Nomen est omen: der Ortsname Schwedler/Śvedlár

Seit fernen Zeiten kann man den Namen des einstigen Bergbau-Städtchens beziehungsweise der heutigen Gemeinde Schwedler, slowakisch Švedlár, in mehreren Urkunden und verschiedenartigen Dokumenten finden. Zugleich ist die Bezeichnung aber von einigen Rätseln und vielen Unklarheiten umhüllt.

In ältesten Handschriften findet man folgende Schreibweisen: „Swaidleres“, „Swaydleres“, „Schwaydleribus“, „Swaydleres“, „trium possessionum Suedler“, „Svaidlerinum“ oder aber „Zuadlery“. Anfang des 16. Jahrhunderts war man sogar bemüht, neben den angeführten Schreibweisen noch eine andere einzuführen: die etwas aus der Reihe tanzende Form „Schwedlerinum“.

Um 1638 taucht erstmals die Bezeichnung „Schwadler“ auf. Im Jahre 1808 treten sogar drei Formen nebeneinander auf: „Schwaedler“, „Schwadler“ und „Schwedler“. Später musste die ursprünglich deutsche Form in eine ungarische umgewandelt werden, woraus sich die ungarische Schreibform „Svedlér“ und ab 1919 auf ähnliche Art und Weise auch das slowakische „Śvedlár“ergaben. Aufgrund der großen Menge der Termini versuchten Historiker und Sprachwissenschaftler den Ursprung und die Bedeutung dieser Ortsbezeichnung zu ergründen sowie ihre Behauptungen zugleich wissenschaftlich zu untermauern.

Erste Fehlversuche und Dr. Gréb

Jedoch schlugen die ersten Versuche völlig fehl. Die überwiegende Mehrheit renommierter Forscher ging von der hiesigen mantakischen Bezeichnung „Schbadla“ aus, was sie auf einen Irrweg führte. Sie vermuteten dabei, dass diese aus der dualen Formbezeichnung „zba“ hervorging, wobei diese in der Unterzipser Mundart dem Hochdeutschen „zwei“ entspreche. Sie setzten demnach voraus, dass Schwedler aus zwei Siedlungen entstand. Wenn wir die Meinung von einem der größten Kenner und Erforscher der Zipser Problematik, Dr. Julius Gréb, zu Rate ziehen, so stellen wir fest, dass eine solche Lösung schon allein aus der Hinsicht der Lautlehre völlig unhaltbar ist.

In der Mundart von Schwedler müsste nämlich die Bezeichnung für zwei die Form „schbaa“ sein und nicht „zba“.

Ausräumung krasser Gegensätze

Damit stehen schließlich solche Auslegungen im krassen Gegensatz zum geschichtlichen Werdegang Schwedlers. Der Ort entstand aus Ober-, Mittel- und Unter-Schwaidler („Schwedler“) also nicht aus zwei, sondern aus drei Siedlungen, beziehungsweise Ortschaften. Klar zeigt dies die erste schriftliche Erwähnung aus dem Jahre 1338. Es handelt sich dabei um die Schenkungsurkunde des Königs Karl Robert I. aus dem Hause Anjou, in der er diese drei Ortschaften neben zehn anderen Dörfern in das gemeinsame Eigentum der Bergstädte Göllnitz (Gelnica) und Schmöllnitz (Smolník) übertragen hatte. Außerdem geht aus dem Gnadenbrief von König Ludwig I. aus dem Jahre 1375 hervor, dass „Zuadleri“zu densieben untertänigen Dörfern von Göllnitz gehört.

Ein erhellendes Licht in dieses Begriffsgestrüpp brachte der Historiker und Mundartforscher Dr. Julius Gréb. In einem 1936 im damaligen Periodikum „Karpathenland“veröffentlichten umfangreichen Artikel hat er die angeführte Problematik genau abgehandelt.

Grébs verdienstvolle Forschungsergebnisse

Er erforschte eingehend die ältesten Formen der Namensbezeichnungen dieser Lokalität, vor allem aus grammatikalischer Sicht – namentlich die Formen „Schwaydleres“ und „Schwaydleribus“. Diese treten bereits seit 1332 auf – in der urkundlich belegten Schmöllnitzer-Hotter-Umgrenzung aus demselben Jahre.

Professor Gréb kommt zu der Erkenntnis, dass der Ursprung des Namens unserer Gemeinde im althochdeutschen Zeitwort „swiden“, den altnordischen Formen „svida“, „sweid“, „swaid“ wurzelt. Diese bezeichnen inhaltlich etwas schweißen, schmelzen, brennen. Ebenso geht er von dem berufsbezeichnenden mittelhochdeutschen Zeitwort „learere“ bzw. „lerere“ und dessen frühneuhochdeutschen Form „lerer“ aus, was zu jener Zeit zur Bestimmung der Fülle verwendet wurde.

Ursprünglich lautete dieser Namen noch „Schwaydelaere“ (später „Schwaydeler“) und bezeichnet den Beruf eines Köhlers, also jemand der Holz in einem Kohlenmeiler verschwelt. Die Korrektheit dieser Behauptung belegt Dr. Gréb auch mit der erwähnten Schmöllnitzer-Hottern-Umgrenzung. Diese beinhaltet sowohl den genau angegebenen Wohnort als auch die diesbezügliche, von ersten hiesigen deutschen Ansiedlern bereits bewohnte Lokalitätsbestimmung.

Und im bereits erwähnten Gnadenbrief des Königs Ludwig I. aus dem Jahre 1375 wird schließlich der Ausdruck „Zuadleri“ zu Papier gebracht.Wo liegt also der Hund begraben?

Hierbei muss wiederum die Sprachwissenschaft zu Rate gezogen werden. Sie liefert folgende aufschlussreiche Erklärungen: In den erwähnten Urkunden handelt es sich um die Termini „in spacio Zunsel“ resp. „In spacio (…) ad Schwaydleres“. Das lateinische „spacio“ bedeutet Ort, Grund- oder Flurstück, was klar bezeugt, dass zu jener Zeit solche Ausdrücke wie „Zunsel“ und „Schwaydleres“ bereits Hotternamen für Felder oder Fluren waren.

Das Wort Zunsel“ ist älterer südschwäbischer Herkunft. Es bedeutet Zündspan, also einen Holzspan zum Anzünden. Die Wortverbindung „spacio Zunsel“ bezeichnet demnach einen Ort, an dem die Köhler früher unter ihren Holzmeilern Feuer machten, indem sie diese mit „Zunseln“ anzündeten, um so Kohle brennen zu können.

Das geht auch aus dem Lateinischen „Et ibi rivuli coonfluunt in spacio, quod Zunsel teutonice dicitur, quod Schwaydlers“ hervor. Dies kann man in der deutschen Fassung auf einer Urkunde lesen, die im Gemeindearchiv von Einsiedel an der Göllnitz aufbewahrt wird. Darauf steht: „Ort, wo von fernher die Bäche Kupfergrund und Hägengrund ineinander münden und auf Deutsch Zunsel oder Schwaydlern genannt wird.“ Jedenfalls bezeichnen Zunsel und Schwaydler dasselbe, nämlich einen Ort oder besser gesagt Orte, wo die Köhler einst ihre Feuer unter ihren Meilern legten, um damit Holzkohle zu gewinnen. Jedoch fällt die Pluralendung im Ausdruck „Schwaydlern“ auf, sie birgt aber zugleich mehrere Rätsel.

svedlar
Auszug aus dem Stadtbuch von Schwedler

Der oder das Schwedler

„Schwaydleres“ ist eben eine latinisierte Form des mundartlichen Ausdrucks „da Schbadla“, also „der Schwedler“, wobei beide Ausdrücke maskuline Form haben. In der Mundart hat sich sogar bis heute diese maskuline Form erhalten. Man sagt „da Schbadla“ also der Schwedler, was zwar slowakisch korrekt ist, nicht aber auf Deutsch, wo doch Ortsnamen im Neutrum stehen.

Dazu liefert wieder Dr. Gréb eine Erklärung. Dem Ausdruck „in spacio ad Schaydleres“, dem wir in alten Urkunden oft begegnen, entspricht eben im lebendigen deutschen Sprachgebrauch das Kompositum „Schbadlaort“ oder „Schbadlaplatz“, also „Schwedlerort“. Dies bezeichnete die Arbeitsstätte eines Köhlers. „Ort“ ist als hinzugedacht zu betrachten, da doch zu dieser Zeit jeder wusste, was mit einer Kohlenbrennerei gemeint war.

Auch die dritte Bedeutung von „spacio“, nämlich Raum, wird in maskuliner Form verwendet. Jedenfalls sind in Deutsch fast alle solche Ausdrücke männlichen Geschlechts. Dies klärt eindeutig, wieso sämtliche Geschlechtsbezeichnungen des Namens unserer Gemeinde Schwedler in unserem Unterzipser Dialekt ganze Jahrhunderte hindurch bis heute ihre maskuline Form erhalten haben.

Solche Wortverbindungen sind Begleiterscheinungen des Sprachbewusstseins, Reste älterer Sprachstufen und leben in unserem Sprachbewusstsein weiter, wenn auch unbewusst. Es handelt sich dabei um ein ganz natürliches Sprachphänomen.

Schlussfolgerung

Diese wissenschaftlich fundierte und klare Auslegung des Ursprungs der Namensbezeichnung der Gemeinde Schwedler wird umso offensichtlicher, je mehr wir den ganzen geschichtlichen Werdegang unserer Gemeinde näher betrachten.

Die ersten deutschen Siedler haben sich auf dem Gebiet von Schwedler als Bergleute niedergelassen, wo sie Gruben und Schürfstellen entdeckten und diese offenlegten. Da sie zum Erzgewinn und Erzschmelzen dringend Brennstoffe brauchten, haben sie mit der Produktion von Holzkohle begonnen. Demnach erbauten sie neben ihren ersten Wohnstätten dazu vorgesehene Holzmeiler für die Herstellung von Kohle. Das ermöglichte ihnen zunächst das Überleben und führte später zum Aufblühen des Bergbaus. So haben sie Ober-, Mittel- und Unter-Schwedler gegründet und später in ihrer Wahlheimat Wurzeln geschlagen. Daraus hat sich diese einstige Dreiortschaft „Zunseln“ oder „Schwaydlern“ von einem Dorf zu einem stolzen Bergbaustädtchen namens Schwedler entwickelt. Der Dichter fasst all dies in aller Kürze zusammen, nämlich in drei Worten: Nomen est omen.

Oswald Lipták