Kochen mit dem Karpatenblatt: „Grüner See im Mondschein“
Wie überall auf der Welt scheint der Mondschein in der Slowakei ganz besonders schön zu sein, nicht nur für Ludwig van Beethoven. Denn dieser hatte 1801, als er auf Einladung des ungarischen Adelsgeschlechts „Brunsvik“ (das aus Deutschland, genauer gesagt aus Braunschweig, auf Altdeutsch „Brunsvic“, stammte) im Gärtnerhäuschen ihres Schlosses Unterkupa/Dolná Krupá in der gleichnamigen westslowakischen Ortschaft, die Mondscheinsonate komponiert.
Echte Beethoven-Kenner werden dem widersprechen wollen, denn den Titel „Mondscheinsonate“, auch als Klaviersonate Nr. 14 von Beethoven bekannt, erhielt diese Sonate erst nach seinem Tod. Er selbst nannte sie „Sonata quasi una fantasia“ (Sonate gleichsam einer Fantasie). Wie dem auch sei, der ursprüngliche Titel tut der Entstehung dieses Rezepts keinen Abbruch.
Essen ist auch Erinnerung. Wenn man durch den Verzehr einer bestimmten Speise beispielsweise in seine Kindheit zurückversetzt wird, ist diese meist sehr intensiv. In der Hechteria jedoch werden gelegentlich umgekehrt aus Erinnerungen „Speisen quasi una fantasia“ kreiert. Und da es in der Hechteria sehr wichtig ist, kulinarisch auch Erinnerungskultur zu pflegen, habe ich mir überlegt, wie ich folgende Erinnerung schlemmerhaft mit folgendem Rezept nicht nur fantasievoll umsetze. Doch zuvor noch ein paar Zeilen, wie es zur Rezept-Komposition „Grüner See im Mondschein“ kam.
Ausschlaggebend war ein Schneewetterbericht vom 30. Oktober 1936 vom Karfunkelturmhaus mit einer auf Ungarisch geschriebenen Anmerkung: „Wunderschöne Mondlandschaft“. Als ich das letzte Mal mit meinem Vater zusammen in der Slowakei war, ging ich mit ihm zum Grünen See hinauf und wir genossen vor der Hütte unterm Karfunkelturm bei Speis und Trank die herrliche Aussicht. Mein Vater erzählte mir von früher, wie er als Jugendlicher oft dort war. Daher ist diese Karte für mich sehr besonders. Und weil mein Vater gern Süßes mochte, war das auch ein Teil der Inspiration.
Zutaten für 4 Personen:
Für den Mond und die Grünseehütte:
3 Eiweiß
1 Prise Salz
1 TL Zitronensaft
180 g PuderzuckerFür den Grünen See:
250 ml Pfefferminzlikör (für die Bergseefrische)
550 ml Weißwein, lieblich
8 ½ Blatt Gelatine
Für Kinder kann man Waldmeistersirup mit Wasser verwenden.Für den Karfunkelturm und die Grünseehütte:
4 EL Zucker
3 EL Kakaopulver
1 Prise Salz
400 ml Schlagsahne
- Backblech mit Backpapier auslegen.
- Eiweiß mit Salz in einer großen Schüssel mit dem Mixer (höchste Stufe) zu festem Eischnee aufschlagen, Zitronensaft unterschlagen, dann während des Aufschlagens langsam den Puderzucker hineinrieseln lassen und 15 Minuten weiter schlagen.
- Eiweiß in einen Spritzbeutel geben, mit einer glatten Tülle 6 x spiralförmig einen „Mond“ auf das Backpapier aufspritzen und mit einem Löffel die Oberfläche glattstreichen. Zudem 10 x 2, etwa 2-3 cm lange Streifen dicht nebeneinander aufspritzen. Die Masse ergibt etwa 6 Monde und 10 Doppelstreifen, eventuell mehr. Den Rest nach Belieben aufspritzen.
- In den auf 110 Grad vorgeheizten Backofen geben. Ofen leicht geöffnet lassen (z. B. mit Hilfe eines Geschirrtuches). Nach 140 Minuten ausschalten und das Baiser im Ofen bei leicht geöffneter Tür abkühlen lassen.
- Gelatine in kaltem Wasser 5 Minuten einweichen lassen.
- Wein und Pfefferminzlikör leicht erhitzen, die ausgedrückte Gelatine hineingeben und gut verrühren, bis sie vollständig aufgelöst ist. Vom Herd nehmen, etwas abkühlen lassen. Mit einer Schöpfkelle umrühren und gleichmäßig auf vier kleine Teller verteilen. Für 3 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Hechteria-Tipp: Zuerst mit Wasser testen, ob 800 ml in die Teller passen. Schritte 1 bis 6 können schon am Vortag vorbereitet werden.
- Salz, Zucker und Kakaopulver mit etwas Sahne gut verrühren, die restliche Sahne dazugeben und mit dem Mixer zu Schlagsahne aufschlagen. Diese in einen Spritzbeutel füllen.
- Die runden Baiser als Mondschein auf den Grünen See legen. Am oberen Rand die Schokosahne als Karfunkelturm aufspritzen und etwas versetzt einen kleineren Spritzer daraufgeben. Auf diesen dann zwei der Streifen als Dach der Grünseehütte legen – und fertig ist: Grüner See im Mondschein.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Kochen und „Dobrú chuť“/„Guten Appetit“! Ein „Grüner See“ als flüssige Variante – mit 10 cl lieblichen Weißwein und 4 cl Pfefferminzlikör, serviert auf Eis und mit einer Zitronenscheibe – passt ebenfalls gut dazu, sowohl als Aperitif oder einfach so. Als musikalische Begleitung empfiehlt sich die „Mondscheinsonate“ von Beethoven sowie die „Moonlight Serenade“ von Glenn Miller (mein Vater liebte sie). Als poetische Begleitung bietet sich Rainer Maria Rilkes „Die Welt, die monden ist“ aus dem „Best of Schönherz & Fleer Rilke Projekt“, rezitiert von Nina Hagen, an.