Weszterheim: Zipser Kur- und Ski-Hauptstadt
Selbstverständlich wird Wintersport seit jeher in der gesamten Hohen Tatra großgeschrieben. Doch in Weszterheim/Tatranská Polianka besonders groß. Und das bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Weszterheim ist mit Sicherheit zu Recht, die Geburtsstadt des Skilanglaufsports nicht nur der Hohen Tatra, sondern auch der Slowakei zu nennen. Aber auch als Arbeitgeber und Kurort tat sich Weszterheim hervor, wie auch als dichterische Inspirationsquelle.
Die ersten Skier wurden 1865 noch als Kuriosität in einer Vitrine in Altschmecks/Starý Smokovec von einem Apotheker ausgestellt. Ab dem Jahre 1873 fuhr der Arzt, Klimatologe und Botaniker Dr. Mikulaš Szontagh im Botzdorfer- und Kasstenbergertal, auf seinen aus der Schweiz mitgebrachten Skiern als Erster in der Slowakei Ski. Daraufhin führte er das Skifahren auch in das Freizeitangebot seines Sanatoriums in Neuschmecks/Nový Smokovec mit ein.
Die Tatra-Skibestläufe
Aus jenen kleinen „Schneelauf“-Anfängen wurde in Weszterheim aber daraus schon bald ein sportliches „Großereignis“, welches nicht nur im ganzen Land, sondern auch international bekannt und etabliert war. Ganz wie der Ruf von Dr. Guhr und dessen Sanatoriums eben auch.
Neben einer Ski-Sprungschanze ließ Dr. Guhr ebenfalls auf eigene Kosten auch eine Rodelbahn bauen. Die Dr. Guhr-Skisprungschanze in Weszterheim war damals die einzige Skisprungschanze mit 1 A-Klassifikation in der gesamten Tschechoslowakei. Sie war von 1912 bis 1955 in Betrieb.
Im Februar wurden ab 1914 vom Karpatenverein die Tatra-Skibestläufe veranstaltet. Die Tatra-Bestläufe waren landesoffen, heißt international besetzt. Allein im Geländelauf nahmen 1935 57 Läufer und 19 Springer teil. Neben Österreichern, Polen, Ungarn und Reichsdeutschen nahmen auch Läufer der ČSR vom Klub Tschechoslowakischer Touristen und HDW – Hauptverband Deutscher Wintersportvereine – teil. Auch der Karpatenverein gehörte zum HDW.
Dr. Guhr war selbst nicht nur ein passionierter Skifahrer und Ski-Pionier, auch war er ein leidenschaftlicher Gönner besagter Veranstaltung. Es war ihm sehr wichtig, dass die Ski-Läufer bei ihm (im Sanatorium) gut untergebracht und gut versorgt wurden. Zudem wurden im großen Speisesaal des Dr. Guhr-Sanatoriums stets kleine, jedoch rauschende Bälle anlässlich der Tatra-Bestläufe gefeiert. Neben den Wettläufern waren auch Gäste geladen. Im Bericht zu den „21. Skibestläufen der Hohen Tatra“, der Karpathen-Post vom 2. März 1935 hieß es dazu: „(…) Die Gesellschaft blieb in froher Laune bis in den Morgen zusammen, zahlreiche Amtswalter mussten vom Ball weg nach Umkleiden schon ausrücken (die Springer hatte man natürlich um 10 Uhr streng ins Bett geschickt).“ Zum krönenden Abschluss der Läufe fand obligatorisch am letzten Tag eine feierliche Preisverleihung im Café selbigen Sanatoriums statt.
Auch Matzdorfer trugen zum Erfolg bei
So fanden sich beispielsweise immer wieder auch erfolgreiche Matzdorfer unter den Teilnehmern wie: Ludwig Budinsky im Geländelauf, Rudolf Hecht im 18-Kilometer-Lauf oder Willi Zbell im Staffellauf. Letztgenannter war übrigens ein hochgeschätzter Mitarbeiter der Malerfirma Hecht.
Dies war in erster Linie der Matzdorfer Jugend-Ski-Förderarbeit von Frau Gertrud Kallivoda zu verdanken. Sie ließ dazu sogar eigens eine Übungsschanze bauen. Auch war sie eine der Betreuerinnen, der man den Jugendwettlauf bei den Tatra-Bestläufen anvertraute. Ebenfalls aus Matzdorf stammten zwei der Gründungsmitglieder des 1873 gegründeten Karpatenvereins, nämlich der Arzt Dr. Friedrich Fleischer (1813-1890) sowie der Lehrer und Publizist Hugo Payer (1823-1898).
Wie ich hierfür herausgefunden habe, war die Firma Hecht aus Matzdorf nicht nur sportlich, sondern auch handwerklich eng mit Weszterheim verbunden. Denn neben meinem Großvater Rudolf Hecht hatte bereits mein Urgroßvater Malermeister Karl Hecht mit der Firma alleinig sämtliche Maler und Anstreicherarbeiten im Sanatorium Dr. Guhr ausgeführt. Und das seit dem Jahr 1900. Und wenn ich nun mein teilweise lückenhaftes Wissen über die Zeit und meine Familie mit Fotos und meinen Recherchearbeiten darüber dazu vergleiche, kombiniere und dadurch sogar richtig und Sinn machend zusammenfügen kann, wird plötzlich vieles regelrecht lebendig.
Ein lebendig gebliebener Geist
Nicht nur ganz Weszterheim, wohl die ganze Tatra kam zu den Bestläufen und fieberte mit den „Schneeläufern“. Dank Dr. Guhr ist Weszterheim nicht nur ein bedeutender Kurort, sondern auch bedeutender Ort des Wintersports. Kaum ein skisportbegeisterter Zipser ob Deutscher, Slowake oder Ungar kam an Westzerheim vorbei. Die Begeisterung für den Sport hat Menschen schon immer begeistert wie auch vereint. Besonders im Jahre 1935 als vom 13. bis 18. Februar die „Nordischen Ski Weltmeisterschaften“ in der Hohen Tatra abgehalten wurden.
Es herrscht eben nicht nur die Natur in der Hohen Tatra, die dort mit ihrer „Guten Luft“ sogar versteht zu heilen oder zu lindern, sondern nach wie vor auch ein großer Geist der Begeisterung, aktiv wie passiv für den Wintersport, auch der meiner Ahnen. Der unserer aller Zipser Ahnen!