Eine 3000-Kilometer-Wanderung mit Abstecher zu den Karpatendeutschen
Wer wandert nicht gerne in den Bergen? Aber wer beginnt die Wanderung in Hessen und wandert 3.000 Kilometer bis Budapest, den größten Teil davon auf Bergkämmen, und macht dann noch einen kleinen Abstecher zum Büro des Karpatendeutschen Vereins in Kaschau? Dieser Wandervogel ist der mit den Karpatendeutschen eng verbundene Herborner Wolfgang Post.
Die Idee für Fernwanderweg Eisenach-Budapest entstand 1980, zum ersten Mal gelaufen wurde er 1983. Die touristischen Organisationen in der damaligen DDR, der Tschechoslowakei, Polen und Ungarn riefen den „Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft Eisenach-Budapest“, kurz EB genannt, ins Leben. Die damals berechnete Länge lag bei 2.690 Kilometern, die Grenzübergänge waren vorgeschrieben. Beginnend auf der Wartburg in Eisenach, führt der Weg über den Rennsteig ins Grenzgebiet zur heutigen Tschechischen Republik, weiter im Erzgebirge, dem Elbsandsteingebirge, dem Lausitzer Gebirge. Der Weg folgt dann den Grenzgebirgen Polen/Tschechien und Polen/Slowakei, bis er bei Bartfeld/ Bardejov nach Süden schwenkt und bei Holoháza nach Ungarn führt. Über das Bükk-Gebirge geht es dann zum Zielort Budapest.
Im Normalfall drei bis sechs Monate
Ein normaler Wanderer braucht für einen Kilometer etwa 13 bis 15 Minuten. Man sagt, dass man am Tag etwa 15 Kilometer laufen sollte. Geübte bzw. trainierte Wanderer kommen auf 20 bis 26 Kilometer am Tag. Das bedeutet, für den Bergwanderweg Eisenach-Budapest sind 120 bis 200 Tage einzuplanen, je nach Leistungsfähigkeit und Schwierigkeit des Geländes. Beim EB müssen insgesamt etwa 74 Kilometer Höhe bewältigt werden!
Gestartet am 14. April 2021
Wolfgang Post ist ein Bankangestellter im Ruhestand. Seine Mutter kommt aus Neutitschein (Nový Jičín), er ist Mitglied des Bundes der Vertriebenen und mit den Karpatendeutschen eng verbunden. Er hält Vorträge über seine Erkundungen, insbesondere in den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten. Wolfgang hat schon viele Fernwanderungen absolviert. Zu diesen gehört der klassische Jakobsweg in Spanien mit seinen etwa 800 Kilometern Länge.
Er begann aber den Weg bereits in seinem Heimatort Herborn in Hessen und kam so auf 3.000 Kilometer Fußweg. Nun wollte er die Bergwelt entlang des EB-Wanderweges und Teile der Zips erkunden. Am 14. April 2021 fuhr er nicht etwa mit dem Zug von seinem Heimatort Herborn zum offiziellen Startpunkt nach Eisenach, sondern lief auch das 206 Kilometer lange Wegstück zu Fuß. Nur das Allernotwendigste nahm er mit. Ende Juli musste er sich wegen der anhaltenden, extremen Hitze auch von seinem für kalte Tage und Nächte im Rucksack befindlichen Anorak trennen.
Neue Wanderschuhe in Zakopane
Der Fernwanderweg ist jetzt, fast 40 Jahre nach der ersten vollständigen Begehung, gut dokumentiert, es existiert sogar eine App für Smartphones. Die Natur lässt sich aber nicht konservieren, auf der Strecke sind ständig Überraschungen zu erwarten, berichtet Wolfgang Post. Im Gebirge verschieben sich Erdmassen, im Wald und buschigem Gelände können Wege plötzlich zugewachsen sein. Die Redewendung „über Stock und über Stein“ ist beim Bergwandern wörtlich zu nehmen. So kann über eine so lange Strecke bei Wind und Wetter auch gutes Schuhwerk an seine Belastungsgrenze kommen. Für Wolfgang hieß das: Bereits in Zakopane neue Wanderschuhe kaufen.
Überrascht von der Freundlichkeit
Auf dem Gebiet der Slowakei erlebte Wolfgang Post einige angenehme Überraschungen. Es begann mit einem Enzian, der ihn in der Kleinen Fatra begrüßte. Auf dem Weg durch Herlany hatte anscheinend der Geysir nur auf ihn gewartet und stieß seine Fontänen aus. Zuvor war er gerade beim Waschen an einem Bach, als ihm ein vorbeikommender Slowake empfahl, das Wasser nicht zu trinken. Wolfgang bedankte sich für die Sorge und war noch mehr erstaunt, als ihm später dieser Mann eine Flasche Mineralwasser überreichte. Ein weiterer Grund für den Wanderer, sich zu bedanken.
Total begeistert von der Freundlichkeit der Leute war er aber, als er schon den Ort verlassen hatte, der Mann ihm hinterher lief und ihm für den Abend eine Flasche Bier mit auf den Weg gab. Ein ähnliches Erlebnis hatte er zwei Tage später weiter südlich im slowakischen Teil der Tokajer Region – man lud ihn zu einer Weinverkostung ein.
Mit schönen Erinnerungen zurück
Die Gastfreundschaft der Slowaken und die schönen Orte wie Bartfeld werden dem Wandervogel Wolfgang Post sicher auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland in Erinnerung bleiben. Wir hoffen, dass er noch Zeit fand, seine Cousine in Galanta zu besuchen und bedanken uns für den Besuch des KDV-Büros trotz seiner anstrengenden Wegstrecke mit Übernachtungen unter freiem Himmel, in Höhlen und Scheunen. Wir wünschen ihm weiterhin interessante und erlebnisreiche Wandertouren!
Dr. Heinz Schleusener