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Vom Weinhändler zum Gespenst – Michael Kasparek

Eine Berühmtheit kann man nicht nur durch gute Taten werden. Dies belegt Michael Kasparek, ein Weinhändler aus Lublau/Ľubovňa. Um seine Person rankt sich ein Gemisch aus Tatsachen und Gerüchten, die es bis zur Verfilmung brachten.

Gut belegt ist die Existenz des Bürgers der Stadt Lublau/Ľubovňa, Michael Kasparek. Er fuhr von Lublau auf Flößen den Poprad-Fluss entlang nach Polen und brachte Fässer mit Wein nach Warschau. Weiterhin ist sein Todesdatum bekannt: 28. Februar 1718. Darüber und die Legende um Kasparek berichtete Bertalan Matirko jun. in einem Vortrag vor der Gesellschaft für Völkerkunde Ungarns am 10. Mai 1890.

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„Der nach seinem Tod in Ober-Ungarn herumschwärmende Michael Casparek“ Bild aus “Der Europäische Niemand”, Nürnberg, 1719

Als Belege gibt er eigene Nachforschungen im Archiv der Stadt Lublau an. Diese führten ihn auf handschriftliche Eintragungen des städtischen Notars Franz Wilcinsky aus dem Jahr 1718 zu den Ereignissen um Michael Kasparek.

Der Legende Anfang

Die sich um Kasparek aufbauende Legende ist nichts für schwache Nerven, sie wird daher hier verkürzt aus den genannten Eintragungen dargestellt. Die Geschichte beginnt mit einem der üblichen Weintransporte Kaspareks nach Warschau. Diesmal ist sein Abnehmer aber nicht zuhause. Dessen Frau gibt Kasparek den Kellerschlüssel, damit dieser dort den Wein einlagern und leere Fässer zurücknehmen kann. Kasparek findet dabei ein kleines Fass, das mit Gold gefüllt ist, und nimmt es unbemerkt mit den leeren Fässern mit nach Lublau.

Der Diebstahl wird bemerkt

Dem Warschauer Handelspartner fällt schnell das fehlende Fässchen auf. Er kommt umgehend nach Lublau und stellt Kasparek zur Rede. Kasparek streitet die Tat ab. Er beschwört die heilige Dreifaltigkeit, dass bei einer Lüge der Himmel seine Seele nicht aufnehmen und die Erde seinen Körper ausspeien werde. Drei Tage später, am 28. Februar 1718, bevor es zu einer Anklage kommen kann, stirbt Kasparek und wird beerdigt.

Das Gespenst

Nach der Legende hatte der tote Kasparek – seinem Schwur entsprechend – auch im Himmel keine Ruhe. Er geisterte von nun an als Gespenst, meist auf einem Pferd, herum. Es meldeten sich verschiedene Leute, auch seine Frau, die erklärten, er sei bei ihnen erschienen, habe sie gebissen, gewürgt und Blut gesaugt. Seine Ehefrau und einige Mägde sollen von ihm geschwängert worden sein. Die Schulden seiner Frau hätte er aber auch bezahlt.

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Plakat zum Film „Kísértet Lublón“ (Das Gespenst von Lublau)

Kirchlich genehmigte Gegenmittel

Daraufhin wurden zwei Bürger zum Krakauer Bischof geschickt, um von der Kirche Unterstützung für „wirksame Gegenmittel“ gegen diesen Spuk zu erhalten. Der Bischof stimmte einer Exhumierung zu. Man entnahm das Herz des Toten und vergrub es unter einem Komposthaufen. Die Leiche wurde auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Sie soll dabei gequakt und mit den Beinen gezappelt haben.

Spätes Ende des Spuks

Danach wurde Lublau von einer Reihe von Bränden heimgesucht. Diese wurden geheimen Kräften Kaspareks zugeschrieben. Seine Angehörigen mussten beeiden, dass er kein Hexer war. Nach den Aufzeichnungen des Lublauer Notars brachte erst das Verbrennen von Kaspareks Herz ein Ende der schrecklichen Ereignisse.

Eingang in Literatur und Film

Über Kasparek berichten die Zeitzeugen Georg Buchholz (1688-1737) und Mathias Bel (1684-1749), der Leipziger „Europäische Niemand“ im Jahr 1719, später sind es Miklós Jósika (1794-1865) und Kálman Mikszáth (1847-1910).

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In „Der Europäische Niemand“ wurde über die Vorgänge in Lublau gerätselt

In seiner Erzählung „Das Gespenst von Lublau“, die 1892 im Pestí Hírlap (Pester Journal) erschien, erklärt Mikszáth Kaspareks Erscheinen nach dem Tod damit, dass Michael und sein Warschauer Geschäftspartner Halbbrüder waren. Letzterer nahm Kaspareks Rolle an, um dessen Frau nahe zu sein. Das Buch wurde 1976 in Ungarn unter dem Titel „Kísértet Lublón“ als unterhaltsamer Mix aus Krimi und Spukgeschichte verfilmt. Die deutsche Fassung hieß „Der Phantomreiter“. Während der Film schnell in Vergessenheit geriet, beschäftigt der rätselhafte Fall Kasparek die Historiker noch immer.

Dr. Heinz Schleusener