Seelsorger Samuel Augustini ab Hortis
Über Samuel Augustini ab Hortis liegen heute, mehr als 350 Jahre nach seiner Geburt, einige interessante Informationen vor. Trotz seiner einstigen Berühmtheit ist unser Wissen über ihn nicht vollständig. Im Vordergrund der erhaltenen Dokumente steht seine unermüdliche Arbeit als Seelsorger.
Aus historischen Dokumenten ist zu entnehmen, dass Samuel am 26. September 1678 in Groß-Lomnitz/Veľká Lomnica als Sohn von Renatus Augustini ab Hortis und Christina Mattyasovszky geboren wurde. Für dieses Datum enthalten die Kirchenbücher dieser Zeit viele Lücken und bestätigen es daher nicht. So existieren zum Beispiel im Taufbuch von Kesmark/Kežmarok für die Jahre 1670 bis 1678 keine Einträge.
Allerdings findet man dort den gut lesbaren Taufeintrag für Samuels Vater Renatus aus dem Jahr 1627. Die Augustinis waren eine bekannte Familie. Großvater Christian Augustini, ein berühmter Arzt, wurde von Kaiser Ferdinand II geadelt. Auch der Nachkomme Samuel jun. (1729-1792) war hoch geachtet.
Onkel ersetzt Eltern
Samuel Augustini verlor bereits im Kindesalter beide Elternteile. Dies schien der Entwicklung des hoffnungsvollen Jungen schon früh Grenzen zu setzen. Sein Oheim David von Mattyasovszky, also der Bruder seiner Mutter, nahm sich aber seiner an und zog ihn wie ein eigenes Kind auf.
Ein anderer Mattyasovszky, Ladislaus (1641-1705), war Bischof von Neutra/Nitra und von 1696 bis zu seinem Tod ungarischer Kanzler. Samuel schloss seine Studien erfolgreich ab, zunächst in Kesmark, dann in Schnittnich/Štítnik und Debreczin/Debrecín.
Vom Schreiber zum Sekretär
Nach dem Ende der Ausbildung wollte er möglichst schnell eigenes Geld verdienen. Da bot sich ihm eine Stelle als Schreiber beim Debrecziner Postamt an. So begann sein Berufsleben mit einer Tätigkeit, die ihm bald zu eintönig und zu schlecht bezahlt erschien.
Besseren Verdienst brachte danach die Stelle als Sekretär des Grafen Károlyi. Dieses Geschlecht zählt zu den ältesten ungarischen Adelsfamilien. Der erste Ministerpräsident Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg war ein Károlyi – Graf Mihály (1875-1955).
Bei den Károlyis konnte Samuel seine Fähigkeiten besser zur Geltung bringen.
Mit Erfolgen zum Leutnant
Trotzdem wurde er auch dort nicht glücklich. Etwas in ihm ließ ihn weiter nach der ihn erfüllenden Tätigkeit suchen. Im Hause des Grafen wurde mit Hochachtung über die ungarischen Soldaten gesprochen. Das könnte ein Grund dafür gewesen sein, dass Samuel nun eine militärische Laufbahn einschlug.
Der Kuruzenaufstand unter Fürst Franz II. Rákóczi gab ihm bald genügend Gelegenheiten, Mut und Tapferkeit gegen die Aufständischen zu beweisen. Mit den Erfolgen stieg er in der Karriereleiter Schritt für Schritt bis zum Leutnant. Das Schicksal erlöste ihn von der eigenen Entscheidung, ob er nun dem Soldatenberuf treu bleiben sollte. Sein Regiment wurde plötzlich aufgelöst und so kehrte er nach Groß-Lomnitz zurück.
Selbststudium zum Theologen
Die bislang gemachten Erfahrungen wiesen ihm schließlich den richtigen Weg. Er kam zu dem Entschluss, zukünftig Gottes Wort zu predigen. Dazu musste er zunächst an sein in der Schule erworbenes Wissen anknüpfen und im Selbststudium weiteres erwerben.
Er zog sich zurück und lernte entschlossen für sein Ziel. Die Geistlichen der Gemeinde und Umgebung verfolgten seine Anstrengungen und unterstützten ihn. Sein Name und adliger Stand waren sicher dabei hilfreich.
Prediger in Gerlsdorf/Gerlachov
Im Alter von 30 Jahren hatte er sein Ziel erreicht. Er wurde zum Priester geweiht. Seinen ersten Einsatz als Prediger bekam er in Gerlsdorf/Gerlachov. Zwei Jahre war er hier tätig. Nach Gerlsdorf folgte seine zweite und auch letzte Station als Seelsorger. Sie führte ihn 1710 nach Deutschendorf, wo er 45 Jahre wirkte. Zu dieser Zeit litten die evangelischen Gemeinden der XIII königlichen Zipser Städte unter den ihre Glaubensausübung einschränkenden Bestimmungen Polens.
Diese Zipser Städte (Leutschau und Kesmark zählten als königliche freie Städte nicht dazu) waren 1412 von Sigismund, dem Sohn des Kaisers Karl IV., der durch seine Heirat mit Maria von Ungarn die ungarische Krone erhielt, an den polnischen König Jagiel Wladislaw verpfändet worden. Erst im Jahr 1769 kamen sie durch eine Militäraktion zu Österreich-Ungarn zurück. Eine der merkwürdigen Einschränkungen der polnischen Regierung war, dass zwar evangelische Gottesdienste in Privathäusern stattfinden, aber evangelische Prediger in ihrer Gemeinde keinen festen Wohnsitz haben durften. Samuel Augustini konnte daher nicht in Deutschendorf wohnen.
Neun Kilometer zu Fuß zur Kirche
Das Haus der Familie in Groß-Lomnitz lag nun nicht sehr weit von Deutschendorf entfernt, aber immerhin neun Kilometer. Samuel lief am Sonnabend nach Deutschendorf, regelte administrative Dinge, übernachtete dort und hielt am Sonntag in der dortigen Kirche die Predigt. Danach ging es wieder zu Fuß zurück.
Allein für den leichteren Hinweg, so wird berichtet, benötigte er etwa 1,5 Stunden. Über vier Jahrzehnte war ihm dieser Weg bei jedem Wetter nicht zu schwer. Der Gemeinde blieb er auch deshalb lange in Erinnerung.
Dr. Heinz Schleusener