausgesetzt, mussten Entbehrungen, Hunger, Schwerstarbeit und Schikanen erleiden. Für so manche endeten diese Leiden mit der Vertreibung aus der Heimat, aber für unzählige auch mit dem Tod. Es waren Alte und Junge, Frauen und Männer, aber auch viele Kinder. Wer kann hier von Schuld sprechen? Die langen Jahre haben so manche Erinnerung verwischt, man sieht alles wie eine alte Historie. Man soll vergessen, verzeihen!
Gedenken mit Freunden
Trotz des unwirschen Wetters der ersten Maihälfte dieses Jahres haben einige unserer Treuesten beschlossen, diese Stätte des Leides zu besuchen. Es war die erste Veranstaltung dieses Jahres an der unser neuer Regionsvorsitzender RNDr. M. Stolár und auch die neue Leiterin der OG Pressburg, Frau Ing. J. Kubincová teilgenommen haben. Als wir losfuhren, gab es nur eitel Sonnenschein. Wir hatten geplant, diesen Gedenktag mit Freunden von der Vereinigung politisch Verfolgter und Mitgliedern der Lager für militärische Zwangsarbeit (PTP) für sogenannte politisch Unzuverlässige zu veranstalten und trafen uns mit ihnen in der Kirche in der Ortschaft Koš zu einer heiligen Messe.
Zelebrant war Pfr. Mgr. Viktor Marketta, der zu diesem Anlass aus der Stadt Dolný Kubín/Unterkubin angereist ist, mit dem Ortspfarrer aus Koš/Andreasdorf František Krnáč. Die Anteilnahme der Beteiligten war besonders eindrucksvoll und führte gleich zu Beginn zu einer wunderbaren Atmosphäre. Nach dem Gottesdienst wurde vor dem Gemeindehaus Koš die Gedenktafel für die hier ums Leben gekommenen Lagerinsassen und politisch verfolgten Soldaten und Zivilisten enthüllt und gesegnet. Bei dieser Gelegenheit wurde unser Mitglied Maria Engel, die auch Jahre im Lager verbrachte und danach zur Zwangsarbeit an der Talsperre Orava abtransportiert wurde, zu ihrem 90. Geburtstag geehrt.
Sie hat sich mit freundlichen Worten für diese Ehrung bedankt. Mit einigen Bussen fuhren wir dann zur Gedächtnisstätte der umgekommenen Karpatendeutschen auf dem ehemaligen Gelände des Lagers. Herr Santner, der Vorsitzende des Verbandes politisch Verfolgter, gedachte aller Leidtragenden und ums Leben gekommener Menschen.
Lager für jüdische und karpatendeutsche Bürger
Mit einem kurzen Beitrag kam auch die abtretende Leiterin der OG Pressburg, Frau Rosi Stolár, zu Wort. Sie erinnerte daran, dass Nováky ein Inbegriff für Verfolgung, Erniedrigungen, Leid, Hunger und Not, für viele auch Deportation und Tod sei: „In den Jahren des Zweiten Weltkrieges diente Nováky als Übergangslager für jüdische Bürger aus Ungarn vor ihrem Weitertransport in die Vernichtungslager, wo sie der qualvolle Tod erwartete. Unschuldige Opfer, die mit Politik nichts zu tun hatten.“ Nach Kriegsende wurden dann die Deutschen aus allen Teilen der Slowakei ins Lager deportiert. Den Eingang „schmückte“ die Tafel „Sústreďovací tábor pre Nemcov“ (Sammellager für Deutsche).
Hier waren viele bis zu ihrer Vertreibung oft Jahre lang inhaftiert. Alte und junge Leute, Frauen, Männer und tragischerweise auch viele Kinder mussten das Los dieser Unfreiheit erleben, erinnerte Rosi Stolár.
In ihrem Archiv habe sie zum Beispiel ein Foto gefunden, das vor der Kulisse der Lagerbaracke eine Erstkommunion mit circa 30 Kindern, mit einem ganz jungen Priester zeigt, sowie ein weiteres Foto von evangelischen Konfirmanten mit ihrem guten alten Pfarrer Molner: „Da kommt die Frage auf, waren diese Kinder auch Staatsfeinde, die bestraft werden mussten? Waren hier Rächer oder Richter am Werk? Es heißt so oft, dass zwar verziehen werden muss, aber zu vergessen ist nicht einfach. Wir „Alten“ sind jedoch aus dem Feuer der Verfolgung, Demütigung und Entbehrungen gestählt und vielleicht auch klüger geworden, haben eine neue Einstellung zu den Geschehnissen und sehen es als unsere vorrangige Aufgabe unsere Erlebnisse an die jüngere Generation weiterzugeben, da viele Menschen heute keine Ahnung von den Geschehnissen der Nachkriegszeit haben. Wir sind heute dankbar, dass wir jahrzehntelang von Krieg bewahrt wurden und in Frieden leben dürfen. Denn wir kennen aus der Erfahrung was Krieg bedeutet. Männer sterben, Frauen weinen und die Kinder werden zu Waisen…“
Darum sei es eine unumgängliche Mahnung an alle für die heute ereignisreiche Zeit, nicht überall nur Feinde zu sehen oder zu suchen, sondern sich vielmehr zu bemühen, das Gute zu finden und auch zu tun – vor allem „Die Menschenwürde zu bewahren“, was auch in der Präambel der Deutschen Verfassung angeführt ist. Dazu sei aber viel gegenseitiges Verständnis, Toleranz und Entgegenkommen notwendig, vor allem aber viel Liebe.
(st)
Fotos: Michal Stolár