Trauer um Andreas Metzl
Am 22. Februar 2023 erreichte uns die traurige Nachricht, dass unser Preßburger Landsmann Pfarrer i. R. Andreas Metzl in Tübingen verstorben ist.
Andreas Metzl war eine Bereicherung bei allen unseren Veranstaltungen. Seine Teilnahme an ökumenischen Gottesdiensten in den Kirchen unserer Stadt und seine Predigten, Ansprachen und Gespräche haben bedeutend zur Verständigung, Toleranz und einem Zusammengehörigkeitsgefühl beigetragen. Ganz besonders liegt uns Preßburgern am Herzen, mit welcher großen Liebe er sich seinen in der Slowakei verbliebenen Landsleuten gewidmet hat. Die zahlreichen Besuche und Teilnahmen an unseren Veranstaltungen haben ihn zu einer der beliebtesten Persönlichkeiten der Preßburger gemacht. Es reicht, seinen Namen zu nennen und wir erinnern uns gern an die vielen erbaulichen Stunden, die wir zusammen verbringen durften.
Sein Lebensweg
Andreas Metzl wurde am 11. April 1932 in Preßburg – Karlsdorf geboren. Sein Vater Georg Metzl war in Karlsdorf Betriebsleiter der Preßburger Wasserwerke. Gleichzeitig war er auch Presbyter der evangelischen Kirchengemeinde. Seine Mutter Elise, geborene Albrecht, stammte aus einer der ältesten Preßburger Weingärtnerfamilien. In seiner Kindheit erlebte Andreas mit seinem älteren Bruder Georg in Preßburg das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen, spielte mit slowakischen, tschechischen, russischen, ungarischen und deutschen Kameraden.
Im Jahr 1945 wurde die Familie auf Grund der menschenverachtenden Beneš-Dekrete aus ihrer Heimat vertrieben. Sie fanden in Deutschland ein neues Zuhause. Dort begann Andreas Metzl sein Studium der evangelischen Theologie an der Philipps-Universität in Marburg in Hessen, der ersten im Jahr 1527 gegründeten protestantischen Universität. Sein Studium beendete er an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg in Baden-Württemberg. Nach Abschluss des Studiums wurde er Gemeindepfarrer und betreute im Laufe der Jahre die Gemeinden Josbach, einem Ortsteil der Stadt Rauschenberg und Hünfeld bei Fulda in Hessen; später Albstadt-Ebingen und Balingen in der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg.
Im Jahr 1957 heiratete er Dagmar von Roon. Schon als Jugendliche hatten sie sich in Fulda kennengelernt, wo ihre beiden Familien nach der Flucht aus dem Osten untergekommen waren. Das Ehepaar hatte vier Kinder Martin, Dagmar, Andreas und Dorothea. Im Jahr 1996 ging Pfarrer Metzl in den Ruhestand, was aber nicht bedeutete, dass er seine weitläufigen Tätigkeiten aufgab. Seit 2000 lebte er in Tübingen.
Ein Brückenbauer zwischen Deutschland und der Slowakei
In seiner Funktion als Geistlicher und im Rahmen weiterer Ämter unterstützte er in vielfacher Weise sowohl die Menschen in seiner Heimat als auch andere Vertriebene, gab geistigen Beistand und sorgte für materielle Hilfe. Schon in den Zeiten der kommunistischen Diktatur pflegte er enge Kontakte zu seinen Familienangehörigen und Freunden in der alten Heimat, die durch sporadische Besuche verbunden waren.
Seit der Wende 1989 folgten dann zahlreiche Besuche und Predigtreisen zu den deutschen Restgemeinden in der Slowakei, wie auch zu der Kirchenleitung und an die Theologische Fakultät der Comenius-Universität in Preßburg. Er sah seine Tätigkeit als Brückenfunktion der ökumenischen Zusammenarbeit.
Den Karpatendeutschen war sein Wirken im Hilfskomitee für die Evangelisch-Lutherischen Slowakeideutschen ein Segen, das schon 1946 in Stuttgart gegründet wurde. Kontakte zur Heimat wurden jedoch ab 1948 nach der kommunistischen Machtübernahme erheblich erschwert. Erst die Wende von 1989 ermöglichte die Einladung slowakischer Kirchenvertreter nach Deutschland und Besuche bei den Landsleuten in der Slowakei. Nach der Pensionierung im Jahr 1996 wurde Pfarrer Metzl Geistlicher Vorsitzender des Hilfskomitees. In dieser Position blieb er bis 2011. Zudem war er Schriftführer des Glaubensboten, Vorstandsmitglied der Stiftung „Karpatendeutsches Kulturerbe“, wirkte als Vorstandsmitglied der Karpatendeutschen Landsmannschaft und arbeitete ab 2009 auch als Redakteur der Karpatenpost.
Forschung zur Kirchengeschichte
Schwerpunkt seiner literarischen Facharbeit war die Kirchengeschichte. Neben etlichen Vorträgen schrieb er mehrere grundlegende Bücher. 1998 stellte er zusammen mit Rudolf Flachtbarth und Stefan Schreiber die „Geschichte der deutschen evangelischen Kirchengemeinde A. B. zu Stoss“ zusammen, die das Hilfskomitee für die evangelisch-lutherischen Slowakeideutschen herausbrachte. Im Jahr 2004 kam zudem das Buch „Arbeiter in Gottes Weinberg“ heraus – eine Enzyklopädie der deutschen evangelischen Pfarrer in und aus der Slowakei im 20. Jahrhundert. Im Jahr 2012 folgte das Buch „Versöhnte leben Versöhnung“, vom Fromm Verlag, in dem Metzl seine Predigten zusammenfasste. Das vierte Buch „Unvergessene Frömmigkeit (Die letzten deutschen evangelischen Kirchengemeinden in der Slowakei)“, das er mit mehreren Mitarbeitern verfasste, wurde vom SNM-Museum der Kultur der Karpatendeutschen im Jahr 2016 herausgegeben. In diesem Buch wird die Geschichte einzelner evangelischer Kirchengemeinden in der Slowakei vorgestellt. Dieses Werk ist eine wichtige historische und kulturgeschichtliche Dokumentation der Karpatendeutschen.
Am 23. Oktober 2019 wurde Andreas Metzl bei einer Feierstunde im Rathaus der Universitätsstadt Tübingen das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Diese Auszeichnung stiftete im Jahre 1951 der damalige Bundespräsident Theodor Heuss und sie ist die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik. Sie ist eine Anerkennung derer, die durch ihre Tätigkeit zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beitragen, heißt es im Stiftungserlass. Dieses Leitmotiv hat Andreas Metzl zeit seines Lebens begleitet und das ist aus seinen jahrzehntelangen Bemühungen ersichtlich.
Andreas Metzl hat viel geleistet, wir werden ihn sehr vermissen.
Michal Stolár