Eulen mit Schnee im Mund nach Athen tragen – Redewendungen unter der Lupe
Unsere Sprache ist ein reiches System an Zeichen, das der Kommunikation dient. Dazu gehören auch Redewendungen. Sie verschönern unsere Ausdrucksweise, machen unsere Alltagssprache bunter und begleiten uns auf Schritt und Tritt. In dieser Serie nehmen wir die Herkunft und Bedeutung ausgewählter deutscher Redewendungen sowie mögliche Übersetzungen ins Slowakische unter die Lupe.
Eulen nach Athen tragen
Die Redewendung „Eulen nach Athen tragen“ beschreibt eine Handlung, die absolut unnötig und überflüssig ist. Blickt man auf die Herkunft der Redewendung, muss man weit in die Geschichte zurückkehren. Die Redensart ist schon über 2400 Jahre alt und kommt aus der Antike. Als Erster erwähnte der griechische Dichter Aristophanes die Verbindung zwischen Athen und Eulen in seiner Komödie „Die Vögel“. Das Symbol der Schutzgöttin der Stadt Athen war gerade die Eule und im Allgemeinen steht dieser Vogel für Weisheit. In der griechischen Hauptstadt war man überall von Eulen umgeben, ob in Form von Statuen oder Bildern. Darum entstand der Spruch „Eulen nach Athen tragen“, denn Eulen gab es in der Stadt schon genug.
Die andere Deutung bezieht sich auf das Geld der alten Athener. In der Vergangenheit war die Eule auf den athenischen Silbermünzen abgebildet und es war bekannt, dass Athen in der Antike eine sehr reiche Stadt war. Mehr Goldstücke in die Stadt zu bringen, wo ohnehin schon so viel Reichtum zu finden war, schien vielen Menschen schon damals unnötig vorzukommen.
Heutzutage werden in der deutschen Sprache auch andere Variationen der Redewendung benutzt, zum Beispiel „Käse in die Schweiz rollen“ oder „Holz in den Wald tragen“. Gerade diese Variante – „Holz in den Wald tragen“ verwendet man auch im Slowakischen und zwar „nosiť drevo do lesa“.
Auf Slowakisch wurden in der Redewendung Eulen durch Holz und die griechische Hauptstadt durch den Wald ersetzt.
Morgenstund hat Gold im Mund
Das Sprichwort „Morgenstund hat Gold im Mund“ besagt, dass sich frühes Aufstehen lohnt und Frühaufsteher mehr erreichen können. Schon in der Vergangenheit wurde es für erstrebenswert erachtet, viel zu schaffen. Doch früher wie heute gilt: Wer von uns mag schon früh aufstehen? Vielleicht konnte sich durch diese Redewendung aber der eine oder andere überwinden und machte sich früh an die Arbeit.
Die Redewendung kommt ursprünglich aus der Übersetzung eines geflügelten Wortes aus dem Lateinischen. „Aurora habet aurum in ore“. Diesbedeutet im übertragenen Sinne, dass es sich lohnt, früh aufzustehen, denn es ist der Teil des Tages, an dem das Arbeiten am leichtesten fällt.
Auf Slowakisch wird das Frühaufstehen mit dem Bild eines Jungvogels dargestellt, der früh aufsteht und dadurch weiter springt: „Ranné vtáča ďalej doskáče“. Die slowakische Version bedeutet auf Deutsch „Der frühe Vogel springt weiter“ und erinnert an die deutsche Redewendung „Der frühe Vogel fängt den Wurm“.
Schnee von gestern
Die Redensart „Schnee von gestern“ wird in einer Situation benutzt, wenn etwas schon veraltet und uninteressant geworden ist. Die Redewendung deutet darauf hin, dass Schnee schmilzt und dann nichts mehr übrig ist. Genauso ist es mit Dingen, die als „Schnee von gestern“ bezeichnet werden.
Der französische Dichter Francois Villon prägte als Erster den Ausdruck in seiner Ballade „Mais ou sont les neiges d’antan?“ (Aber wo ist der Schnee von gestern?). Ursprünglich lautete die Redewendung „Schnee vom vergangenen Jahr“. Villon nutzte die Redewendung als Refrain und verweist damit auf Vergangenes wie historische Ereignisse und Personen und längst vergangene Schönheit.
In der Slowakei wird etwas Veraltetes oder Uninteressantes als „pasé“ bezeichnet, was auf das französische Wort „passé“ (vergangen) hinweist. „To už je pasé.“ (Das ist schon passé) kann man auf Slowakisch für die deutsche Redewendung „Schnee von gestern“ sagen.
Matej Lanča