Silvia Ruppeldtová: „Am Übersetzen mag ich das Spiel mit der Sprache“

Neben dem Übersetzen schreibt sie, hat als Archäologin in mehreren Teilen der Welt gearbeitet, liebt nicht nur die hispanische Literatur und betrachtet Sprachen als Tor zu einer unbekannten Welt. Im Karpatenblatt-Interview verrät Silvia Ruppeldtová, wie sich die journalistische Tätigkeit mit der Liebe zur Poesie und der Leidenschaft für Archäologie verbinden lässt.

Sie sind Übersetzerin und Journalistin und waren auch als Archäologin tätig – wie ist es möglich, all diese Berufe zusammenzubringen?

Für mich ist das eigentlich ganz natürlich und ich bin der Meinung, dass die Bereiche, mit denen ich mich beschäftige, nicht besonders unterschiedlich sind. Zuerst habe ich Drehbuch und danach Archäologie studiert. Ich stamme aus einer Familie, in der wir uns viel mit Literatur und der Arbeit mit der Sprache beschäftigt haben. Im Rahmen meiner Studien habe ich mich nicht festgelegt, wo ich arbeiten werde. Ich habe eigentlich studiert, um mehr zu erfahren. Im Allgemeinen arbeite ich mit der Sprache und ich kann sagen, dass es für mich auch eine Frage der Tradition war. Ich bin der Meinung, dass für die Arbeit mit der Sprache gilt: Je breiter das Studium an sich ist, desto besser. Bei der Studienwahl habe ich nicht über die Zukunft nachgedacht, ich habe das als etwas Sekundäres betrachtet. Das wäre für mich eine Beleidigung des Studiums gewesen, es aus so einer materialistischen Sicht zu sehen.

Ursprünglich haben Sie Dramaturgie und Drehbuch an der Hochschule für Musische Künste in Preßburg/Bratislava studiert, später haben Sie sich aber für das Archäologiestudium entschieden und als Journalistin gearbeitet. Wie sind diese neuen Wege entstanden?

Schon als ich klein war, habe ich griechische Mythologie geliebt und war in das antike Griechenland und besonders in Pallas Athene verliebt, die für mich ein Vorbild hinsichtlich ihrer Weisheit war. Ich war schon als Kind sehr eng mit der Geschichte verbunden, Ausgrabungen haben mich fasziniert. Als ich mehr darüber erfahren habe, wollte ich auch gerne Archäologin werden. Für das Studium des Drehbuchs habe ich mich vor allem entschieden, weil ich wusste, dass ich dort viel schreiben werde. Ich habe mich aber schon während des Studiums auf die Suche nach verschiedenen Stipendien gemacht. Dank denen konnte ich parallel Sprachen und Literatur studieren – sei es in Spanien, Russland oder auf Kuba. Als ich dann mein Studium an der Hochschule für Musische Künste beendet hatte, wurde mir klar, dass ich weiter studieren muss. Die Archäologie schien mir eine tolle Möglichkeit, nicht nur materielle Kultur, sondern auch. Mythologie, Ägyptologie oder Kulturologie zu studieren. Ich habe an mehreren Studienaufenthalten im Ausland teilgenommen, hatte aber wieder das Gefühl, dass das allein kein Beruf für mich ist. Damals habe ich aber schon viel geschrieben, Filme und audiovisuelle Werke übersetzt.

Ihnen ist es auch gelungen, literarische Übersetzungen zum Leben zu bringen. Wie ist Ihr Weg zum Übersetzen verlaufen?

Mein Weg zum Übersetzen hat mit meinen Eltern angefangen, die sich dem Übersetzen aus dem Englischen, Russischen oder aus dem Spanischen gewidmet haben. Ich war schon immer sehr fasziniert vom Spanischen und im Grunde habe ich auch von ihnen gelernt. Später konnte ich ihnen helfen und mir dieses Handwerk aneignen. Dann habe ich angefangen, Filme für das Fernsehen zu übersetzen, aber ich habe es eher als Gelegenheit gesehen, während meines Studiums Geld zu verdienen. Allmählich hat sich das dann geändert und ich habe angefangen, viele Filme zu übersetzen – vor allem Dokumentarfilme. Ich erinnere mich, dass ein großer Durchbruch beim Übersetzen war, dass ich Französisch gelernt habe. Ich muss sagen, dass die französische Sprache mir die Tür zu etwas ganz Neuem geöffnet hat, zum Beispiel im Kontext der französischen Literatur. Ich hatte sie vorher nie im Original gelesen, aber dann konnte ich es. Ich habe auch angefangen, viele französische Dokumentarfilme zu übersetzen und war einfach stolz auf mich. Als ich mich dann bewährt hatte, wurden mir auch Buchübersetzungen aus dem Französischen angeboten. Ich erinnere mich, dass ich vor meiner ersten Übersetzung großen Respekt hatte.

Silvia Ruppeldtová ist als Essayistin und Übersetzerin tätig.

Was macht Ihnen an der Arbeit als Übersetzerin am meisten Spaß?

Definitiv das Thema des Werks. Ich habe das Glück, dass mir gefällt, was ich übersetze und die Übersetzungen thematisch interessant sind. Wenn es sich um einen literarischen Text handelt, mag ich eigentlich das Spiel mit der Sprache an sich. Viele Leute denken, dass Übersetzen bedeutet, die Fremdsprache gut zu beherrschen, aber in Wirklichkeit müssen Sie die Sprache, in die Sie übersetzen, fließend beherrschen, das heißt, dass Slowakisch die Sprache sein muss, die ich am besten spreche. Im Slowakischen muss ich nach Entsprechungen suchen und gleichzeitig darauf achten, dass die Sprache schön und natürlich klingt und die Dynamik und das, was der Autor hineinsteckt, einfangen.

Sie haben auch einen besonderen Bezug zur hispanischen Kultur und Literatur. Wie ist er entstanden?

Spanisch war die Lieblingssprache meines Großvaters, den ich sehr geliebt habe. Er hat in den 1960er Jahren als Journalist gearbeitet und fünf Jahre in Südamerika gelebt. Als ich klein war, hat er mir oft davon erzählt und er hat mir Filme gezeigt, die er dort gemacht hat. Gleichzeitig hat er Peru sehr geliebt und er hat diese Liebe für die hispanische Welt tatsächlich auf mich übertragen. Er war begeistert von der spanischen Sprache und hat ihr viel Zeit gewidmet. Selbst als er später krank wurde und nichts zu tun hatte, hat er spanische Wörterbücher gelesen und schwärmte von den schönen grammatikalischen Konstruktionen.

Es ist beachtlich, wie viele Sprachen Sie sprechen. Wie ist Ihre Beziehung zur deutschen Sprache?

Deutsch war meine erste Fremdsprache, später kamen Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Französisch dazu und ich spreche auch Russisch. Was Deutsch betrifft, so gehöre ich zu den Menschen, die Deutsch als einen natürlichen Bestandteil Mitteleuropas, aber auch der slowakischen Kultur betrachten. Für mich persönlich war es ein wichtiger Moment, Deutsch zu lernen, als wir in der Schule ein Gedicht auswendig lernen mussten und ich damals ein Gedicht von Goethe gelernt habe. Ich erinnere mich, dass ich mich in die deutsche Sprache verliebt habe, als ich Gedichte gelernt habe. Allgemein betrachte ich Sprachen als ein imaginäres Tor zu einer neuen Kultur. Sie haben mir geholfen, mich auf das zu konzentrieren, was mich interessiert. Ich bin der Meinung, dass Poesie ein absolut entscheidender Schlüssel zu einer Sprache und zu deren Verständnis ist. Ich habe fast jede Sprache durch die Poesie gelernt. Als ich zum Beispiel Französisch gelernt habe, habe ich Chansons gespielt. Meine französischen Freunde haben über mich gelacht und gemeint, dass ich wie Verlaine rede.

„Allgemein betrachte ich Sprachen als ein imaginäres Tor zu einer neuen Kultur“, sagt die Übersetzerin zu ihrer Beziehung zu Fremdsprachen.

Die slowakischen Leser kennen Sie vielleicht auch als Essayistin oder Kommentatorin der Tageszeitung Pravda. Was hat Sie dazu gebracht, sich der publizistischen Arbeit zu widmen?

Meine Beziehung zum Schreiben hat während des Studiums begonnen, als Freunde auf mich zugekommen sind, die Artikel für Zeitschriften in den Bereichen geschrieben haben, mit denen ich mich befasst habe. Außerdem habe ich in mehreren Studentenmagazinen Rezensionen zu Büchern und Filmen geschrieben und so baut man sich schon sein eigenes Publikum auf. Als ich von meinem Aufenthalt auf Kuba zurückgekehrt bin, habe ich beschlossen, einen großartigen Artikel über das wahre Kuba zu schreiben. Zuerst wusste ich jedoch nicht, wo ich es veröffentlichen sollte, aber ich habe beschlossen, den Chefredakteur einer Zeitschrift zu kontaktieren, der sich dann entschieden hat, ihn zu veröffentlichen. Das hat mich motiviert, diese Tätigkeit weiterzuverfolgen. Später habe ich ein Angebot von einer Wochenzeitung bekommen und dort habe ich den größten Teil meiner Karriere verbracht. Und dann bin ich über einen Freund in die Redaktion gekommen, in der ich immer noch arbeite.

Das Gespräch führte Matej Lanča.
Im Karpatenblatt befasst er sich mit
Literatur, Sprache und Kultur,

die ihm besonders am Herzen liegen.