Tragödie auf der Donau: Der Angriff auf die MS Stadt Wien im März 1945

Eine der schlimmsten Katastrophen des Zweiten Weltkriegs ereignete sich Ende Januar 1945. Beim Versenken des Passagierdampfers „Wilhelm Gustloff“ durch das sowjetische U-Boot S-13 starben in der Ostsee rund 9.500 Menschen. Weniger bekannt, aber ebenso tragisch, war ein ähnliches Ereignis einen Monat später auf der Donau.

Anfang 1945 stand die deutsche Kriegsführung vor dem Zusammenbruch. Alliierte Truppen waren von allen Seiten ins Reichsgebiet vorgedrungen. Im Westen nahmen sie Colmar ein und standen vor Straßburg und am Rhein. Im Süden rückten die Alliierten in Norditalien vor. Die Lage im Osten war noch dramatischer: Die Rote Armee begann am 12. Januar 1945 eine Offensive, drang nach Ostpreußen, Polen und Schlesien vor und schloss Breslau ein. In Ungarn und der Slowakei zogen sich deutsche Truppen nach Österreich zurück. Nach dem Fall Budapests am 13. Februar kämpfte man südlich und östlich des Plattensees.

Diese militärische Entwicklung führte zu einer massiven Flüchtlingswelle. Millionen Deutsche und Angehörige anderer Nationen flohen vor der vorrückenden Front nach Westen. Schätzungen zufolge waren allein im Osten bis zu 12,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

Die Amerikaner in der Luft

Seit Ende 1943 machten sich alliierte Luftangriffe in Mitteleuropa bemerkbar. Die 15. US-Luftflotte, gegründet am 1. November 1943 in Tunis und später nach Süditalien verlegt, griff Ziele in ganz Europa an. Ihr erstes Ziel war am 2. November 1943 die Messerschmitt-Flugzeugfabrik in Wiener Neustadt. Die Luftflotte führte bis zu ihrem letzten Einsatz am 1. Mai 1945 insgesamt 148.955 Bombereinsätze durch, wobei 303.842 Tonnen Bomben abgeworfen wurden. Dabei gingen 3.364 eigene Flugzeuge verloren.

Anfang 1945 hatten die Alliierten die absolute Lufthoheit. Am 1. März 1945 griff die 15. Luftflotte mit über 630 Bombern die Ölraffinerie in Moosbierbaum an. Sekundärziele waren Bahnhöfe in Sankt Pölten, Amstetten und anderen Städten. 22 Jagdbomber vom Typ P-38L Lightning bombardierten zusätzlich die Moosbierbaum-Raffinerie und den Rangierbahnhof in Tulln.

Die MS Stadt Wien

An diesem Tag wurde das Passagierschiff „MS Stadt Wien“ zum Ziel eines Fliegerangriffs. Von Preßburg kommend mit Flüchtlingen an Bord, wurde das Schiff in der Nähe von Tulln entdeckt. Vorgesehen war es ursprünglich für den Linienverkehr auf der Strecke Wien – Passau. Doch wie so viele Fahrgastschiffe wurde es zunächst zum Ausflugsschiff für Wehrmachtsangehörige, dann als Transportschiff für Verwundetentransporte und schlussendlich für Evakuierungen von Flüchtlingen umfunktioniert.

Zum Vorfall am Flusskilometer 1991,35 gab es unterschiedliche Berichte:

  • Ein „ungarisches“ Flüchtlingsschiff aus Preßburg wurde von amerikanischen Tieffliegern angegriffen, dabei gab es viele Tote und Verwundete.
  • Durch Beschuss kamen am 1. März 1945 auf dem Donaudampfer „MS Stadt Wien“ 15 Personen ums Leben, darunter 13 Flüchtlinge aus Preßburg, der Kapitän und der Steuermann.
  • Das Schiff strandete nach einem Angriff in der Nähe von Tulln. 32 Menschen starben, über 80 wurden verletzt. Der Beschuss tötete den Kapitän und Steuermann auf der Brücke sofort. Weitere Geschosse töteten 32 Menschen und um die 80 Personen wurden verletzt.

Es wird angenommen, dass Jagdbomber der 82. Jägergruppe den Angriff durchführten. Unter den Toten waren auch 14 Flüchtlinge aus Preßburg.

Das Passagierschiff MS Stadt Wien

Trotz der schweren Beschädigungen konnte das Schiff wieder flott gemacht werden. Nach Kriegsende fuhr die Stadt Wien unter amerikanischer Flagge zwischen Linz und Passau. Die amerikanische Flagge wurde auch nicht eingezogen, als Ende der 40er Jahre der Linienverkehr Linz-Engelhartszell aufgenommen wurde. Ab 1953 fuhr das Passagierschiff unter österreichischer Flagge die gesamte Donau von Linz bis Wien. Nach der Liquidierung der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft am 25. September 1996 wurde das Schiff vom damaligen Bürgermeister der Stadt Tulln, Wilhelm Stift, gekauft und generalüberholt. Es hatte seitdem den Heimathafen Tulln, wo es als Restaurantschiff und auch für Tagesausflugsfahrten sowie als Charterschiff zum Einsatz kam. Im Jahr 2020 wurde das Schiff an eine österreichisch-ungarische Kapitalgesellschaft verkauft, die es renovierte und weiterhin für Gesellschaftsfahrten betrieb. Die MS Stadt Wien sollte bis zum 18. April 2024 wegen Sanierungsarbeiten in der Werft Komorn/Komárno liegen. Danach sollte sie das ganze Jahr 2024 hindurch in Budapest, Ungarn, im Einsatz sein, betrieben von Európa Rendezvényiroda Kft.

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