Emma Horvat besucht die Deutsche Schule Bratislava

„Wir haben ein sehr starkes Zusammengehörigkeitsgefühl“

Emma Horvat ist eine Schülerin der deutschen Auslandsschule in Preßburg/Bratislava. Im Karpatenblatt-Gespräch verrät sie die Unterschiede zu einer klassischen Schule, wie der Umzug ins neue Gebäude aussah und was die Schüler alles im neuen Gebäude mitbestimmen durften.

Kannst du dich unseren Lesern kurz vorstellen?

Zuerst nur einige Eckdaten über mich: Mein Name ist Emma Horvat, ich bin 14 Jahre alt und besuche die neunte Klasse in der Deutschen Schule Bratislava. Ich bin in Stuttgart geboren. Meine Mutter ist Slowakin und mein Papa ist halb Kroate, halb Deutscher und ich bin dann im Jahr 2008 mit meinen Eltern in die Slowakei gezogen. Zu meiner Familie gehört noch meine kleine Schwester Nina, die ebenfalls die Deutsche Schule Bratislava besucht.

Du gehst an die Deutsche Schule Bratislava. Wie ist es, eine deutsche Auslandsschule zu besuchen?

Ich besuche die DSB schon seit meiner Kindergartenzeit. Die Deutsche Schule Bratislava zu besuchen, hat für mich viele Vorteile. Hauptsächlich natürlich das Erlernen der deutschen Sprache in Wort und Schrift, das mir später die Möglichkeit eröffnen kann, an einer deutschen oder österreichischen Universität zu studieren. Für mich persönlich ist aber auch einer der großen Vorteile die Gemeinschaft – nicht nur die der Schüler an der Schule, sondern auch der Eltern und Lehrer. Wir haben ein sehr starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, wir helfen einander, ob schulisch oder auch außerschulisch.

Du hast sicher in deiner Umgebung auch Leute, die andere Schulen in Bratislava/Preßburg besuchen. Was ist der Unterschied zwischen deiner Schule und einer Standardschule?

Um diesen Unterschied richtig definieren zu können, muss man auch persönlich Erfahrungen an unterschiedlichen Schulen gesammelt haben. Das habe ich jedoch nicht, daher beruht meine Antwort auf den Aussagen meiner Freunde außerhalb der DSB. Meine Freunde, die eine slowakische Schule besuchen, haben ein ganz anderes Lernprinzip, was die Art betrifft, wie sie Unterrichtsstoff lernen. Die meisten schreiben tagtäglich unzählig viele Notizen auf, lernen dann alles auswendig für die Klassenarbeit und vergessen dann häufig später auch das meiste davon wieder. Das definiere ich als „passives Lernen“. Ich habe das Gefühl, dass es bei uns weniger darum geht, Zahlen und Fakten wiederzugeben. Die Lehrer und Lehrerinnen legen viel Wert darauf, dass wir den Lehrstoff verstehen und im „echten Leben“ auch anwenden können. Unsere Unterrichtsstunden sind sehr interaktiv, das Notizenschreiben in den slowakischen Schulen wird durch unzählig viele Präsentationen und Projekte ersetzt, dank derer wir uns mit dem Lehrstoff aktiv befassen und ihn besser verstehen.

Dieses Jahr in New York
Dieses Jahr in New York

Die deutsche Schule lag vor ihrem Umzug in der Altstadt, welche Erinnerungen hast du an das Gebäude dort?

Ich bin im alten Schulgebäude und dessen Umgebung aufgewachsen, es war fast wie ein zweites Zuhause für mich. Ich kannte jeden Ort um mich herum. Von der Schule aus waren wir oft im Garten des Präsidentenpalastes oder im Horský Park, da habe ich viel Zeit mit meinen Freunden verbracht. Alles war nah. Ich erinnere mich noch, wie wir uns nach dem Mittagessen im Tatrazentrum immer im Billa ein Eis gekauft haben. Die Altstadt ist ein wunderschöner Ort mit viel Geschichte und es war für mich immer bezaubernd, wenn ich jeden Tag die alten Häuser gesehen habe.

Deine Schule ist jetzt in einem neuen Gebäude untergebracht. Was bedeutete dieser Umzug für die gesamte Schule und die Schüler?

Als Schüler war es schwer für uns, sich vom alten Schulgebäude zu verabschieden, die meisten von uns verbrachten mehr als die Hälfte ihres Lebens in diesem Gebäude. Aber auch der Umzug allein. Wir Schüler mussten oftmals den Lehrern helfen, alle Materialien in Kartons zu verpacken. Die Lehrer mussten auch viel um den Umzug herum arbeiten. In der letzten Woche gab es in jedem Klassenraum mindestens eine große Kartonbox, die dann später im neuen Gebäude wiederzufinden war.

Was wird für dich neu und was bleibt wie vorher?

Im neuen Schulgebäude gibt es viel mehr Freiraum außerhalb der Klassen, wo wir uns entspannen oder an Projekten arbeiten können. Auch die alten Tische, Stühle und interaktiven Tafeln wurden durch neue und bessere ersetzt. Zurzeit fehlen an den Wänden noch Plakate und Pinnwände, ich bin mir aber sicher, dass diese bald dazukommen. Was blieb, ist die Atmosphäre der Deutschen Schule Bratislava, wo sich jeder kennt und man mit jedem sprechen kann, dieses gemütliche Gefühl eines Zuhauses.

Ich habe gehört, dass ihr bei der Gestaltung der Räume mithelfen durftet. Was habt ihr alles vorgeschlagen?

Als Schüler dürfen wir über die Gestaltung unserer Klassenräume und die Gestaltung von anderen Räumen mitbestimmen. Die meisten Schüler wollen viel Farbe und Dekorationen im Gebäude, Pflanzen und Plakate. Dazu wollen wir auch viele Bänke und Sitzsäcke in den großen Freiräumen, damit wir mehr Platz haben, bequem zu arbeiten. Es haben sich auch manche Schüler zum Beispiel Fahrradständer gewünscht, die hoffentlich bald kommen werden. Zusammengefasst dürfen wir über das Aussehen der Schule mitbestimmen, da wir ja die Schüler sind, die die Räume der Schule für viele Jahre benutzen werden.

Die Schüler brauchen unbedingt freie Räume zur Entwicklung ihrer Kompetenzen und Entfaltung ihrer Kreativität. Was erwartest du in dieser Hinsicht?

Wie ich schon gesagt habe, gibt es große Foyers vor den Klassen, wo wir unsere Freizeit so gestalten können, wie wir wollen, ob Musik hören, einen Film anschauen oder an Projekten arbeiten. Uns wird auch ein Raum mit einer kleinen Bühne zugänglich gemacht, wo wir uns auch frei bewegen können. Während der Unterrichtsstunden lassen uns die Lehrer auch an Aufgaben außerhalb der Klasse arbeiten, was meiner Meinung nach sehr gut ist, da es für uns Schüler auch effizienter ist frei zu arbeiten.

emma horvath
Mit meinen Mitschülern: Die eine Hälfte spielt hinten Volleyball und die andere Hälfte Karten

Warum würdest du jemandem empfehlen, die Deutsche Schule Bratislava zu besuchen?

Die Deutsche Schule Bratislava ist eine Schule, die viel Wert darauf legt, dass jeder Schüler den Lehrstoff gut und in der Tiefe versteht. Sie gibt uns auch viele Möglichkeiten, um uns als Menschen mit verschiedenen internationalen Projekten, Schüleraustauschen, Workshops oder Ausstellungen weiterentwickeln können. Jeder Schüler ist einzigartig und die Schule unterstützt diese Einzigartigkeit. Natürlich kann es für manche anstrengend sein, Unterricht in der deutschen Sprache mit einem deutschen Curriculum zu haben, aber die Schule bietet auch unzählig viele Förderprogramme, damit jeder Schüler den gleichen Startpunkt hat. Es gibt nicht nur Unterstützung von Lehrern, sondern auch von Schülern. Die Gemeinschaft an unserer Schule ist sehr stark, ich kenne jeden um mich herum und man wird ein Teil der großen DSB-Familie – egal, ob man schon seit der Kindheit an der Schule ist oder erst später, jeder ist bei uns willkommen.

Was machst du in deiner Freizeit gerne?

Ich liebe es zu lesen und zu schreiben. Ich habe eine riesige Büchersammlung, die immer weiter wächst, und ich schreibe fast täglich, hauptsächlich Fantasy-Werke. Beteiligt habe ich mich auch schon an mehreren Schreibwettbewerben, Schreibworkshops und Bookclubs, die mir alle immer viel Freude bringen. Zudem liegt mir auch die slowakische Folklore am Herzen. Ich bin schon die vierte Generation von „Folkloristen“. Leider tanze ich wegen gesundheitlichen Problemen schon seit einiger Zeit nicht mehr, ich bin aber umgeben von Menschen, die sich aktiv mit der slowakischen Folklore befassen und ich gehe sehr oft zu verschiedenen Folklore-Veranstaltungen.

Bei einer Folklore-Aufführung im April
Bei einer Folklore-Aufführung im April

Welche Erfahrungen hast du mit dem Karpatendeutschen Verein gemacht?

Letztes Jahr habe ich beim Schreib-Café-Workshop mitgemacht, wo ich unter der Leitung von ifa-Kulturmanager Max Rößler auch eine Kurzgeschichte mit dem Namen „Ein einfacher Mensch“ im Karpatenblatt veröffentlicht habe. Dieses Jahr habe ich auch beim Poetry-Slam mitgemacht und mit meinem Werk „Höre sanft zu“ den dritten Platz gewonnen. Manchmal lese ich mir auch das Karpatenblatt einfach so durch, um zu sehen, was es im Karpatendeutschen Verein Neues gibt.

Bald habt ihr Sommerferien, was planst du im Sommer und was würdest du uns empfehlen?

Mein Plan ist es, viele Bücher zu lesen, viel im Meer zu schwimmen, Folklore-Festivals zu besuchen und viel zu schreiben. Den Lesern würde ich empfehlen, irgendwo in der Slowakei zu reisen, denn die Slowakei ist ein wunderschönes Land. Das Dorf Špania Dolina, die Hohe Tatra, Detva oder Orava sind wunderschöne Orte, die für jeden etwas zu bieten haben.

Hubert Kozar

Das Gespräch führte Hubert. Er interviewt das ganze Jahr über Jugendliche für die Reihe „KDJ auf ein Wort“.