Abwarten und auf Hempels Teppich bleiben – Redewendungen unter der Lupe
Unsere Sprache ist ein reiches System an Zeichen, das der Kommunikation dient. Dazu gehören auch Redewendungen. Sie verschönert unsere Ausdrucksweise, machen unsere Alltagssprache bunter, begleiten uns auf Schritt und Tritt. In dieser Serie nehmen wir die Herkunft und Bedeutung ausgewählter deutscher Redewendungen sowie mögliche Übersetzungen ins Slowakische unter die Lupe.
Wie bei Hempels unterm Sofa
Die Redewendung „Wie bei Hempels unterm Sofa“ ist in vielen Teilen von Deutschland bekannt, doch nicht jeder kennt ihre Herkunft. Es gibt mehrere Variationen dieser Redewendung, die sich je nach Region unterscheiden. Neben „Bei Hempels unterm Sofa“ heißt es teilweise auch „Bei Hempels hinterm Sofa“ oder „Bei Hempels unterm Bett“. Ausgedrückt wird damit eine große Unordnung, oder auch mangelnde Sauberkeit.
Blickt man auf die Herkunft, stößt man auf zwei Erklärungsversuche.
Die erste Variante geht auf Zirkusleute aus dem 20. Jahrhundert zurück. Nach einer Vorstellung musste der Platz der Aufführung sorgfältig aufgeräumt werden, bevor die Zirkusfamilie weiterzog. Die Zirkusfamilie Hempel soll eine Ausnahme gewesen sein. Sie kehrte ihren Müll unter den Wohnwagen und haute am nächsten Tag einfach ab. Aus diesem Grund ist auch die Variation „Bei Hempels unterm Wohnwagen“ geläufig.
Der zweite Erklärungsversuch hängt mit dem alten deutschen Wort „Hampel“ zusammen. „Hempel“ könnte von „Hampel“ abgeleitet sein wie das Wort „Hampelmann“. Ein Hampelmann war ursprünglich ein einfach gestrickter Mensch, der auch als unordentlich und chaotisch galt. Wie es genau zur Erfindung von „Hempels Sofa“ im 20. Jahrhundert kam, ist allerdings unklar.
In der slowakischen Sprache haben wir mehrere Redewendungen, die mit Unordnung oder Chaos verbunden sind. Die Redewendung „Wie bei Hempels unterm Sofa“ könnte man mit der slowakischen, umgangssprachlichen Redewendung „bordel ako v tanku“ vergleichen, wasim Deutschen „ein Saustall wie im Panzer“ bedeutet. Eine weitere Übersetzungsmöglichkeit wäre „neporiadok ako po výbuchu bomby“, also eine Unordnung wie nach einer Bombenexplosion.
Auf dem Teppich bleiben
„Auf dem Teppich bleiben“ ist eine häufig gebrauchte Redewendung, die ausdrückt, dass man nicht übertreiben sollte. Sie deutet an, dass man mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben und nicht abheben sollte – der Teppich ist hier ein Symbol für die Bodenständigkeit.
Um die Herkunft dieser Redewendung herauszufinden, müssen wir auf die Vergangenheit zurückblicken. Wenn man einst mit dem König sprechen wollte, gab er seinem Volk die Möglichkeit dazu. Dazu wurde im Thronsaal ein Teppich ausgelegt, der weit vor dem Thron endete. Weil das Ende vom Teppich aber so weit weg war und die Bauern nicht unhöflich sein wollten, gingen sie bis kurz vor den Thron, um mit ihrem König zu sprechen. Die Bauern mit schmutziger Kleidung und Schuhen wurden dann angewiesen, auf dem Teppich zu bleiben, weil es nur dem König und seinem Hofvolk erlaubt war, den Marmor- oder Eichenparkettboden zu betreten.
Ins Slowakische könnte man die Redewendung mit „byť nohami na zemi“ übersetzen. Das heißt mit den Füßen auf dem Boden sein, ähnlich der deutschen Redewendung „Mit beiden Beinen auf dem Boden stehen“.
Abwarten und Tee trinken
Wenn jemand sagt „Abwarten und Tee trinken“, möchte er damit ausdrücken, dass man Geduld haben muss. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung und bringt nichts, sich schon vor einem Ereignis verrückt zu machen. Das kann auch heißen, dass man auf eine günstige Gelegenheit warten sollte oder dass etwas bestimmt nicht so schlimm wird, wie man annimmt. Die Worte „Abwarten und Tee trinken“ werden also dann gesagt, wenn ein noch ungewisses Ergebnis auf sich warten lässt und dienen zur Beruhigung.
Die Redewendung ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts geläufig und es gibt mehrere Theorien zu ihrem Ursprung. Einerseits soll sie auf den Schafhirten und Kräuterheilkundigen Heinrich Ast zurückgehen. Er rief so die ungeduldigen Kranken dazu auf, Bettruhe zu halten und Kräutertee zu trinken. Andererseits könnte die Redewendung auch aus dem viktorianischen Zeitalter stammen. Sie könnte die Bedächtigkeit der Briten charakterisieren, die über schwierige Situationen länger berieten. Die Redewendung kann auch ihren Ursprung in „literarischen Teeabenden“ haben, an denen sich gegenseitig Schriftstücke vorgelesen wurden oder Dichter selbst ihre Werke vortrugen.
In der slowakischen Sprache gibt es Redewendungen, die man ähnlich nutzen kann wie „dočkať času ako husa klasu“ (warten wie eine Gans auf die Ähre), was man im Deutschen auch mit einer Redewendung übersetzen könnte, deren Bedeutung sehr ähnlich ist: Kommt Zeit, kommt Rat.
Matej Lanča