Gemeinsames Gedenken bei Preßburg
Immer wenn ich das neueste Heimatblatt in die Hand bekomme, setzte ich mich hin und lese alles – vom ersten bis zum letzten Buchstaben. Das ist das Band, das uns mit unseren Landsleuten, die in Österreich eine neue Heimat gefunden haben, verbindet. Und gleich auf der ersten Seite las ich die Einladung zu der Gedenkfeier direkt an der österreichisch-slowakischen Grenze, wo ein schlichtes Kreuz an die Vertreibung unserer Landsleute aus dem Ort Bruck/Most pri Bratislave erinnert.
Dieses Kreuz wurde als „Sinnbild für Vergebung“ im Sommer 2020 errichtet und vom emeritierten Linzer Weihbischof Dr. Ludwig Schwarz gesegnet. Ludwig Schwarz wurde 1945 als Fünfjähriger mit mehr als 2000 Bruckern vertrieben und landete nach einem Fußmarsch von Bruck im Vertreibungslager in der Preßburger Patronenfabrik (Partronka). Nach drei Wochen unter unmenschlichen Verhältnissen im Lager wurden alle an die Grenze zwischen Engerau/Petržalka und Kittsee getrieben, wo sie die Nacht auf einer Wiese verbrachten. Erst nach Genehmigung durch die russischen Besatzungbehörden konnten sie die Grenze nach Österreich überschreiten und landeten in Kittsee, dem „ersten Ort der Freiheit“. Von diesen dramatischen Erlebnissen berichtet Pater Alois Saghy in seinem Buch „Aufgewacht in der Patronenfabrik am 4. Juli 1945“.
Treffen beim Gedenkkreuz
Dieser Einladung unserer Freunde von der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich zu einer kurzen Andacht beim Gedenkkreuz in Kittsee am 24. Juli 2021 sind wir gerne nachgekommen. Da diese Gedenkstätte direkt an der Grenze liegt, genügten nur ein paar Schritte, um unsere Freunde zu begrüßen. Es war eine Herz erwärmende Stunde, die wir mit unseren Landsleuten erleben durften. Sie kamen aus Wien, Kittsee und aus den nahen Orten. Die Freude an diesem Wiedersehen konnte man allen, die dabei waren, ansehen. Es gab trotz Pandemie viel Händeschütteln und Umarmungen.
In seiner freundlichen Eröffnungsrede sprach der Obmann der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Karl Putz, etwa 25 Anwesende an. Den Karpatendeutschen Verein vertrat der Regionsvorsitzende von Preßburg, Dr. Michael Stolár.
Eine Mahnung
Durch die Andacht führte uns unser lieber Landsmann Pater Alois Sághy SBD. Die Andacht sollte an die schrecklichen Erlebnisse und Mühen der unmittelbaren Nachkriegszeit erinnern. Es soll auch für heute eine Mahnung sein, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerate. Unsere christliche und menschliche Einstellung verpflichtet uns aber zu Schritten der Versöhnung. Wir haben gemeinsam gesungen und in unseren Gebeten aller Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, gedacht. Es war ein Zeugnis unserer Zusammengehörigkeit, die besonders jetzt in dieser schwierigen Zeit für unsere Karpatendeutschen hüben und drüben so außerordentlich wichtig ist. Bischof Dr. Ludwig Schwarz war nur im Geiste anwesend, denn seine Verpflichtungen riefen ihn nach Rom. Pater Sághy verlas seine Grußworte und dass er alle Anwesenden in seine Gebete aufnehme. Im nachfolgenden Gespräch mit unserem Freund Stephan Sághy haben wir darauf hingewiesen und gleich, soweit es die momentane Situation zulässt, Pläne für gemeinsame Veranstaltungen, womöglich noch in diesem Jahr, geschmiedet.
Rosi Stolár-Hoffmann