Marek Tkáč: „Wie schön, dass bei uns immer noch Karpatendeutsche leben“
Als Zugbegleiter bei der slowakischen Bahn ist Marek Tkáč viel unterwegs. Eine große Leidenschaft ist für ihn aber auch die deutsche Sprache und er interessiert sich besonders für die karpatendeutsche Minderheit. Im Karpatenblatt-Gespräch erklärt er, wie er den Karpatendeutschen Verein kennengelernt hat, was er bei seiner Arbeit erlebt und welche Destinationen er in Deutschland und in seinem Heimatort empfiehlt.
Wir haben uns im Museum in Kesmark/Kežmarok bei der Eröffnung einer Ausstellung über deutsche Presse in der Slowakei getroffen. Wie bist du auf das Karpatenblatt und den KDV aufmerksam geworden?
Zuerst muss ich erklären, warum Deutsch meine Lieblingssprache ist. Ich habe Deutsch in der Sprachschule gelernt und dort habe ich meiner Lehrerin immer gesagt, wie schön es ist, dass bei uns immer noch Karpatendeutsche leben. Sie hat mir einmal das Karpatenblatt gegeben und so bin ich auf das Magazin und den Karpatendeutschen Verein aufmerksam geworden. Ich war sehr froh, dass unsere deutsche Minderheit immer aktiv ist und sich weiter für ihre Kultur interessiert. Das finde ich großartig!
Du bist ständig unterwegs. Wie muss man sich deinen Job vorstellen?
Ich bin Zugbegleiter bei der Bahn, meistens auf der Hauptstrecke zwischen Preßburg/Bratislava und Kaschau/Košice. Ich arbeite hier schon seit achteinhalb Jahren und so bin ich ständig unterwegs, wie du gesagt hast. Die Fahrt dauert ungefähr fünf Stunden und die gleiche Zeit zurück. Als Zweitjob arbeite ich als Referent im Touristeninformationszentrum der Stadt Deutschendorf/Poprad. Dort informiere ich die Touristen und bediene zusätzlich unsere Besucher im Kino Tatran oder unsere Mitbürger, wenn sie Informationen von uns brauchen.
Aber du hast etwas Anderes studiert. Was hast du studiert und warum hast du dich für die jetzige Arbeit entschieden?
Ich habe Ökonomie, Regionalentwicklung und europäische Integration an der Wirtschaftsuniversität in Preßburg studiert. Als Kind bin ich sehr oft mit meinen Eltern ins Ausland gereist. Es hat mich immer fasziniert, wohin die Züge fahren. Interessant war es auch, weil die Züge verschiedene Wagen hatten und das Zugpersonal eine schöne Uniform trug. Ich liebe es auch, Fremdsprachen zu lernen und in meiner Arbeit braucht man alles, was ich mag!
Was bedeutet für dich diese Arbeit?
Für mich bedeutet diese Arbeit sehr viel. Sie macht mir wirklich Spaß und ich kann Menschen helfen, verschiedene Situationen zu lösen und viele unterschiedliche Menschen treffen.
Auch in deiner Freizeit bist du viel unterwegs. Wo warst du diesen Sommer bereits?
Diesen Sommer war ich in Frankreich, in Lourdes, in den Pyrenäen. Ich kann nur empfehlen, dort Gavarnie zu besuchen. Ich bin dann mit dem TGV-Hochgeschwindigkeitszug weiter nach Paris gefahren. Der Zug kann eine Geschwindigkeit von über 300 Kilometer pro Stunde erreichen. Ich war einfach begeistert. Und ich war auch in Polen. Polen ist in der letzten Zeit sehr modern und reicher geworden!
In deiner Arbeit hast du sicher auch schon viele spannende Situationen erlebt. Was war das Witzigste und was das Traurigste?
Es gibt viele Situationen. Sehr witzig ist, wenn betrunkene Frauen mit uns reisen oder wenn unsere Fahrgäste sich etwas ausdenken, warum sie keine Fahrkarte haben. Zum Beispiel sagte ein Mann einmal: „Ich hätte gerne die Fahrkarte am Bahnhof in Tatralomnitz/Tatranská Lomnica gekauft, aber die Verkäuferin war nicht zu Hause“ oder ein anderer Fahrgast, der die Fahrkarte nur bis Kesmark/Kežmarok hatte: Er hätte dort aussteigen sollen, wollte aber kostenlos weiter nach Deutschendorf/Poprad fahren. Er hat dann gesagt, dass er die Fahrkarte nach Deutschendorf kaufen wollte, aber unsere Mitarbeiterin zu wenig Zeit hatte, um die Fahrkarte dorthin auszudrucken. Er wollte mir erzählen, dass es länger dauert, eine Fahrkarte nach Deutschendorf auszudrucken als eine nach Kesmark. Das Traurigste war, als ein junger Mann zum Zug geeilt ist, er unter den Zug gefallen ist und der Zug ihm beide Beine abgeschnitten hat. Er lebt aber weiter.
Ich weiß, dass du auch die Städte in Deutschland magst. Welche Empfehlung hast du diesbezüglich für unsere Leser?
Deutschland ist wunderschön, alle Großstädte sind großartig, aber für mich war Rothenburg ob der Tauber in Bayern die schönste Kleinstadt. Dort wurde das Märchen Pinocchio gedreht. Dann Lindau am Bodensee oder Lüneburg in der Nähe von Hamburg, Münster in Nordrhein-Westfalen, Ulm in Baden-Württemberg und die Hansestädte wie Lübeck oder Bremen und natürlich die Insel Sylt.
Zurück zu deiner Heimat. Du lebst in Deutschendorf/Poprad. Das ist auch ein Gebiet, in dem die Karpatendeutschen lebten und leben. Was ist für dich der interessanteste Ort, den du dort mit den Karpatendeutschen verbindest?
Für mich ist der interessanteste Ort der Stadtteil Georgenberg/Spišská Sobota mit seinen historischen Häusern. Dort gibt es viele wirklich großartige Restaurants, Cafés und Pensionen. Alles sieht wunderschön aus. Vor dem Jahr 1945 war die Mehrheit der Einwohner deutschsprachig. Interessant ist auch der Stadtteil Felka/Veľká, dort besuche ich gerne das Café „Cat Café Club“ mit seinen vier wunderschönen Zuchtkatzen, die sehr elegant sind. Recht schön ist auch der Stadtteil Blumental/Kvetnica mit seinem Park, den historischen Sanatorien und zwei Kapellen – die alte ist hölzern und die neue supermodern. Das muss man auch sehen. Und natürlich das Stadtzentrum von Deutschendorf mit dem Touristeninformationszentrum.
Das Gespräch führte Hubert Kožár. Für die Reihe „KDJ auf ein Wort“ spricht er mit jungen und junggebliebenen Leuten über die deutsche Sprache, die deutsche Minderheit und ihre Interessen.