Künstlerin Zorka Lednarova Slowakei

Künstlerin Zorka Lednárová: „Einschränkungen sehe ich nicht als Feind, sondern als Möglichkeit“

„Kunst ist ohne Menschen undenkbar. Sie ist wie ein lebendiger Organismus. Sie entsteht und stirbt, wird geliebt oder gehasst, wandert über die Grenzen und okkupiert geographische Regionen. Kunst und Kultur sind so etwas wie ein Spiegel der Gesellschaft (…).“ So versteht es Zorka Lednárová, eine offene, ehrgeizige und weltbekannte slowakische Künstlerin, die seit 1997 in Deutschland lebt.

Die Künstlerin lebt seit 1997 in Deutschland.

Zorka wurde 1976 in Preßburg/Bratislava geboren und studierte hier Bildhauerei an der Kunsthochschule. Trotz der turbulenten Transformation nach dem Sozialismus konnte sich ihr künstlerischer Weg auch in verschiedenen Ländern entfalten. Bereits während des Studiums hat sie mehrere Stipendien bekommen und konnte dadurch nach China (Nationale Kunstakademie, Hangzhou) und Deutschland (Mutheisius-Hochschule für Kunst und Gestaltung, Kiel) reisen.

Das Kunststudium läuft in jedem Land unterschiedlich ab und dementsprechend vergleicht sie ihre damalige Erfahrung: „An der Kunsthochschule in Bratislava hatten wir neben den theoretischen Fächern auch den praktischen Unterricht verpflichtend, beispielsweise Aktzeichnung, Aktmodellieren oder Kurse zur Arbeit mit verschiedenen Materialien wie Bronze, Stein, Holz, Polyester, Keramik. Ich fand es gut, jedoch hat mir eine bestimmte Art der Freiheit gefehlt.“ Dieser Mangel war einer der Gründe für sie, in Deutschland weiter zu studieren. Beim Kunststudium in Deutschland war Selbstinitiative gefordert, erinnert sie sich: „Es war nicht schlecht, aber ich habe gemerkt, ein junger Mensch kann nicht immer wissen, was er wissen soll. Das Kunststudium sollte nach meinem Empfinden also eine Mischung aus klassischer Ausbildung und mehr Entfaltungsfreiheit sein.“

Jeder Ort hat seinen Zauber

Zorkas Studienort Deutschland hat ihr die Möglichkeit gegeben, selbständig und interdisziplinär zu denken und zu arbeiten. Sie mag den Norden mit den kleineren Städten und dem Meer genauso wie Berlin, mit seiner großen Bandbreite an Unterhaltungsmöglichkeiten oder Multikultur. Besonders gute Erfahrungen hat die Künstlerin in Kroatien und in China gesammelt, als sie bei der Expo 2000 ihr Werk „Dreieinigkeit“ ausstellen konnte. Dazu sagt sie: „In China hat ein Künstler sehr hohes Ansehen, dementsprechend wurde ich auch behandelt. Ich hatte einen persönlichen Dolmetscher, Taxifahrer und sogar zwei Arbeiter, die bei der Anfertigung meiner Skulptur helfen sollten. Alles war wie es für China typisch ist, wenn es darum geht internationales Ansehen zu erlangen: pompös, prachtvoll und gigantisch!“

Als Frau „Künstler“ sein

Eine Künstlerin zu werden, ist jedoch nicht immer einfach. Wie Zorka erzählt, ist viel Fleiß nötig, man muss Kontakte pflegen, um ein gutes Netzwerk zu haben, häufig braucht es die Unterstützung der Familie und natürlich auch eine Portion Glück. Auch Diskriminierung hat sie mehrfach erlebt und erinnert sich: „Der Vorsitzende des russischen Bildhauerverbundes aus St. Petersburg hat mich lediglich in der Maskulinform angesprochen, da eine Frau in seiner Vorstellung keine Bildhauerin werden kann. Solche Degradierungen habe ich während meiner künstlerischen Tätigkeiten immer wieder erlebt.“

Von der Inklusion sind wir Meilen entfernt

Diskriminierung, Globalisierung, Grenzen sowie Barrieren sind gesellschaftliche Themen, die in ihrem Werk deutlich resonieren. Zorka ist weltweit bekannt, ist aber hauptsächlich in Deutschland tätig. Sie offenbart, dass sie Heimatgefühle in der Slowakei verspürt, sich in Deutschland aber einfach freier fühlt. Diesen Gedanken führt sie weiter aus: „Hier sind viele Sachen für mich selbstverständlich, die mir erst bewusst werden, wenn ich längere Zeit in der Slowakei verbringe. Oft kann ich es gar nicht nachvollziehen, wie Leute in einem so schlecht funktionierenden Staat leben können und sich nicht wehren. Es macht mich verrückt. Das größte Problem war für mich immer die offensichtliche Korruption, die Unfähigkeit sie zu bekämpfen, die Unmengen an staatlichen Geldern, die einfach in den privaten Taschen der slowakischen Oligarchen versickern. Das gesamte Kranken- und Schulwesen ist dagegen unterfinanziert und es gibt kein Geld für Forschung usw. Es ist eine lange Liste von Unterschieden, die mir immer wieder auffallen.“

In Deutschland laufe auch nicht alles glatt, aber in vielerlei Hinsicht besser, meint Zorka. Sie würde sehr gerne zurückkehren, habe aber als schwerbehinderte Person in der Slowakei weniger Freiheiten, was etwa die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum betrifft. Sie ist überzeugt: „Von der sozialen Unterstützung und Rechten an Teilhabe, Inklusion und eingliedernden Möglichkeiten sind wir in der Slowakei Meilen weit entfernt und können viel von dem deutschen System lernen.“

Zorka Lednárová bei ihrer Arbeit

Optimistisch durch die Pandemie

Die Künstlerin freut sich über jedes Interesse an ihren Werken, besonders dann, wenn sie bei Ausstellungen mit Besuchern Gespräche über die Interpretation führen kann. Auch diese wurden allerdings durch die Pandemie deutlich eingeschränkt und ihr wurden so einige Striche durch ihre Pläne gemacht. Allerdings bleibt Zorka optimistisch und fügt schließlich hinzu: „Ich entwickle weiter neue Ideen und in diesem Sinne will ich auch dieses Jahr meistern. Die Einschränkungen sehe ich nicht als Feind, sondern als eine Möglichkeit und Herausforderung, weiterzuarbeiten.“

Ľudmila Glembová

(Fotos: Zorka Lednárová privat)