Postkarten-Gruß aus der Bukowina (um 1910)

Unsere „Priedan und Schbestan“ aus Schwedler in Buchenland/Bukowina

Das Bild der Geschichte unseres Dorfes Schwedler wäre kaum vollständig, wenn wir nicht auch die Schicksale unserer Landsleute berücksichtigen würden, die in Buchenland/Bukowina lebten. Es ist unsere Pflicht, dieses nicht allzu oft und konsequent bearbeitete Thema näherzubringen und diese historische Schuld unseren Ahnen gegenüber damit zu begleichen.

Sitten und Bräuche der Bewohner Buchenlandes wurden vom Ethnologen Claus Stefani in der Publikation „Erfragte Wege“ sowie von Prof. Dr. Franz Lang behandelt, der durch seine linguistischen Recherchen und Dialekt-Vergleiche dort lebender Bewohner mit den zipserdeutschen Dialekten, gemeinsame Herkunft und ethnische sowie familiäre Verbindungen auch mit unserem Dorf belegte. Diesbezüglich ist Adalbert Haas nicht zu vergessen, der diesem Thema in der Publikation „Unterzipser Sprachschatz“ viel Raum schenkte. Um den historischen Kontext besser zu verstehen, ist es notwendig, Ursachen und Motive zu klären, die unsere Vorfahren veranlassten, ihre Heimat zu verlassen und ihr Glück im fernen Bukowina zu suchen.

Postkarten-Gruß aus der Bukowina (um 1910)
Postkarten-Gruß aus der Bukowina (um 1910).

Umzugsgründe

Im Herbst 1774 besetzten österreichische Truppen den nördlichen Teil Moldawiens (Bessarabiens). Dies geschah während des Krieges, den die Habsburger im Bunde mit dem Russischen Reich gegen die Türkei führten, der mit der Niederlage des Osmanischen Reiches endete. Nach langer Zeit türkischer Herrschaft begann für Bukowina eine neue Ära der Entfaltung.

Insgesamt war es eine Fläche von 10.500 Quadratkilometern, sodass die Monarchie besorgt war, wie und mit wem dieses sehr rückständige neue Land der Monarchie nun zu beleben sei. Die damaligen Monarchen Maria Theresia und ihr Sohn Joseph II. sahen die Lösung dieser Fragen in der deutschen Kolonisation der Bukowina und leiteten somit die Kolonisierung dieses Teils der Karpaten durch die Deutschen ein. Impulse dazu ergaben sich jedoch erst um 1780. Damals entdeckte man große Eisenerzlager in Jakobeny. Dies löste 1784 die erste Zuwanderungswelle deutscher Bergleute aus der Unterzips aus. Ab 1784 gab es in Jakobeny ein Kolonisationszentrum.

Anton Manz Ritter von Mariensee auf einem Gemälde von Leopold Kupelwieser (1826).
Anton Manz Ritter von Mariensee auf einem Gemälde von Leopold Kupelwieser (1826).

Mit Erwerb des Eisenwerkes durch den Steiermarker Ritter Anton Manz von Mariensee im Jahr 1796 begann die Blüte des Jakobener Bergwerkbetriebes wie auch der anderen Betriebe, die Manz in Kirlibaba erwarb. 1797 wurden in Kirlibaba weitere Silber- und Blei-Lagerstätten entdeckt, die in der Nähe entstandene Siedlung wurde Mariensee genannt und so wurde auch die Kolonie Mariensee-Kirlibaba gegründet.

Blick auf Kirlibaba heute
Blick auf Kirlibaba heute.

Im Jahre 1805 folgte die Entdeckung von Kupfer-Lagerstätten in der Nähe von Pojorâta. Dadurch entstand das Dorf Luisenthal (Luisibanatal).1820 brachte Manz 21 Bergbaufamilien zumeist aus Schwedler mit und bald begann man da mit intensivem Gewinn von hochwertigem Pyrit. Um das Material abzutransportieren, baute man eine Bahnlinie von Pozoritei nach Luisenthal – den „Fundul –Express“. Das Wort Fundul“ bedeutet sinngemäß „Ende“ oder „Boden“.

Traditionswahrung

Die Zipser setzten ihre Siedlungsmission mit Fleiß und Mut fort, wobei sie ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur alten Heimat wahrten und den Schwedler Dialekt sowie Bräuche und Sitten in ursprünglicher Form weiter pflegten. Sie behielten sogar ihre alten Spitznamen und gaben einzelnen Teilen Luisenthals alte Schwedler Namen.

Der Schwedler Einfluss lässt sich eben meist in Luisenthal erkennen. Dr. Haas schreibt im „Unterzipser Sprachschatz“ mit Recht: Gehe man durch die Straßen Luisenthals und spreche mit den Bewohnern, so verspüre man bald, dass man unter „Priedan und Schbestan“ (Brüdern und Schwestern) „Dahaam“ (zu Hause) in Schwedler sei.

Fazit

Unsere Vorfahren mussten 440 Kilometer zurücklegen, um nach Bukowina zu gelangen. Ausgestattet mit den notwendigsten Mitteln, großem Fleiß, unerschütterlichem Glauben an Gott und übermenschliche Zähheit. Eigenschaften, dank derer sie ihre neue Existenz aufbauten und dem Land zu einem beispiellosen Aufschwung verhalfen. Leider hat der Lauf der Geschichte auch unsere Landsleute in Bukowina sowie alle Schwedlerer hart getroffen. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen erteilten ihnen die gleichen Hiebe, wie sie die Bewohner von Schwedler auch erlitten.

Es liegt jedoch an uns, das Erbe unserer Vorfahren zu wahren, zu bewahren und alte Bänder zu beleben.

Oswald Lipták

Quelle: „Kronprinzenwerk“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Wien, 1886–1902.)