Im Gespräch mit dem neuen deutschen Botschafter
Thomas Kurz ist seit Juli 2024 der neue deutsche Botschafter in Preßburg/Bratislava. Obwohl der Diplomat schon einmal vor über 20 Jahren auf Posten in Wien war, lernt er die Slowakei erst jetzt kennen. Kurz vor seinem Besuch im SNM–Museum der Kultur der Karpatendeutschen hatten wir die Möglichkeit, ihn kennenzulernen.
Lieber Herr Kurz, Anfang Juli lösten Sie Ihre Vorgängerin Barbara Wolf im Amt des deutschen Botschafters ab. Das ist jetzt vier Wochen her. Wie haben Sie sich in der Slowakei eingelebt?
Ich habe mich hier sehr gut aufgenommen gefühlt sowohl hier an der Botschaft, im Kollegenkreis und auch in meinen bisherigen Kontakten mit den slowakischen Kollegen in Ministerien und den verschiedenen Institutionen. Überall wird mir versichert, wie wichtig Deutschland für die Slowakei ist. Ich war zwar nie auf einem zentral- oder osteuropäischen Posten, aber ich war bereits zweimal als Beamter im Auswärtigen Amt in Berlin zuständig für die Region, von daher war es für mich nicht wirklich etwas Neues. Auch wenn das schon ein paar Jahre her ist, fühlte ich mich dennoch gut vorbereitet.
Vor zwei Wochen waren Sie bei Präsident Peter Pellegrini zur Übergabe Ihres Beglaubigungsschreibens. Bestimmt hatten Sie auch Zeit für ein kurzes Gespräch, oder?
Ja, er hat mir gesagt, ich war der erste Botschafter, der sein Beglaubigungsschreiben an ihn übergeben hat. Es war ein sehr nettes Gespräch, das wir beide halb auf Deutsch geführt haben, da er auch Deutsch spricht. Er hat betont, wie wichtig ihm die Beziehungen zu Deutschland sind und das er beabsichtigt, im kommenden Herbst nach Berlin zu reisen.
Hatten Sie bereits Kontakt zu Vertretern der amtierenden Regierung, und wenn ja, sprechen Sie dabei auch direkt über aktuelle politische Themen, wie die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?
Bisher habe ich verschiedene Abteilungsleiter des Außenministeriums kennengelernt. In diesen Vorstellungsgesprächen hat das keine Rolle gespielt, aber natürlich wird das auch von außen beobachtet. Die Grundlage für diese Beobachtung ist die Mitgliedschaft in der EU, dass man sich in einer Vertragsgemeinschaft befindet, zu der man sich verpflichtet und dass man sich in der Regel auch daranhält, was in diesen Verträgen steht.
Wie würden Sie denn die aktuellen Beziehungen zwischen Deutschland und der Slowakei beschreiben?
Die gemeinsamen Beziehungen sind sehr eng und sie sind in den letzten Jahren sogar enger geworden, was zum Teil unerfreuliche Gründe hat, da sie mit der Sicherheitspolitik zusammenhängen. Die Slowakei ist zu einem Frontstaat geworden. Wir hatten die Bundeswehr hier und deswegen sind die Beziehungen über die letzten Jahre eigentlich nochmal deutlich enger geworden. Und in Fragen der EU-Erweiterung und dessen Reform sind wir nochmal mehr darauf angewiesen, zukünftig enger zusammenzuarbeiten als das bisher der Fall war.“
Der letzte Ministerbesuch aus Deutschland war im Jahr 2022. Das ist schon eine ganze Weile her. Vernachlässigt die aktuelle Regierung in Berlin die Slowakei?
Wir hatten Staatsminister hier, gerade auch im Zusammenhang mit dem Bundeswehrkontigent und immerhin war der Bundespräsident in kurzem Abstand zweimal zu Besuch, was sehr ungewöhnlich ist (September 2021 und April 2022). Deshalb würde ich das nicht so ganz unterschreiben, aber ja, deswegen sehen wir es in der Botschaft auch als unsere Aufgabe an dafür zu sorgen, dass jetzt wieder mehr Besucher aus unterschiedlichsten Bereichen in die Slowakei kommen.“
Das ist schade, denn Deutschland kann vielleicht sogar etwas lernen von der slowakischen Minderheitenpolitik. Im vergangenen Sommer wurden die Vietnamesen die vierzehnte anerkannte nationale Minderheit. In Deutschland ist es eigentlich unvorstellbar, dass die Türken, als Beispiel für die größte Einwanderergruppe, eine anerkannte Minderheit werden, oder?
Das wusste ich gar nicht, dass das hier so gehandhabt wird. Bei uns entspricht das nicht der rechtlichen und politischen Vorstellung einer Minderheit. Minderheiten sind in unserem Sinne tatsächlich nur die historischen Minderheiten, die auf unserem Staatsgebiet ansässig waren, wie die Sorben und Dänen. Das heißt aber natürlich nicht, dass Einwanderer diskriminiert werden. Eine Anerkennung im slowakischen Sinne steht bei uns nicht auf dem Programm, da wir ein anderes Verständnis von Minderheiten haben.
Was wissen Sie über die Karpatendeutschen?
Die Frage ist berechtigt, denn auch wenn ich vorher gar nicht so viel wusste, fange ich dennoch an, mich mit der Minderheit zu beschäftigen. Ich weiß, dass die Karpatendeutschen leider gar nicht mehr so viele Menschen sind und dass Anstrengungen unternommen werden, um eine kulturelle Identität zu bewahren. Deswegen wollen wir Sie als Minderheit auch unterstützen. Ich habe zuletzt mit meinem tschechischen Amtskollegen über sein Interview im Karpatenblatt gesprochen und war interessiert von seiner karpatendeutschen Familiengeschichte zu hören. Ich freue mich die Vertreter der Minderheit kennenzulernen und im Land zu reisen.
Abschließend möchte ich Sie noch fragen, ob die Botschaft eine Veranstaltung im Gedenken an das Jubiläum zum 35. Jahr nach dem Mauerfall plant?
Wir machen, wie in jedem Jahr, am 3. Oktober unseren Empfang zum Tag der Deutschen Einheit. Da sind wir jetzt mitten in den Planungen und dort gedenken wir der Wiedervereinigung, nicht dem Tag des Mauerfalls. Das wird auch in diesem Jahr wieder eine große Veranstaltung sein. Ansonsten planen wir im Kulturbereich wieder die deutschen Sprachtage. Im Herbst touren wir in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut durch die Slowakei. Was die Wirtschaft betrifft, arbeiten wir mit der Auslandshandelskammer zusammen. Dort befindet sich einiges in der Planung.
Das Gespräch führte Peter Mons