Rudolf Schuster

„Heimat,deine Sterne“ – Radio Slowakei International traf Rudolf Schuster

Weihnachtslieder mitten im goldenen Herbst? Schwierige politische Fragen vor der Kulisse einer dörflichen Hammerschmiede? Mit Rudolf Schuster kein Problem! Der ehemalige Präsident der Slowakei gab unlängst für den öffentlich-rechtlichen Auslandssender RTVS Radio Slowakei International ein Interview, das gerade für die deutschsprachigen Hörer voller Überraschungen sein dürfte, denn Rudolf Schuster, geboren 1934, ist Karpatendeutscher.

Aufgewachsen mitten im slowakischen Kriegsstaat und den Nachkriegswirren, hat er eine beispiellose politische Karriere hingelegt, die, wie er sagt, „voller Prüfungen“ war. Kommunist war er und „Katholer“. Hat seine Mutter nicht mit Glockengeläut zu Grabe tragen dürfen zur Zeit des Kommunismus. Aber dafür am Grab seines Vaters im ostslowakischen Metzenseifen/Medzev die Glocken umso lauter läuten lassen, nach der Wende. Oder besser gesagt, der Samtenen Revolution.

Sein Bruder war Partisan und kämpfte gegen die deutschen Faschisten, und doch wurde er von den sowjetischen Befreiern und Besatzern misstrauisch beäugt – ein „Deitscher“eben. In der Nachkriegsslowakei. In der Zeit der Beneš-Dekrete. Besonders gern spricht Rudolf Schuster nicht über diese schweren Zeiten, in der die Nachbarn der Vertreibung anheim fielen. Aber er verwendet bevorzugt einen Begriff, wenn es um Geschichtliches geht: „Das damalige Regime“.

RSI im Gespräch mit Rudolf Schuster
RSI-Redakteur Kay Zeisberg traf den ehemaligen Präsidenten RudolfSchuster in Metzenseifen.

Hürdenreiche Reise der Slowakei gen Westen

Der kleine Rudolf, der am liebsten Schauspieler geworden wäre, musste und konnte sich arrangieren mit dem neuen Staat nach ’45, in dem er es nach allerhand Hin und Her sogar zum Bürgermeister der zweitgrößten slowakischen Stadt Kaschau/Košice brachte. Sowohl vor als auch nach der Wende. Und er ist stolz darauf, dass ihn die Menschen mit großer Mehrheit auch dann in dieses Amt wählten, als sie wirklich schon die Wahl hatten.

Ja, und dann wurde er, der studierte Maschinenbauer, im Jahr 1999 zum Präsidenten der Slowakischen Republik gewählt, weil sich die Opposition des Landes gegen den zunehmend autoritären und europafeindlichen „Mečiarismus“ vereinigt hatte und auf Mäßigung und Öffnung setzte. Schuster hat das für knapp fünf Jahre, bis 2004, mitgetragen und mitgestaltet – es war die Zeit der Reformen, der hürdenreichen Reise der Slowakei gen Westen, in den Wohlstand, in die NATO und in die EU.

Und eigentlich ist Rudolf Schuster ja wirklich ein Reiseschriftsteller. Ein Filmemacher, der Brasilien oder die USA wie seine Westentasche kennt und darüber Bücher geschrieben, Fernsehfilme produziert hat. Die Ehrendoktorwürden der Universitäten Wuppertal und Ottawa trägt er, doch in der anderen Westentasche hat er immer seine Slowakei. Der karpatendeutsche Slowake hätte sie mehrfach verlassen können und sollen, wäre es nach den Angeboten gegangen, die er erhielt. Aber er blieb hier. In Metzenseifen, in Kaschau. Und schenkte seine beeindruckende Privatsammlung foto-kinematografischer Technik und Literatur im elterlichen Familienanwesen sogar dem Staat, dem Slowakischen Technischen Museum. „Alle privatisieren, aber ich verstaatliche“, sagt er verschmitzt ins Mikrofon.

Auch schwierigen Fragen weicht der heute 84-Jährige nicht aus. Als ich von ihm wissen will, wie die Stadt Košice die von ihm betriebenen Investitionen, sprich auch die Verschuldung, verkraftet habe, antwortet er: „Wir haben die Stadt und die Region attraktiv und international gemacht. Und wir haben Wasserleitungen verlegt – für die Menschen vor Ort. Würden wir das alles erst heute machen müssen, wäre es um ein Vielfaches teurer.“

Neujahrsgruß auf Mantakisch

Dann sucht er auf seinem modernen Smartphone nach dem, was ihn wohl am meisten ausmacht: Lieder zu singen, gerade auch auf Deutsch. Konzerte zu geben in seinem karpatendeutschen Heimatort Metzenseifen: „Heimat, deine Sterne“ und dann: „Stille Nacht, heilige Nacht“…ach ja, das Interview ist ja für den Weihnachtsmonat geplant!

Wir sprechen noch über das Weihnachtsessen, wobei sich herausstellt, dass die Karpatendeutschen doch eher der typisch slowakischen Küche mit der berühmten Sauerkrautsuppe sowie den hiesigen Bräuchen, etwa dem Honig-Kreuz, welches das Familienoberhaupt seinen Lieben auf die Stirn zeichnet, zuneigen. Und dann hat er auch noch eine Radio-Botschaft fürs „neie Joar“, die er im mantakischen Dialekt vorträgt. All das nachzuhören in der Sendung vom 6. Dezember von Radio Slowakei International.

Kay Zeisberg

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