30 Jahre deutsch-slowakische Beziehungen
An den Tagen um die Jahreswende waren die Medien in der Tschechischen und der Slowakischen Republik voller Bewertungen des 30-jährigen selbständigen Weges der Slowakischen und Tschechischen Republik. Auch heute sind die Meinungen ziemlich unterschiedlich – genauso, wie es am Anfang des Jahres 1993 war.
Am besten sieht man es an den Ergebnissen einer seriösen Umfrage Ende 2022: Die Teilung der Tschechischen und Slowakischen Föderation halten 45,8 Prozent der Bürger der Slowakei für positiv, fast derselbe Anteil (44,6 Prozent) bewertet sie als negativ. Tatsache aber ist, dass vor 30 Jahren, am 1. Januar 1993, die Tschechen und die Slowaken friedlich die Bande ihrer Föderation lösten: Die Slowakei wurde unabhängig. Die beiden Länder haben gezeigt, dass man auch so eine komplizierte Angelegenheit wie die Teilung eines Staates in Ruhe und ohne große Schmerzen durchführen kann, auch wenn ein ziemlich großer Bevölkerungsanteil dagegen war.
Die deutschen Minderheiten hat die Teilung der Föderation nicht überrascht. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt schon zwei selbständige Verbände: In der Slowakei war seit dem 30. September 1990 der Karpatendeutsche Verein tätig, im November 1992 wurde in Tschechien die Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien gegründet. Die Idee, einen gemeinsamen tschechoslowakischen Verband der Deutschen zu gründen, scheiterte schon im Sommer 1990.
In dem neuen Staat hat sich auch die Lage der Karpatendeutschen geändert. Einiges, was vorher nicht möglich war oder nicht den besonderen Bedingungen der Slowakei entsprach, wurde gesagt oder ins Leben gerufen. Die Vertreter der Karpatendeutschen, auch die der Landsmannschaften, konnten einfacher mit den zuständigen Stellen der Regierung oder Ministerien Gespräche führen. Es entstanden mehrere enge Beziehungen durch die Politiker und die Vertreter der Karpatendeutschen. Die Position der Karpatendeutschen hat sich in dem neuen Staat deutlich verbessert. Da erwähne ich nur die Aussage des damaligen Parlamentsvorsitzenden Pavol Hrušovský in seinem Festvortrag anlässlich des Beitritts der Slowakei zur Europäischen Union: „Was wäre die Slowakei ohne die Karpatendeutschen?“
Wir können aber auch ganz konkrete Beispiele nennen. Die im Jahre 1993 neu gegründete Karpatendeutsche Assoziation konnte durch ihre wirtschaftliche Unterstützung jetzt ganz gezielt in einzelnen Regionen wirksamer sein als vorher. Ich bin auch davon überzeugt, dass der neue Staat die reibungslose Gründung des Museums der Kultur der Karpatendeutschen schon im Jahre 1994 maßgeblich ermöglicht hat. Ab 1994 bekam die deutsche Minderheit in der Slowakei sieben Häuser der Begegnung, die zum Schwerpunkt unserer Kulturtätigkeit geworden sind. Relevant war auch die Frage, ob die Karpatendeutschen einen selbständigen Platz in der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Minderheiten hatten. Im selbständigen Land war es schon keine Frage mehr.
Auch wenn die Wege beider Staaten und beider deutschen Minderheitenverbände sich vor 30 Jahren getrennt haben, eines ist aber konstant geblieben: die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern und den Verbänden der deutschen Minderheiten. So ist es richtig und so soll es auch weiter bleiben.
Ondrej Pöss