(M)Eine Vision für die Zukunft

Zum 30. Jubiläum der deutsch-slowakischen Beziehungen wagen wir einen Blick in die Zukunft. Die Karpatenblatt-Redaktion hat daher in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Slowakei mehrere Schreib-Workshops und einen Essay-Wettbewerb zu dem Thema „2053 – Deutschland, Slowakei und Europa. Eine Vision für die Zukunft?“ organisiert. Zahlreiche spannende Essays sind bei uns eingegangen und nach einer schwierigen Entscheidungsphase haben wir sechs Artikel zur Veröffentlichung ausgewählt. Einmal monatlich lesen Sie eine dieser sechs Visionen für unsere Zukunft. Welche davon Realität wird, liegt an uns.

Wenn es möglich wäre, einen Blick in die Zukunft zu werfen, um zu sehen, wohin uns unsere Entscheidungen bringen, würden wir das wahrscheinlich alle versuchen. Leider haben wir solche Fähigkeiten nicht, uns müssen unsere Fantasien genügen. Erst in 30 Jahren werden wir wissen, was davon Wirklichkeit geworden ist.

In dieser Welt zu leben heißt, in dieser Welt eine wichtige Rolle zu haben, auch wenn es manchmal nicht so scheint. Jeder Mensch hat einen eigenen Willen, der frei sein soll. Das, was wir im Moment sehen, muss nicht für immer so sein. Wir haben die Möglichkeit alles zu verändern. Große Veränderungen sind selten, aber ich glaube, dass es in den nächsten Jahren dazu kommt. Denn wir brauchen eine Veränderung, die eine Katastrophe verhindert. Unsere Erde braucht uns nicht, aber wir brauchen sie. Das wissen schon Kindergartenkinder, aber Erwachsene vergessen diese einfache Wahrheit manchmal.

Ich komme aus der Slowakei und muss keine Angst haben, etwas zu sagen. Aber was ist mit den Menschen, die sich nicht frei äußern dürfen und die Diskriminierung oder Schlimmeres befürchten müssen? Wir müssen uns nicht verstecken, weil wir frei sind – aber leider trifft das nicht auf alle Menschen zu.

In der Zukunft, im Jahr 2053, werden die Menschen mehr Verstand haben. Woher man kommt, wird keine Rolle spielen. Einzigartigkeit ist kein Verbrechen mehr, sondern das, was uns zusammenbringt, nicht das, was uns trennt.

„Lerne, sonst bleibst du dumm, und dann bist du für die Gesellschaft wertlos!“ Das haben viele von uns von den Erwachsenen gehört, als wir klein waren und unsere Hausaufgaben nicht machen wollten. Kinder sollen erwachsen werden, eine Arbeit finden. Und bis ans Ende ihrer Tage wird ihr Wert an ihrer beruflichen Position und ihrem Gehalt gemessen. Doch Menschen sind kreative Wesen! Das Leben ohne Kreativität, wie es manche in der Gegenwart führen müssen, stiehlt uns unsere Natürlichkeit. Das ist nicht gerecht, aber so funktioniert es noch immer. Die Zukunft bringt uns mehr Raum für unsere Individualität.

Ich freue mich schon, wenn ich älter bin und in Deutschland studieren werde. „Aber die deutsche Sprache ist gruselig und du willst Mathe auf Deutsch studieren? Das ist ja die Hölle!“ – So sieht es gerade mit der Popularität der deutschen Sprache unter den jungen Leuten aus. Immerhin finden sie Berlin cool, aber Deutsch brauchen sie nicht, weil ihnen Englisch reicht. Und so freue ich mich auf die Tage, wenn zwar Roboter alles übersetzen, jedoch die Menschen, die Sprachen wirklich kennen, unschätzbar sind. Technologien beherrschen Wörter, aber Gefühle werden für sie auch künftig unbekannt bleiben.

Mir ist klar, dass das alles so wahrscheinlich ist, wie Schnee im August. Und trotzdem wäre es schön, zu erleben, dass die Welt sich langsam verändert. Für heute habe ich noch eine Zukunftsvision: Wir begreifen uns als Menschen und werden verstehen, was es wirklich bedeutet, Mensch zu sein.

Von Alexandra Spitzková