Karpatendeutsche Sagen und Märchen: Der Teufelsfelsen
Es lebte einmal der adelige Herr Ľubovenský, der sich eine Burg bauen lassen wollte. Eines Tages entschied er sich, an einem warmen Sommertag einen langen Ausflug auf seinem Pferde zu machen, um sich sein Land anzuschauen. Er befahl seinem Knecht, sein schönstes Pferd vorzubereiten und machte sich auf den Weg.
Nach zwei Stunden kam der Herr auf eine große Wiese, die mit Blumen übersät war. Neben der Wiese war ein Fluss, wo er sein Pferd eine Weile ausruhen ließ. Als er durch die Wiese spazierte, erblickte er in der Ferne einen großen Hügel und entschloss, dass auf diesem Hügel seine Burg stehen sollte. Als er an demselben Tag zurückkam, befahl er seinen Untertanen, am nächsten Tag gleich mit dem Bau der Burg zu beginnen.
Am nächsten Tag gingen alle zu dem Hügel, den sich der adelige Herr ausgesucht hatte und fingen langsam mit den Arbeiten an. Nach zwei Wochen kam der Herr zum Hügel, um zu sehen, wie es mit dem Bau der Burg lief. Der Grundbau war schon angelegt worden. Da freute sich der Herr. Als er nach einem Monat wieder kam, sah er keine Fortschritte an dem Bau. Er war wütend und stellte neue Meister ein. Nach zwei Wochen kam er zum Bau, aber auch bei diesen Meistern sah er keine Fortschritte. Also entließ er auch sie und stellte wieder neue ein. So wiederholte sich die Geschichte abermals.
Daraufhin entschied der Herr, einen Teufel zu besuchen, der in der Nähe wohnen sollte. Als er in sein unterirdisches Reich kam, wartete der Teufel längst auf den adeligen Herrn. Da erklärte der Herr ihm die Situation mit dem Bau seiner Burg und bat ihn um Hilfe. Der Teufel war einverstanden, stellte aber eine Bedingung: Der Herr sollte ihm für seine Hilfe seine Seele überlassen. Der Herr war mit dem Vorschlag einverstanden, stimmte zu und überschrieb dem Teufel seine Seele.
Am nächsten Tage, als er zum Bau kam, waren zwei neue Meister da, die sich dem Herrn vorstellten und sagten, wer sie schicke. Als der Herr in zwei Wochen wieder kam, war die Burg zur Hälfte fertig. Er konnte es kaum glauben, dass der Bau seiner Burg in nur so kurzer Zeit so fortgeschritten war. Seine Untertanen sagten ihm allerdings, dass etwas mit diesen beiden Meistern nicht in Ordnung wäre, weil sie nichts essen und man abends hinter ihren Ohren zwei kleine Hörnchen sehen könne.
Der Herr erinnerte sich an sein Treffen mit dem Teufel, aber seine Burg war ihm wichtiger. Nach einem halben Jahr bezog der adelige Herr bereits seine neue Burg und lebte sich dort ein. In demselben Jahr ging aus seiner Ehe eine schöne Tochter hervor. Als diese schöne Tochter 20 Jahre alt wurde und ihre Schwestern, die später zur Welt kamen, noch auf der Wiese spielten, kam ein Bräutigam auf die Burg, um um die Hand der schönen Tochter anzuhalten. In diesem Bräutigam erkannte der Herr den Teufel.
In diesem Augenblick nahm der Adelige sein schönstes Pferd und eilte ins Kloster, um zu beichten und seine Seele zu reinigen. Als der Teufel herausfand, dass der Herr seine Seele von seinen Sünden gereinigt hatte, wurde er wütend und eilte schnell zu einem Berg. Da nahm er den größten Felsen, den er fand und eilte wieder zurück, um die Burg zu zerstören. Als dies der Herr sah, bat er den Mönch, bei dem er gebeichtet hatte, um Hilfe. Dieser bekam eine Idee und fing an, mit der Kirchenglocke zu läuten. Als dies der Teufel hörte, verlor er seine Kraft und der Felsen fiel ihm aus der Hand ans Ufer des Flusses Poprad. So besiegte der adelige Herr die Macht des Teufels und konnte in Frieden sein Leben mit seiner Familie weiterführen.
Anna Fábová