Vom Federnschleißen in Kuneschhau

Zwei bis vier Oberbetten und acht bis zehn Kopfkissen waren in der Aussteuer einer Kuneschhauer Braut keine Seltenheit. Die Eltern begannen für ihre Töchter bereits im schulpflichtigen Alter mit dem Sammeln von Bettfedern. Sie hielten recht viele Gänse und erleichterten diese zwei bis drei Mal im Jahr um ihr kostbares Gefieder (Gänserupfen). In den langen Winterabenden wurden dann die Federn geschlissen (Entfernen der Federkiele, damit die Federn recht weich sind und nicht von Schaben zerfressen werden). Wie es beim Federnschleißen in Kuneschhau zugegangen sein mag, sei hier erzählt. 

Ein Mädchen von rund 19 Jahren war an der Reihe mit dem Federnschleißen. Jeder mochte sie gerne und wo sie war, dort war jedermann guter Laune. Jetzt saß sie mitten unter ihren Freundinnen und Nachbarn bei Tisch und die weichen Federn glitten durch ihre zarten Hände wie Schneeflöckchen. Auf der anderen Seite des Tisches saßen ein paar ältere Kuneschhauerinnen aus der Nachbarschaft. Alle waren sie tüchtig an der Arbeit und wie die Hände sich bewegten, so klapperte auch das Mundwerk.

Der Hausherr saß hinter der Ofenbank und flickte seine Stiefel, die nicht ganz wasserdicht waren. Gerne hörte er auf das Erzählen der Frauen, doch konnte er nicht alles verstehen, da das Spinnrad der Großmutter, die dicht neben ihm saß und spann, immer wieder laut surrte. Eine der Kuneschhauerinnen nahm die bereits verschlissenen Federn vom Tisch, steckte sie in ein offenes Kissen und legte aus einem Korb neue Federn vor die Schleißenden. Eine aus der Runde stimmte ein Lied an und im Nu verwandelte sich die lustige Plapperpartie in einen jubelnden Chor. Gesang und Plauderei gehörten in Kuneschhau eben zum Federnschleißen. Es machte die Arbeit leichter und die Zeit verflog wie im Wind. Den Schnaps, der beim Oldermasch auch nicht fehlen durfte, hatte die Hausherrin bereits vor drei Tagen zubereitet. Für halb zehn Uhr abends hatte sie einen Musikanten mit einer Ziehharmonika bestellt, um der Gesellschaft aufzuspielen.

Schnell wurde alles aufgeräumt. Die Federkiele in den leer gewordenen Korb, um zu verbrennen und die Federn in das Kissen, welches schon so voll war, dass es von seinem Inhalt strotzte. „Wie viele Federn hast du schon?“ Die Jüngste aus der Runde wollte dies wissen. „Komm mit“, sagte die Freundin und führte sie in ihre Schlafkammer. Neun volle Kissen und drei Oberbetten konnte sie der Freundin präsentieren. „Prima!“, rief ihre Freundin, „da kannst du ja schon heiraten!“ „Nein, nein, da wird noch viel Wasser den Bach hinunterfließen bis dies sein kann.“

Gegen Mitternacht beendete man das Oldermasch. Die Hausherrin dankte allen für die tatkräftige Hilfe beim Federnschleißen und für die gute Laune, die sie heute Abend mitgebracht hatten. Man stellte noch fest, wer als Nächstes mit dem Federnschleißen an die Reihe kam und sang zum Abschied das Lied „Wahre Freundschaft“.

So könnte es gewesen sein.

(aus Heimatblatt der Kuneschhauer Folge 14/September 2006)