Emmerich Thököly

Graf, Fürst, König – Emmerich Thököly (1657–1705)

Der in Kesmark/Kežmarok geborene Emmerich Graf Thököly zählt zu den bedeutendsten Gestalten der ungarischen Geschichte. Sein Standbild finden wir auf dem Budapester Heldenplatz (Hősök tere), zusammen mit historischen Größen wie Stephan I., Béla IV., Matthias Corvinus und Franz II. Rákoczi.

Der Name Thököly ist eng mit Kesmark verbunden. Die Thökölys waren von 1579 bis 1670 und von 1678 bis 1684 Eigentümer der Kesmarker Burg. Sie verließen die Burg 1670 und 1684 nicht freiwillig, sondern mussten den Soldaten von Leopold I. (1640-1705) weichen. Emmerich Thökoly, in dieser Burg am 25. September 1657 als Sohn des protestantischen Grafen Stephan Thököly und der Maria Gyulaffi (1637-1659) geboren, war in beiden Fällen betroffen.

Vorfahren Händler

Die Ursprünge der Thökölys liegen in Siebenbürgen. Emmerichs Urgroßvater Sebestyén Thököly (? –1607) war ein zu Reichtum gelangter Pferdehändler aus Temesvár, der sich 1556 in den Adelsstand kaufte und 1584 wegen seiner Verdienste für das Vaterland das Baronat erhielt.

Sein Sohn Stephan (1581-1651) ließ die Kesmarker Burg, die seit 1579 als Wohnsitz und Schloss der Familie diente, ausbauen und aufwendig ausstatten. In zweiter Ehe heiratete er Katharina Thurzó, Tochter des Palatins (königlicher Statthalter) Georg Thurzó, und vermehrte so sein Vermögen beträchtlich.

Aufstieg zum Magnaten

Der gemeinsame gleichnamige Sohn Stephan (1623–1670), der Vater Emmerich Thökölys, wurde 1645 zum Grafen ernannt. Damit verbunden war die Ernennung zum Erbobergespan des Komitats Orava, die Burg Orava (Arwaburg/Oravský hrad) ging in seinen Besitz über.

Mit ihm gehörte nun auch ein Thököly zu den Magnaten. Mit Magnat bezeichnete man in Ungarn zu dieser Zeit die “edlen adligen Geschlechter bis zum Freiherrn.” Sie nahmen durch Geburtsrecht an der Gesetzgebung teil, berieten und stimmten in einer besonderen Kammer, der Magnatentafel, ab.
Flucht auf die Arwaburg

Emmerichs Vater Stephan Thököly hatte sich der Unabhängigkeitsbestrebung unter Franz Wesselényi gegen die Herrschaft der Habsburger (Magnatenverschwörung) angeschlossen.

Arwaburg

Die Arwaburg um 1850

Kaiser Leopold I. schickte deshalb vom berühmten General Spork befehligte deutsche Soldaten nach Ungarn. Vor diesen flohen Stephan und sein Gefolge auf die Arwaburg. Während der sich anschließenden Belagerung der Burg kam er ums Leben. Ob Stephan schwer erkrankt starb oder sich wegen der drohenden Gefangenschaft das Leben nahm, ist ungeklärt.

Von Eperies nach Siebenbürgen

Der 13-jährige Emmerich besuchte zu diesem Zeitpunkt das von seinem Vater 1667 gegründete evangelische Collegium in Eperies/Preschau/Prešov. Auch sein Leben war in Gefahr. Kurz vor seinem Tod beauftragte Stephan zwei seiner Gefolgsleute, Stephan Boczko und Daniel Günther von Lilienfeld, mit der Rettung des Sohnes. In einer abenteuerlichen Aktion gelang es beiden, den Belagerungsring zu durchqueren. Günther schaffte es bis nach Eperies und zog mit dem jungen Grafen über Schloss Chust (heute Ukraine) nach Siebenbürgen. Dort wurde Emmerich vom 1661 zum Fürsten gewählten Michael I. Apaffi (1632-1690) aufgenommen.

Thököly Wappen

Das Wappen der Familie Thököly

Alles verloren

Die Habsburger eroberten die Arwaburg im Dezember 1670. Emmerichs Schwester Eva (1659-1716) brachte man nach Wien, sie musste zum katholischen Glauben übertreten.

Die Verschwörung des Kreises um Wesselényi wurde niedergeschlagen, die Besitztümer der beteiligten Adeligen, auch von Thököly, beschlagnahmt. Einige der Anführer, wie Petar Zrinski (*1621), wurden im April 1671 in Wien enthauptet. Dagegen konnte sich Franz I. Rákóczy für 400.000 Gulden freikaufen.

Diese Ereignisse sollten Emmerichs späteres Leben entscheidend prägen. Sehr bald schon suchte er nach Möglichkeiten, den Besitz der Familie zurückzuerhalten.

Emmerich Thököly

Briefmarke mit einer Abbildung von Graf Emmerich Thököly

Gute Zeit für Rachepläne

Nach­ der Nieder­schla­g­ung der Magna­ten­v­erschwörung wur­de die ungarische Verfassung sus­pen­diert und das Amt des Palatins von Ungarn bis 1681 nicht be­setzt. Dazu kam die Gegen­refor­ma­tion, erzwungen durch kaiser­liche Soldaten. Dies brachte den einfachen Mens­chen in der Zips viel Leid und Elend. Der un­garische und kroatische Adel sah den 1664 geschlossenen Frieden von Eisen­burg, in dem Wien den Tür­ken die Oberho­heit über Sieben­bürgen überließ, als Schande an.

Der junge Emmerich fand daher schnell Unterstützung für seine Ra­che­pläne ge­gen die Habsburger.

Emmerich findet Verbündete

Mit den partisanenähnlich operierenden Kuruzzen, auf deren Seite er sich 1677 stellte und deren Führer er 1678 wurde, war es ihm nicht möglich, ge­gen die starken Truppen von Leopold I. anzu­kom­men. Daher suchte er Unter­stützung bei den Franzosen, die mit Hilfe pol­ni­scher Truppen gerade die Habsburger im Komitat Ma­ramures (heute Rumä­nien) geschla­gen hatten. Aus früheren Grenz­soldaten und Flüchtlingen baute Thö­köly eine Kerntruppe auf, mit der er bis 1680 fast die ganze heu­tige Slo­wa­kei und einen Teil Mährens eroberte.

1682 besetzte Thököly Eperies/Prešov und ließ Kirchen und das Kollegium, an dem er studiert hatte, den Pro­tes­tan­ten zurückgeben.

Liebesheirat?

Der 24-jährige Thököly heiratete am 15. Juni 1681 seine große Liebe, die schö­ne, 14 Jahre ältere Gräfin Helena Zrinski (1643-1703). Sie war die Wit­we von Franz I. Rákoczy (1645-1676) und Mut­ter des Franz II. Rakoczi. Ihr Vater war der 1671 von den Habsburgern hinge­richtete Petar Zrinski. Helena war da­her die ideale Partnerin im Kampf ge­gen die Wiener Herrscher.

Fürst von Oberun­garn

Wichtige Unterstützung bekam er seit 1681 vom türkischen Sultan, der ihn 1682 zum „König von Oberun­garn“ (heutige Ostslowakei) erklärte. Thö­kö­ly selbst nannte sich Fürs­t. Sein Herr­schafts­ge­biet war von 1682 bis 1685 recht stabil und reich­te im Wes­ten bis zur Waag/Váh.

Helena Zrinski

Helena Zrinski (Zrínyí Ilona)

Die Erfolge von Thö­köly, der die pro­tes­tan­tische Geist­lichkeit unters­tützte, beun­ruhigten die katholische Kirche. So war es wohl auch der Ein­fluss des Papstes, der die bisherigen Gegner Frankreich und Österreich zu ge­mein­samen Handeln gegen Thököly und die mit diesem ver­bündeten Tür­ken zu­sammenbrachte.

Thökölys Macht begann zu wanken, nachdem die von ihm unterstützten Tür­ken 1683 vor Wien ge­schla­gen wur­den. Kleinerer Erfolge, wie das Er­obern der Festung Ungvar 1684, glichen Niederlagen wie beim Kampf um Kesmark im gleichen Jahr nicht aus.

Schreckliches Hin und Her

Die Türken gaben Thököly eine Mit­schuld für ihre Niederlagen und ver­schleppten ihn 1685 nach Adria­no­pel (heute Edirne, Türkei), ließen ihn aber bald wieder frei. Zu diesem Zeitpunkt verliert Thököly mit Ka­schau/Košice sei­nen Re­gie­rungs­sitz an die Habs­bur­ger. Diese nehmen auch Epe­ries ein, es fol­gen Miss­hand­lungen und Tötun­gen von Protestanten. Be­rücht­igt ist das Blut­ge­richt des Anto­nio von Ca­raf­fa (1642-1693) im Jahr 1687.

Wehrhafte Ehefrau

Vor allem nachdem 1686 Ofen/Buda von den Tür­ken befreit wurde, wurde der Kampf gegen Thö­köly verstärkt. Dies galt auch für die bereits seit 1685 be­lagerte Festung Munkács/Mu­ka­tsche­wo, in der sich Hele­na Zriny be­fand.

Hele­na ver­tei­digte drei Jahre die Burg und musste sich 1688 nur durch Verrat er­geben. Sie und ihre Kinder aus erster Ehe Julianna (1672-1717) und der später berühmte Franz II. (1676-1735) wurden nach Wien ins Ursu­laner Klos­ter ge­bracht.

Tausch Heisler gegen Ehefrau

Bei den Kämpfen gegen die Truppen des Kaisers traf Thököly mehrmals auf Donat Heisler (1646-1718). In den Jahren 1684 und 1688 schlugen bzw. vertrieben Heis­lers Soldaten die von Thö­köly. Bei er­neu­ten Gefechten im August 1689 in Sie­ben­bürgen gewann Thököly und nahm den zum General aufgestiegenen Heisler ge­fangen. Zwei weitere Jahre vergingen, bis Thökölys Frau und die Kinder im Tausch gegen Heisler frei­ka­men.

Langer Umweg in die Heimat

Thököly kämpft noch bis 1699 auf tür­kischer Seite, so in den verlorenen Schlach­ten bei Slankamen bei Belgrad (1691) und Zenta an der Theiß (1697). In Karlowitz, das wie Zenta im heutigen Ser­bien liegt, führten die anschlie­ßen­den Friedensver­hand­lun­gen mit den Türken zu deren Rückzug und einem endgültigen Frieden.

Thökolys erste Grabstätte

Thökölys erste Grabstätte in Nikomedia

Von Kaiser Leopolds Amnestie war Em­merich ausdrücklich ausgenom­men und musste ins Exil gehen. Dort, im tür­ki­schen Galata, starb 1703 seine Frau He­le­na, er zwei Jahre später in Niko­me­dia/Iz­mit. 1906 wurden die sterblichen Über­rest­e von Em­mer­ich Thököly in seine Ge­burts­stadt Kes­mark überführt und in der evan­ge­lischen Kirche bei­ge­setzt.

Auch Helena Zrinski hat ihre letzte Ruhestätte in der Slo­wakei gefunden. Die­se befindet sich seit 1906 in Ka­schau im Dom der Heiligen Elisabeth, ne­ben der ihres Sohnes Franz II. Rákoczy.

Dr. Heinz Schleusener