Märtyrerin Brigitte Irrgang vor 80 Jahren geboren
Vor 80 Jahren wurde in Krickerhau/Handlová Brigitte Julia Irrgang geboren. Durch Flucht und Vertreibung kam die Familie Irrgang im Sommer 1946 nach Loitz in Vorpommern. Der St. Michaelstag, der 29. September 1954, war der letzte Tag ihres Lebens. Abends nach dem Religionsunterricht fiel sie in die Hände ihres Mörders. Als Märtyrerin der Reinheit wurde die Karpatendeutsche Brigitte Irrgang in das Deutsche Martyrologium aufgenommen.
Beide Eltern von Brigitte Irrgang waren Karpatendeutsche: Der Vater Wilhelm Irrgang ist im Jahre 1907 in Göllnitz in der Unterzips geboren. Die Mutter Jolanta Paull stammte aus einer alteingesessenen Krickerhauer Familie, auch sie wurde im Jahre 1907 geboren. Beide waren als Lehrer tätig, die Mutter zuerst in Neuhau/Nová Lehota, dann kurz nach der Eheschließung im Jahre 1932 gemeinsam mit dem Ehemann Wilhelm in Krickerhau. Wilhelm Irrgang war in den Jahren 1933 bis 1944 Schulleiter der fünf deutschen Volksschulen. Die Familie hatte in Krickerhau vier Söhne und das fünfte Kind war Tochter Brigitte, die am 10. Februar 1943 in der von ihrem Vater erbauten Schule am Ring geboren wurde. Der fünfte Sohn Peter wurde während der Evakuation im Nordsudetenland geboren.
Moderne Schule am Ring
Die Eheleute Irrgang waren Lehrer mit großem Herz. Ihre Hauptaufgabe war die Sicherstellung eines geregelten Unterrichtes und Förderung des kulturellen Lebens in Krickerhau. Eine erste große Herausforderung war die Errichtung einer neuen Schule am Ring, weil die alte Schule hinter der Kirche baufällig geworden war. So entstand die modernste Schule des Hauerlandes, die den Direktor über eine Sprechanlage mit allen Klassen verband, neuzeitliche Lehrmittel besaß und über einen Turnsaal verfügte.
Wilhelm Irrgang kümmerte sich um die Errichtung einer slowakischen Schule in der Bergbaukolonie sowie um die neuerrichtete Berufs- und Fortbildungsschule für Bergleute. Da lernten Kinder ohne Berücksichtigung ihrer Nationalität.
Buntes Kulturleben
Neben den umfangreichen dienstlichen Aktivitäten bereicherten die Irrgangs auch das kulturelle Leben von Krickerhau. Im Jahre 1932 gelang es durch Unterstützung der Krickerhauer ein repräsentatives Kulturheim zu errichten. Neben dem zentralen großen Saal mit bis zu 800 Plätzen gehörte zu ihm eine modern ausgestattete Bühne mit Ankleideräumen. Außerdem gab es einen Orchestergraben, der auch Aufführungen mit höheren Anforderungen ermöglichte. Es war vor allem der junge Lehrer Wilhelm Irrgang, der dieses Kulturheim mit regem Leben füllte. Unter seiner Leitung entstand in Krickerhau die erste Musikschule. Er gründete ein Laientheater und einen Chor mit ausgezeichnetem Orchester. Irrgang war in Krickerhau auch im Arbeiterschachverein des Bergwerks aktiv. Als Gäste waren damals große Schachmeister wie der Schachweltmeister Alexander Aljechin (1927 – 1937), der Großmeister Efim Bogoljubov sowie Salo Flor (1936 der Zweite auf der Weltrangliste) zu Besuch.
Verschleppung, Flucht, Vertreibung
Die aktive Tätigkeit der Familie Irrgang in vielen Gebieten des Schul- und Kulturlebens in Krickerhau stoppten die politischen Wirren jener Zeit. Wie viele andere Deutsche wurde Wilhelm Irrgang von den Partisanen verschleppt und entging nur knapp dem Tod. Ihm ist es vor allem auch zu verdanken, dass fast 2000 Kinder aus dem Hauerland vor der heranrückenden Front evakuiert werden konnten. Durch Flucht und Vertreibung kam die Familie im Sommer 1946 nach Loitz in Vorpommern, in die Sowjetzone, einem Städtchen an der Peene, nicht weit von Greifswald entfernt.
Durch den Glauben verbunden
Trotz der antikirchlichen Atmosphäre und des massiven politischen Drucks des kommunistischen Regimes, da der Vater als Direktor der Oberschule arbeitete, lebte die Familie als katholische Christen. Am 27. Juli 1952 empfing Brigitte in der Demminer Pfarrkirche „Maria Rosenkranzkönigin“ die Erstkommunion. Zwei Jahre später sollte am St. Michaelstag, dem 29. September 1954, mit elf Jahren der letzte Tag ihres Lebens sein. Abends fiel sie nach dem Religionsunterricht in die Hände ihres Mörders. Der Sexualmörder konnte bald ergriffen werden.
Ins Martyrologium aufgenommen
In seinem Schreiben „Tertio millenio adveniente“ rief Papst Johannes Paul II. dazu auf, das leuchtende Beispiel all jener aufzulisten und zu betrachten, die einen gewaltsamen Tod auf sich nahmen und darin Zeugnis für Christus ablegten. Jedes Land sollte für das vergangene Jahrhundert ein solches Verzeichnis erstellen. Als Märtyrerin der Reinheit wurde die Karpatendeutsche Brigitte Irrgang im Herbst 1999 in das Deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen und am 7. Mai 2000 in Rom zusammen mit allen Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts gefeiert. Sie erhielt aber als Glaubenszeugin der Reinheit eine besondere Auszeichnung und Ehrung. Ihr Grab befindet sich auf dem Loitzer Kampfriedhof und der 29. September ist ihr Gedenktag. Ihr Grabstein enthält die Inschrift: „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen.“
Einladung zum Brigitte-Tag 2023
Zum 80. Geburtstag von Brigitte Irrgang veranstaltet der Brigitte-Irrgang-Freundeskreis e. V. gemeinsam mit dem Stadt- und Pfarramt in Krickerhau, dem SNM-Museum der Kultur der Karpatendeutschen und der OG des Karpatendeutschen Vereins am 11. März 2023 den Brigitte-Tag 2023. Um 10.30 Uhr findet die heilige Messe in der Kirche am Ring statt, danach kommen die Teilnehmer um 12 Uhr an der Gedenktafel unweit von Brigittes Geburtshaus zusammen. Am Nachmittag finden im Kulturhaus am Ring kurze Vorträge statt. Sie sind herzlich eingeladen!
O. P.