Berühmte Zipser: Emerich Csáky
Der Name des Geschlechts der Grafen Csáky ist mit der Zips so eng verbunden wie die Berge der Hohen Tatra. Das von Eva-Marie Csáky 1992 herausgegebene Buch „Vom Geachteten zum Geächteten“ enthält die Aufzeichnungen des nahe der Zipser Burg geborenen Emerich Csáky. Sie geben einen tiefen Einblick in sein Leben und beschreiben in beeindruckender Weise die sein Schicksal bestimmenden zeitgeschichtlichen Abläufe.
Emerich (Imre) Csáky kam am 16. Februar 1882 als jüngstes der sieben Kinder von Graf Albin Csáky und seiner Frau Anna geb. Gräfin Bolza unweit der Zipser Burg, im Schloss Szepes-Mindszent/Bijacovce, zur Welt. In diesem befindet sich heute eine landwirtschaftliche Berufsschule (SOŠ, Stredná odborná škola lesnícka).
Um ihn kümmerten sich Kindermädchen: zunächst eines aus der Zips, bei der er Ungarisch und Deutsch lernte, dann eine Französin, um auch Französisch zu lernen. Alle hatten sich an die sehr strikten Erziehungsprinzipien seiner Mutter zu richten, die er als „spartanisch“ empfand.
Schule und Studium
Als sein Vater 1888 zum ungarischen Minister für Kultus und Unterricht bestellt wurde, zog die Familie in das große Haus in Budapest, das sein Vater hatte errichten lassen. Im selben Jahr schulpflichtig geworden, erhielt er den Grundschulunterricht durch eine ungarische Erzieherin.
Sein Gymnasialunterricht begann durch Hauslehrer, dann schickte ihn sein liberal gesinnter Vater auf ein öffentliches Gymnasium, was sich aber wegen des von Emerich auch eingestandenen mangelnden Lerneifers als nicht erfolgreich erwies.
Daraufhin bestimmte sein Vater, dass er in die von ihm gegründete „Franz-Josephs-Erziehungsanstalt“ ging. Emerich studierte hier vier Jahre und schloss 1899 die Reifeprüfung erfolgreich ab. Es folgte ein fünfjähriges Studium an der k. und k. Konsularakademie in Wien, das er im Jahr 1904 abschloss. Danach wurde er in den Dienst des „K. und K. Ministeriums des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äußeren“ aufgenommen.
Im diplomatischen Dienst
Seine diplomatische Laufbahn begann 1905 am Konsulat in Skutari/Shkodra in Albanien. Ende 1905 wurde er in die Vertretungen Österreich-Ungarns in Dresden geschickt, 1907 nach St. Petersburg und 1909 nach Berlin. 1912 war er wieder in St. Petersburg, 1913 in Bukarest. Die Kriegserklärung Rumäniens im November 1916 beendete dort seinen Dienst. Nach kurzer Tätigkeit in Warschau rief man ihn in die Zentrale nach Wien zurück.
Ab November 1917 war er Mitglied der österreichisch-ungarischen Delegation bei den Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen mit Russland in Brest-Litowsk. Als Österreich-Ungarn im November 1918 zerfiel, wurde das bis dahin gemeinsame österreichisch-ungarische Ministerium des Äußeren liquidiert und in Budapest ein eigenes Außenministerium gegründet, in das Csáky eintrat.
Rückzug aus der Politik 1920
Die Ausrufung der Räterepublik in Ungarn im März 1919 bewog ihn ins Exil nach Wien zu gehen. Nach deren Zusammenbruch im August 1919 kehrte er nach Budapest zurück.
Ab Januar 1920 nahm er als diplomatischer Berater der ungarischen Delegation an den (Nach-)Verhandlungen der Siegermächte zum Friedensvertrag mit Ungarn im Schloss Trianon bei Paris teil. Sehr bald erkannte er, dass sich die gegen Ungarns Vorstellungen arbeitenden Kräfte bündelten. Letztlich wurde der Friedensvertrag aber am 4. Juni 1920 von Ungarn unterschrieben. Ungarn verlor damit nicht nur zwei Drittel seines bisherigen Territoriums, sondern wurde auch mit weitreichenden Belastungen und Einschränkungen belegt.
Unter Ministerpräsident Paul Teleki wurde er im September 1920 zum Außenminister bestellt. Die Ratifikation des Friedensvertrages von Trianon durch das Ungarische Parlament (Reichstag) erfolgte am 26. Oktober 1920 „unter Protest“. Als Konsequenz legte Emerich Csáky sein Amt im Dezember nieder und zog sich aus der Politik zurück.
Von Helcmanovce nach Budapest
Er kümmerte sich jetzt um die Verwaltung seines nun in der Tschechoslowakei liegenden Gutsbesitzes Helzmanowitz/Helcmanovce. 1927 heiratete er die aus Großmichel/Michalovce stammende Gräfin Mária Sztáray. Mitte der dreißiger Jahre verkaufte er Helcmanovce und zog mit seiner Frau endgültig nach Budapest.
Zweite Enteignung und Gefängnis
Die schweren Kämpfe 1944/45 um Budapest und die Plünderungen verschonten auch die Familie Csáky nicht. Ihr Eigentum wurde verwüstet oder beschlagnahmt. 1947 organisierte er die Ausreise seiner Frau. Er selbst und der 1930 geborene Sohn Manó zögerten noch.
Als ihm 1949 sein Ruhegehalt von der damaligen kommunistischen Regierung nicht mehr gezahlt wurde – da er wie der gesamte Adel als „Klassenfeind“ betrachtet wurden – und von dem 68-Jährigen gefordert wurde, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen, entschloss er sich, das Land zu verlassen. Legal war das durch die hermetische Schließung der Grenzen nicht mehr möglich. Sein Fluchtversuch scheiterte, er wurde verhaftet und in einem Schnellverfahren zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Hoffnungen erfüllten sich nicht
Nach seiner Entlassung, bereits 73 Jahre alt, musste er als Torwärter einer Fabrik arbeiten, wo er mit einer roten Fahne in der Hand die Ein- und Ausfahrt der Fahrzeuge zu regeln hatte.
Ein Jahr nach dem ungarischen Volksaufstand von 1956 bekam er endlich eine Ausreisegenehmigung. Mittellos und gesundheitlich schon stark geschwächt, schafften er und sein Sohn es mit Hilfe von Freunden über Wien, Paris und Madrid bis nach Santa Cruz auf Teneriffa.
Auf die Einwanderungs- und Aufenthaltserlaubnis von Venezuela zu seiner inzwischen dort lebenden Frau wartend, starb Graf Emerich Csáky am 22. Mai 1961.
Dr. Heinz Schleusener