Im Gespräch mit Ľubica Virsíková – Deutschlehrerin mit Familiengeschichte im Weinberg
Lubica Virsíková und geborene Lednarová ist seit 20 Jahren Deutschlehrerin am Gymnasium Hubeneho in Preßburg/Bratislava. Doch neben ihrer Arbeit als Lehrerin ist sie auch in ihrer kleinen Familienwinzerei tätig. Sie hat zusammen mit ihrer Familie etwa einen Hektar Weinberge in Ratzersdorf/Rača. Bei einer Weinverkostung im Deutschen Kulturhaus in Rača haben wir uns für ein Interview zusammengesetzt.
Liebe Lubica, schön, dass du Zeit für uns gefunden hast. Wie bist du dazu gekommen als Deutschlehrerin zu arbeiten?
Ich habe Germanistik studiert und nach dem Studium habe ich zunächst in einer Firma gearbeitet. Dann wurde ich Mutter und nachdem mein Sohn so vier Jahre alt war, habe ich wieder angefangen zu arbeiten. Es war dann für mich eine gute Möglichkeit, als Lehrerin zu arbeiten, da ich mich dann am Nachmittag um mein Kind kümmern konnte.
Du hast gesagt, dass du Germanistik studiert hast. Warum hast du dich damals für die deutsche Sprache entschieden?
In der Schule war ich schon immer gut in Deutsch, da ich meine Ferien sehr oft in Deutschland verbracht habe. So bin ich dann auch zu der Entscheidung gekommen, Germanistik zu studieren.
Was ist das Schöne an deiner Arbeit als Lehrerin?
Es ist sehr abenteuerlich und man erlebt mit den jungen Leuten jeden Tag etwas Neues. Es ist immer interessant, weil man sich mit den Jugendlichen über ganz viele Dinge unterhalten kann und sehen kann, wie offen sie in die Welt blicken. Man kann mit ihnen über alles sprechen und sie sind neugierig darauf, etwas Neues zu lernen. Vielleicht bin ich auch einfach noch etwas in der Pubertät geblieben, da ich mich sehr wohl fühle mit den jungen Menschen.
Und was ist am anstrengendsten an deinem Beruf?
Das Anstrengendste ist, dass man immer hofft, dass alle Kinder gut Deutsch lernen und sie dann alle flüssig sprechen können. Aber leider passiert das meist nur mit einem von 30 Kindern in der Klasse. Man muss sehr viel Energie investieren und dann kann es manchmal enttäuschend sein, wenn das Ergebnis nicht so ist, wie man es sich erhofft hat.
Du hast ja schon erzählt, dass du neben deiner Arbeit auch in einer kleinen Familienwinzerei tätig bist. Wie ist deine Familie zur Winzerei gekommen?
Wir haben seit mehr als 200 bis 300 Jahren Weinberge in unserer Familie. Wir haben in alten Familienchroniken recherchiert und herausgefunden, dass mein Ururgroßvater und auch mein Urgroßvater Bürgermeister von Rača waren. Sie haben sich also sehr um den Ort gekümmert. Unsere Familie ist also schon sehr lange mit Rača und dem Weinanbau verbunden. Nach 1948 wurden meiner Familie die Weinberge weggenommen und die ganze Familie musste dann eine andere Arbeit finden. Meine Großeltern haben nicht mehr in den Weinbergen gearbeitet. Nach der Wende haben meine Eltern die Weinberge dann zurückbekommen. Aber zu dem Zeitpunkt hatten wir kein Haus mit einem Keller, in dem wir Wein hätten herstellen können. Auch hatten meine Eltern gar keine Erfahrungen mehr, wie man Wein anbaut und herstellt. Das mussten sie alles neu lernen. Deshalb bewundere ich sie sehr, dass sie sich neben ihrer normalen Arbeit all dieses Wissen angeeignet haben.
Hier in Preßburg/Bratislava und vor allem hier in Rača gibt es ja eine lange Tradition der deutschen Minderheit, die auch sehr stark mit dem Weinanbau verbunden ist. Wo finden sich diese Spuren heute noch?
Vor allem in den Namen der Weinberge finden sich immer noch deutsche Namen und es sind auch einige Gebäude erhalten, die von Deutschen gebaut wurden. Zum Beispiel zeigt das deutsche Kulturhaus, wie stark die Spuren der deutschen Minderheit noch sind. Ich glaube, man erkennt diese Spuren auch in der Mentalität der Menschen hier. Die Leute hier haben sehr viel Ausdauer, vor allem die älteren Leute sind es gewöhnt, sehr hart in den Weinbergen zu arbeiten. Vielleicht hängt das mit der deutschen Mentalität zusammen, vielleicht aber auch nicht, dass kann ich natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Aber die Leute, die in den Weinbergen arbeiten, sind immer sehr stark und sie leben ganz anders, da sie sich ganz den Weinbergen opfern müssen.
Worauf achtest du, wenn du einen besonders guten Wein herstellen möchtest?
Einen guten Wein? Zunächst muss man sich jede Woche gut um die Weinberge kümmern. Die Arbeit dort endet nie! Ich selbst kann noch keinen Wein herstellen. Meine Eltern machen diese Arbeit und ich helfe, wo ich kann. Vor allem helfe ich in den Weinbergen und lerne schneiden und alles, um den Weinberg gesund zu halten. Der Prozess, um den Wein herzustellen ist eine große Herausforderung. Es beginnt bei der Rebe und endet im Weinkeller. Heute muss man den Wein auch über die neuen Medien bewerben und verkaufen, aber darum kümmert sich heute mein Sohn.
Als letztes noch eine Frage: Was ist dein persönlicher Lieblingswein?
Mein persönlicher Lieblingswein ist unser Grüner Veltiner. Der ist einfach sehr lecker!
Max Rößler