Hoffnung im Angesicht des Krieges

Der Kalender zeigt den 14. Januar 2023. Nur das Wetter scheint kein gewöhnliches Winterwetter zu sein. Es regnet und alle fünf Minuten scheint wieder die Sonne. Manchmal hat man das Gefühl, dass der Frühling mit dem Winter kämpft. Die Organisatoren warten schon im Haus der Begegnung auf die ersten Gäste, die sich für den Filmabend mit dem Film „Nordgrenze. 07.05.2022“ angemeldet haben.

Als Erste kommt eine Ukrainerin, die Zoja heißt. Mit einem freundlichen Lächeln schenkt sie uns einen schönen Magneten zum Dank dafür, dass wir uns um die Ukrainer in der Slowakei kümmern. Zoja ist wegen des Krieges in Preßburg/Bratislava. Der Krieg ist kein einfaches Thema für sie, aber sie versteht auch, dass die Welt wissen muss, was in der Ukraine passiert und wie die Ukrainer ihre Freiheit und Unabhängigkeit verteidigen. Darum geht es auch heute in dem Film, der ursprünglich als Schauspiel verfasst wurde. Der Autor Wolodymyr Suraj ist ein ukrainischer Regisseur und Schauspieler und erzählt von seinen inneren Gedanken und Gefühlen, als er als Freiwilliger in den Krieg gegangen ist. Wolodymyr berichtet dabei auch über sein vorheriges Leben, vor dem nun eine Grenze steht.

Der Film wurde nur mit dem Handy gedreht

Die Videobotschaft von der Regisseurin des Films für die Zuschauer

Als sich das Haus gefüllt hat, beginnt die Filmvorführung. Als Erstes hören wir eine Videobotschaft von der Regisseurin des Films, Kateryna Bobyleva. Nach Ausbruch des Krieges ist sie in die Slowakei gekommen. Ursprünglich war eine Diskussion zwischen den Organisatoren des Filmabends und der Regisseurin geplant, aber wegen der Stromabschaltungen in der Ukraine, wo die Regisseurin sich nun wieder befindet, hat sie für uns im Vorfeld ein Video gedreht. In der Videobotschaft spricht Kateryna davon, wie sie das erste Mal den Text des Schauspiels „Nordgrenze“ gelesen hat und welches Gefühl sie in diesem Moment hatte. Kateryna sagt, dass sie ganz überrascht war, wie viel Leichtigkeit, Licht und vor allem Hoffnung sie im Text vorfand. Obwohl das Hauptthema des Textes der Krieg ist, sei er ganz anders als die meisten anderen Texte oder Drehbücher, die dieses Thema behandeln. Damals hat sie sich dazu entschlossen, alles dafür zu tun, dass mehr Menschen von dieser Geschichte hören. Zusammen mit einigen ukrainischen Künstlern, die sich im Ausland befanden, hat sie dann diesen Film erschaffen. Der Hauptdarsteller, Witalij Demjanchuk, der während des Filmdrehs in Ägypten gelebt und gearbeitet hat, hat mit Hilfe seiner Frau und nur mit dem Handy alle Szenen gedreht. Es ist wirklich faszinierend, was diese Menschen fast ohne finanzielle Mittel und Technik vollbracht haben.

Der Krieg lenkt den Blick auf das Wichtigste

Dann kommt der Hauptteil – die Filmvorführung. Es ist ganz leise und man merkt, wie aufmerksam und gespannt die Zuschauer sind. Der Protagonist, der keinen Namen hat, repräsentiert die Kunstwelt. Vor dem Krieg führt er einen ziemlich lockeren Lebensstil und denkt nicht viel nach. Eine interessante Arbeit, schöne Frauen, viel Alkohol, manchmal Depressionen und Enttäuschungen. Aber dann kam der Punkt, der Moment, der alles ändert – der russische Angriff auf die Ukraine. Der Künstler war gerade mit seiner Freundin zu Hause (in einer Mietwohnung, wie fast jeder Künstler in der Ukraine), als der Krieg angefangen hat. Ein paar Tage später ging er freiwillig in den Krieg. Das Einzige, was er mitnimmt, ist die Umarmung seiner Geliebten, die eine wirklich große Bedeutung für ihn hat. Der Künstler weiß nicht, ob er wieder zurückkommt – wie jeder Soldat, der im Krieg ist. Er weiß nichts über seine Zukunft. Er lebt einfach in der Gegenwart und schützt die ukrainische Staatsgrenze, die Nordgrenze.

Nach dem Film hat jeder fünf Minuten gebraucht, um überhaupt etwas sagen zu können. Unsere Zuschauerin Svitlana äußerte während der Diskussion, dass dieser Film überhaupt keinen Heroismus zeigen wolle, sondern durch die inneren Monologe, was jeder tatsächlich denke und fühle, wenn er alles, inklusive seines Lebens, verlieren könnte. Entgegen der Traurigkeit, die es im Film natürlich gibt, bringt er irgendwie Hoffnung auf eine bessere Zukunft; Hoffnung, dass die Gerechtigkeit siegen wird, obwohl der Wert dieser Gerechtigkeit auch sehr hoch ist.

Das gemeinsame Foto mit den Teilnehmern des Filmabends

Nach der Diskussion haben unsere Teilnehmer noch bei Kaffee und Gebäck etwas über den Film und über die Nachrichten, die sie von ihren Verwandten aus der Ukraine haben, gesprochen und wie froh sie sind, sich wieder gemeinsam getroffen zu haben. Nach einer Pause von fast einem Monat, hoffen wir auch, dass wir uns auf unseren nächsten Veranstaltungen wieder öfter sehen werden.

Hanna Dubinchak