Pfarrer und Schriftsteller – Franz Ratzenberger (1863-1930)
Vielleicht wäre Franz Ratzenberger ein guter Tischler geworden, so wie es der Vater wollte. Für die damalige Zeit kam er spät auf das Gymnasium, studierte, wurde Pfarrer und fand seine Berufung schließlich nicht nur als Seelsorger, sondern auch als Heimatdichter in der Unterzipser Mundart.
Welchen Beruf soll ein Sohn ergreifen, wenn der Vater Tischlermeister ist? Für den am 23. August 1863 in Schwedler/Švedlár geborenen Franz Ratzenberger schien die Zukunft vorbestimmt.
Aber bald erkannten die Eltern, dass ihr Sohn nicht das handwerkliche Erbe antreten kann. Franz interessierten mehr die Bücher als die Werkzeuge und so schickte man ihn als 13-Jährigen doch noch auf das Gymnasium. An seiner späteren Entwicklung hat auch der Schwedler Pfarrer Adolf Lumnitzer (1815-1878), der Autor des Zipser Lobliedes „E jeder läubt sein Voterland“, Anteil.
Gymnasium und Universität
In den acht Jahren am Gymnasium in Zipser Neudorf/Spišská Nová Ves bewies Franz, dass er hier besser aufgehoben war als an der Hobelbank. Anschließend studierte er vier Jahre an der evangelischen theologischen Akademie in Eperjes/Prešov.
Um das Studium zu finanzieren, gab er Privatunterricht. Nach dem Abschluss der Pfarrerprüfung mit „vorzüglichem“ Prädikat folgten 1888 für ein Jahr weitere Studien an der 1456 gegründeten Theologischen Fakultät der Universität Greifswald.
Szirmay Stipendiat
Dem jungen Franz Ratzenberger war das Studium an der Greifswalder Universität dank eines Stipendiums möglich. Dieses Stipendium ging auf eine Initiative des Nikolaus Szirmay (1652-1720) aus dem ungarischen Adels- und Grafengeschlecht Szirmay de Szirma zurück und wurde bis 1945, also über mehr als 200 Jahre, vergeben.
Es erhielten ungarische Studenten der evangelischen Augsburger Konfession. Baron Nikolaus Szirmay hatte 1705 den schwedischen König Karl XII. nach dem schwedischen Einmarsch in Polen im Feldlager in Rawitsch bei Posen besucht und ihn gebeten, „sich der bedrängten Evangelischen Kyrche in Ungarn“ anzunehmen.
Kaplan, Lehrer und Pfarrer
Aus Greifswald, das damals zu Schwedisch-Pommern gehörte, zurückgekehrt, war Ratzenbergers erste Arbeitsstelle die des Kaplans im nördlich von Kesmark/Kežmarok gelegenen Topperz/Toporec. Bereits ein paar Monate später wurde er nach Tscherwenka in die Vojvodina versetzt. Nach drei Jahren, 1893, kam er nach Leutschau/Levoča und damit zurück in die Zips.
Hier wirkte Franz Ratzenberger als Pfarrer und Volksschullehrer. Letzteres sicherte ihm ein bescheidenes, aber festes Gehalt.
In seiner Ehe mit Hermine Schmidt wurden zwischen 1895 und 1904 drei Töchter geboren. Bis 1908 lebte er mit der Familie in Leutschau, bis sich sein Wunsch, eine eigene Pfarrei zu leiten,endlich erfüllte. Ratzenberger wurde nach Zipser Bela/Spišská Belá berufen, wo er bis zu seinem Tod am 1. Dezember 1930 tätig war.
Der Mundartdichter
Der feingeistige Franz begann bereits als Gymnasiast mit dem Schreiben von Gedichten. Er kannte die Werke der Mundartdichter Lindner (1826-1902) und Weber (1843-1915) und stand später insbesondere mit Lindner in Kontakt. Er fand aber zu einem eigenen Stil,der sein Empfinden für Natur und Menschen in der Zips und deren Bräuche widerspiegelt.
Seine Gedichte sind treffend und von Humor gekennzeichnet, wie etwa sein „De Amerikana“. Sie wurden vor allem im „Zipser Boten“ abgedruckt.
Mit dem KDV über Berg und Tal
Erst 1935, nach Ratzenbergers Tod, erschien die Gedichtsammlung „Iba Pëag ond Tol“ in Buchform. Die Herausgeber, J. Gréb und J. Loisch, nahmen diese hochverdiente Würdigung des Mundartdichters vor.
Gegenwärtig bemüht sich der KDV um die Herausgabe der Gedichte in Hochdeutsch und in der leichter lesbaren lateinischen Schrift.Gratulation zu diesem Vorhaben, das vom in Stoß/Štós geborenen Ladislaus Sohler initiiert und vorbereitet wurde!
Dr. Heinz Schleusener