Janusz Korczak ist zuständig in Krisenzeiten
Der polnische Arzt, Pädagoge und Schriftsteller Janusz Korczak war sein Leben lang für seine 200 Waisenkinder da. Er hätte versuchen können zu fliehen. Aber er wollte seine Kinder nicht im Stich lassen und wurde mit ihnen aus dem Ghetto, das die deutschen Besatzer errichtet hatten, nach Treblinka deportiert, in die Vernichtung. Doch seine Gedanken leben bei vielen Menschen weiter.
Bis heute bringen Korczak und seine Nachfolger uns nahe, wie wertvoll jedes Kind ist. Wer ihre Bücher liest, spürt etwas von der Zuversicht und dem Mut, die seine Ideen in schwierigen Zeiten umsetzen.
Erzieherin Fräulein Esther
Am Beispiel der Erzieherin Fräulein Esther kann Korczaks Zuversicht hautnah erfahren werden und zu Einsichten führen, die auf erschwerte pädagogische Situationen übertragen werden können. Bei diesen Erfahrungen geht es immer auch um Haltungen, Einstellungen und Wertorientierungen.
Die Recherchen zu Fräulein Esther zeigen uns wie Erziehung in ausweglos erscheinenden Lebenssituationen erfolgen kann. Korczak schreibt:
„Große Aufregung. Fräulein Esther hat uns Blumen gebracht. Echte Blumen! […] Ihre Knospen sind noch winzig klein. Fräulein Esther meinte aber, sie würden gar nicht lange brauchen und dass sie besonders dankbar seien und pausenlos blühen würden. Bis in den späten Herbst […].“
Und über Fräulein Esther erfahren wir:
„Sie sagte einmal, sie wolle ein schönes Leben, weder lustig noch leicht. Helfen, nützen, für die anderen da sein. Es scheint, als ob sie mit ihrem Lächeln sagen wollte: Schön ist, was über die eigenen Kräfte hinausgeht.“
Ein erfolgreiches Theaterspiel
Um die Kinder von ihrem Leid abzulenken, inszenierten Janusz Korczak und Esther ein Theaterspiel. Am 18. Juli 1942 führten die Kinder das von der NS-Zensur verbotene Spiel „Das Postamt“ des indischen Schriftstellers, Philosophen und Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore auf. Es handelt von Amal, einem todkranken Waisenjungen, der sein Bett nicht verlassen darf und nur durch ein Fenster das Leben draußen wahrnehmen kann. Er sehnt sich nach Freiheit, Leben, Licht, Sonne und Natur; möchte wie ein Eichhörnchen Bäume erklettern und Nüsse knacken. In Erwartung eines Briefes des Königs, der ihm Befreiung bringen sollte, schlummert er.
Diese letzte Aufführung war – wie Korczak in seinem Ghetto-Tagebuch schreibt – „ein „Publikumserfolg. Hände drücken, Lächeln, Versuche, ein herzliches Gespräch anzuknüpfen“. Er bleibt sich treu: Selbstachtung, Achtung, Wertschätzung und Bewahrung der Würde des Menschen.
Prof. Dr. Ferdinand Klein