Warum alte Fotos wahre Schätze sind

Warum alte Fotos wahre Schätze sind

Alte Fotos sind alles andere als nur altes und verblasstes Papier. Sie halten einen Moment fest, geben Erinnerung und dadurch auch Halt. Sie zeigen und zeugen nicht nur von der Vergangenheit, mitunter erzählen sie gar spannende Geschichten oder von besonderen Ereignissen. Sie lassen uns wissen, wie es früher war oder unsere Großeltern aussahen. Im wahrsten Sinne des Wortes sind sie stumme Zeugen von damals und wenn man genau hinschaut, dann können sie oftmals viele spannende und wichtige Einzelheiten preisgeben.

Warum alte Fotos wahre Schätze sind

Dieses Foto stammt vom 22. Juni 1938 und ist eines meiner Lieblingsfotos. Obgleich ich niemanden auf dem Foto kenne und nicht einmal mit Sicherheit sagen kann, wo das Foto gemacht wurde. Selbst mein Vater, Jahrgang 1931, kennt weder jemanden auf dem Foto noch warum es in unserem Fotoalbum ist.

Und doch fanden wir es stets sehr interessant. Wo könnte das gewesen sein und was für Menschen sind darauf zu sehen und zu welchem Anlass? Vermutlich in der Nähe unseres alten Heimatdorfes, in einer größeren Ortschaft also, in Kesmark oder Deutschendorf. Und so wie es damals üblich war, gab es nicht nur am Sonntag ein Konzert.

Ahnenforschung
Rudolf Hecht 1936 an einem Wasserfall in der Hohen Tatra

Woran man das erkennt? Bei genauerem Hinsehen sieht man, dass die Menschen vor einer Tribüne sitzen. Oben links, rechts vom Baum sieht man ein zweisprachiges Schild: „Dnes/Heute Programm“. In der damaligen Tschechoslowakei waren derartige zweisprachige Schilder nicht nur in der Zips üblich. Man sieht Damen im Kostüm mit Hut, Soldaten in Ausgehuniform, die Herren tragen alle Anzug und auch die kleinen Jungs in der ersten Reihe sind rausgeputzt mit Blazer und Schirmkappe. So eine hatte auch mein Vater als kleiner Junge.

Ganz oben erkennt man bei genauerer Betrachtung, dass auch Leute von einem angrenzenden Café oder Restaurant zuhören. Hinten rechts, neben dem kleinen Baum scheint es sich der Kopfbedeckung nach um einen Studenten zu handeln. Man sieht auch, wer nicht stillgehalten hat im Moment der Aufnahme. Selbst das kleine Mädchen rechts, auf dem Schoß ihrer Mutter, trägt schon ganz Dame wie ihre Mama auch einen schicken Hut. Es spiegelt eben in einem kleinen Ausschnitt die Zeit wie auch die Mode wider. Der 22. Juni 1938 war übrigens ein Mittwoch. Damals hat man sich nicht nur am Sonntag fein gemacht.

Vieles ist unwiederbringlich verloren

Bei meinen Nachforschungen über Familie und alte Heimat habe ich mit so einigen Nachfahren ehemaliger Zipser gesprochen. Leider haben manche der nächsten Generation nur wenig bis gar keinen Bezug beziehungsweise Interesse an der alten Heimat. Auf meine Frage, ob sie noch alte Fotos von damals außer von ihren verstorbenen Eltern, Großeltern und oder ihrer Heimatorte haben, um diese archivieren zu können, war die Antwort meist „nein“. Denn nach dem Tod der Eltern oder Großeltern habe man damit so gar nichts anfangen können und habe es daher entsorgt. Es muss nicht jeder alles wissen wollen. Aber was sagen eigentlich die, die nichts wissen wollten, dann ihren Kindern oder Enkeln, wenn sie plötzlich mehr erfahren wollen? Auch von anderen Karpatendeutschen habe ich von „Entsorgung“ alter Fotos, Dokumente und Gegenstände gehört.

Für die Nachwelt wahren

Darum sei an dieser Stelle das slowakische Gedächtnisportal „PAMMAP“ erwähnt. Dessen Internetseite ist auch auf Deutsch aufrufbar. Diese archiviert alte Fotos, Postkarten und Dokumente, um sie für die Nachwelt zu wahren. Es fing mit nur ein paar Fotos von Preßburg an. Mittlerweile sind es bereits knapp 70.000 Digitalbilder. Neben Preßburg sind auch andere Städte und Regionen wie das Hauerland hinzugekommen. Auch die Zips hat kürzlich einen kleinen Anfang gemacht. Durch diese „nur alten Fotos“ haben bereits Menschen ihr Geburtshaus wieder erkannt, Verwandte gefunden oder sich selbst darauf entdeckt. Es werden aber auch immer wieder engagierte Leute gesucht, die ehrenamtlich bei der Digitalisierung helfen – sei es, dass sie ihre Fotos scannen und zur Verfügung stellen beziehungsweise einstellen helfen oder mit Geldspenden unterstützen können.

Und wer nicht ganz so internetaffin ist, der frage seine Enkel um Hilfe. Vielleicht kommt dann auch die Neugier? Wer so gar nichts mit seinen alten Fotos anfangen kann, der kann sie aber auch an das Karpatendeutsche Kulturwerk in Karlsruhe oder das Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Preßburg/Bratislava abgeben. Es ist eben wie mit vielen alten Dingen: Was dem einen nichtig erscheint, ist dem anderen ein wahrer Schatz. Was es für wen warum auch immer sei, es ist und bleibt Kulturerbe und muss daher erhalten bleiben. So schadet es sicherlich nicht, selbst den Erhalt seiner alten Fotos im Testament zu regeln.

Norbert Hecht

Kontakt bei der Stiftung Karpatendeutsches Kulturerbe

Stadt Karlsruhe-Kulturamt/Herr Friedmann Schäfer

Rathaus, Marktplatz

76133 Karlsruhe

Tel.: +49 – 721 / 133 – 40 73

E-Mail: Friedemann.Schäfer@kultur.karlsruhe.de

Kontakt beim Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Preßburg

Múzeum kultúry karpatských Nemcov

Vajanského nábrežie 2

P. O. Box 13

SK-810 06 Bratislava

Tel.: +421 – 2 / 204 912 30

E-Mail: mkkn@snm.sk