Das Backhäuschen von Einsiedel
Es ist April 1951. Der Frühling in seiner vollen Schönheit ist da. In Einsiedel an der Göllnitz – in der Ortschaft Winkl – wurde das Elternhaus unseres Vaters leer und wir konnten einziehen. Es war ein unbeschreiblich gutes Gefühl, als wir – meine Mutter, mein Vater, mein Bruder und ich –unser eigenes Haus bezogen. Wir hatten vor diesem Umzug nur einen einzigen Raum. Und jetzt – ein Zimmer, eine Küche, einen Hausflur und eine Speisekammer.
Die Obstbäume in dem großen Garten hatten gerade angefangen zu blühen. Die Jasminblüten am Zaun dufteten herrlich. Am Weg floss ein kleiner Bach, Huflattich und Butterblumen standen in Blüte. Hinter dem Haus steht ein kleines Häuschen – ein Backhäuschen. Ein paar Treppchen und durch die offene Tür kann man ein kleines Königreich sehen: ein großer Herd, links ein Ofen, vor dem Ofen ein viereckiges Schlupfloch, wo die Bäckerin saß, damit sie beim Backen jeden Griff gemütlich tun konnte.
Über dem Ofen ist ein Backrohr, in dem Kuchen oder auch gefüllte Hühnchen gebacken wurden. Den ganzen Sommer hat die Mutter hier gekocht. Rechts vom Ofen ist ein großer Kupferkessel. Unter diesem Kessel wurde beim Waschen Feuer gemacht, damit man die Bettwäsche auskochen konnte. Der Kupferkessel wurde immer gründlich sauber gemacht, denn man hat ihn auch bei der Hausschlachtung gebraucht. An so einem Tag musste das Feuer unter dem Kessel fast den ganzen Tag brennen, bis alles vom Schlachten gekocht war.
Der „Backofen“
Das Holz, das den Ofen durchheizte, hatte seine genaue Größe. Das hat der Vater überwacht. Mein Bruder und ich, wir haben im Voraus geholfen, das Holz zu bringen. Wir haben zugesehen, wie ordnungsgemäß das Holz im ganzen Ofen verteilt wurde. Am Morgen, bis der Teig gärte, brannte das Holz und es wärmte den ganzen Ofen. Die Kohle hat man dann vor der Öffnung zusammengehäuft, damit unsere Mutter, die in dem viereckigen Schlupfloch saß, Brot und Kuchen in den Ofen schieben konnte. Bei dieser kostbaren Arbeit hat ihr immer jemand gern geholfen. In den heißen Ofen passten acht runde Brote. In dem Ofen backte man auch Hochzeitskuchen auf großen runden Kuchenblechen. Auf einmal passten sechs solche Backbleche hinein.
Den Duft von frisch gebackenem Brot oder von den frisch gebackenen Hochzeitskuchen konnte man noch lange fühlen und spüren. Das kleine Backhäuschen steht noch immer hinter dem Haus, aber aus dem Schornstein steigt schon lange kein Rauch mehr auf.
Ilse Stupák, geborene Alznauer
(Aus Günter Zavatzky: Mníšek nad Hnilcom, 2017)
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