Wenn Corona nicht wäre
Wäre die Corona-Krise nicht, so hätten wir uns im April zur Generalversammlung in Poprad/Deutschendorf getroffen oder an anderen Veranstaltungen der Karpatendeutschen teilgenommen und gefeiert. Nun ist die Corona-Krise aber da; sie hat uns vor neue Probleme und schwerere Sorgen gestellt. Aber trotzdem haben wir daran geglaubt, dass wir diese Tage und vor allem deren Sinn und Inhalt nicht ohne jede Erinnerung vorübergehen lassen sollten.
Kunst und Kultur sind wichtige Funktionen des gesellschaftlichen Lebens. Selbstverständlich ist vieles an organisatorischer Arbeit und Planung, die in krisenlosen Zeiten geleistet wurden und die uns damals auch als unvermeidlich erschienen, über Bord geworfen worden. Man musste und muss weiterhin das Wichtige vom Unwichtigen und das Lebensnotwendige vom nicht so unmittelbar Notwendigen unterscheiden. Denn die Kraft des einzelnen aber auch der Gemeinschaft wird in vielerlei Beziehung in diesen schweren Zeiten so stark in Anspruch genommen, dass wir uns alle auf ganz wenige Einzelprobleme konzentrieren werden müssen.
Nahrung des Geistes
Aber beweist uns die Geschichte vielleicht nicht zur Genüge, dass der Mensch nicht allein vom Brot lebt? Auch Geist und die Seele brauchen Nahrung und Stärkung. Die kulturelle Tätigkeit, insbesondere an unserer karpatendeutschen Volksgruppe, ist derzeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Standhaftigkeit und Durchhaltekraft unseres Heimatlandes sowie unser Anteil an diesem Schicksalskampf. Die hier auf der Schicksalsbühne des Seins und Werdens versammelten Forscher und Wissenschaftler, Mediziner, Sanitäter, Soldaten, Arbeiter sowie Kunst- und Kulturschaffenden wie auch alle Menschen guten Willens wollen das in aller Deutlichkeit der Öffentlichkeit bewusst machen.
Schätzung der Werte
Die Covid-19-Krise hat schon an ihrem Anfang eine Unmenge neuer Probleme aufgeworfen. Sie sind von so handgreiflicher Bedeutung, dass ihnen gegenüber eine Reihe von Problemen aus Vor-Coronazeiten vollkommen in den Schatten getreten sind. Viele Dinge haben unterdes einen anderen Sinn bekommen.
In gleicher Weise hat diese Zeit auch eine Menge neuer Sorgen mit sich gebracht. Der Alltag erscheint uns vielleicht grauer und schwerer, als das sonst der Fall war. In solchen Zeiten ist es umso notwendiger, dass die Gemeinschaft der Kulturschaffenden eifrig darum bemüht bleibt, hier rechtzeitig für Ausgleich zu sorgen und den Lesern gerade in so schweren Zeiten Entspannung und Erholung zu geben, auf die sie heute mehr denn je Anspruch erheben können.
Optimismus wird angesagt
Ohne Optimismus ist kein Kampf zu gewinnen; er ist heute genauso wichtig wie Krankenlager, Arzneien und Schutzmasken oder Wiederbelebungsgeräte. Gerade in kritischen Stunden hilft der Optimismus, Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden. Diesen Optimismus wollen wir alle pflegen. Was aber wäre besser dazu geeignet, unsere Mitbürger und Mitarbeiter, unsere arbeitenden und schaffenden Menschen in diesem Optimismus seelisch aufzurichten und innerlich zu erneuern, als das besagte Zweigespann von Kunst und Kultur?
Jetzt erst wird wohl auch denen, die das früher nicht verstehen konnten, klar, warum der Standpunkt zu vertreten ist, dass es gänzlich falsch wäre, in der Kultur nur einen Zeitvertreib zu sehen. Eigentlich waren niemals wahre Kunst und Kultur nur für die Spaßgesellschaft der früheren scheinbar goldenen Vor-Coronazeiten reserviert.
Je sorgenvoller die Zeiten sind, umso mehr verlangen die Menschen nach innerer Aufrichtung und Erhebung durch Kunst und Kultur. Das liegt unserem karpatendeutschen Charakter bestimmt nicht weniger, als dem Charakter jedes anderen Volksteilchens unseres Landes.
Bedeutungszuwachs unserer Medien
Dadurch haben also die journalistischen Printmedien unseres Vereins, die das komplexe Tagesleben und die Vergangenheit unserer Volksgruppe widerspiegeln, nämlich das Karpatenblatt und das karpatendeutsche Jugendblatt, nichts an ihrer Bedeutung eingebüßt – nein, sie haben gerade durch die Krise erst recht an Bedeutung gewonnen. Daneben steht die Medienarbeit unserer Redaktionsmitarbeiter, die an Umfang, an Klarheit bei der Führung und Präzision bei der Durchführung, an Menschen- und damit Volksnähe vieles bisher Dagewesene bei Weitem übertrifft.
Diese Arbeit ist heute notwendiger denn je. Je dunkler die Straßen sind, desto heller sollte unsere Kulturarbeit durch ihre fruchtbringenden Werke wie ein Scheinwerfer im Lichterglanz erstrahlen. Je schwerer die Zeit ist, desto leuchtender muss sich über sie die Kultur samt der Kunst als die wahre Trösterin der Menschenseele erheben.
Welch ein Vorteil ist somit heute darin zu sehen, dass es so rechtzeitig gelungen ist, die Errungenschaften der modernen Technik in Übereinstimmung zu bringen mit den Anforderungen des aktuellen Lebens und der Verpflichtung unserer neugestaltenden kulturellen Sendung gegenüber! Die Technik erweist sich auch heute in ihrer Verbindung mit Kunst und Kultur als die stärkste seelische Macht unserer neuen Zeit.
Vom Abbruch zum Aufbruch
Corona hat gewiss einen großen Einbruch in das tägliche Leben aller mit sich gebracht. Auch diese Krise birgt jedoch die Chance in sich, neue Wege zu suchen, zu finden und diese einzuschlagen.
Es brechen auch neue Tage an. Experimente und individuelle Alleinwege dürfen nicht unterbuttert werden, wobei aber die Schilderung der Wirklichkeit in ihrer positiven und ideenreichen Entwicklung in den Vordergrund zu stellen ist. Und dieser Aufgabe wollen wir alle als aktive Mitwirkende gerecht werden. Das heißt: „Greif auch Du zur Feder, Kumpel!“
Oswald Lipták