„Das Thema Minderheiten ist der rote Faden meines Berufslebens“
Stefan Kruschke leitet seit fast einem halben Jahr das Kultur- und Pressereferat der deutschen Botschaft Preßburg/Bratislava. Im Karpatenblatt-Gespräch erzählt er über seine ersten Monate in der Slowakei, 30 Jahre deutsch-slowakische Beziehungen und seine Pläne für 2023.
Wie waren Ihre ersten Eindrücke in der Slowakei?
Ich habe hier am ersten August meinen Dienst angetreten und habe schon vorher sehr viele positive Hinweise aus meinem Kollegen-, Familien- und Bekanntenkreis bekommen. Sie haben mir erzählt, dass Preßburg eine wunderschöne Stadt ist, eine Stadt, in der es sich gut leben lässt, die überschaubar ist, wo es eine tolle Kombination aus Alt und Neu gibt, und in der viele freundliche Menschen leben. Eigentlich haben sich alle diese Dinge auch bewahrheitet. Ich bin mit meiner Frau hierhergekommen und wir haben uns von Anfang an sehr wohlgefühlt. Wir sind auch in der Botschaft selber sehr freundlich aufgenommen worden. Wir sind also sehr dankbar und freuen uns, hier zu sein.
Wo haben Sie denn vorher gearbeitet?
Ich bin schon ein bisschen länger im Auswärtigen Amt, genauer gesagt seit 1986. Ich habe damals noch in Bonn die Ausbildung für den Gehobenen Dienst gemacht. Seitdem habe ich in London, in einem kleinen Konsulat in Dänemark, in Riga in Lettland und in Pristina im Kosovo arbeiten dürfen. Zuletzt war ich zehn Jahre in Brüssel, zunächst war ich dort bei unserer NATO-Vertretung tätig und dann auch bei der Vertretung der Europäischen Union. Bevor ich nach Preßburg gekommen bin, war ich noch fünf Jahre in Bonn, da haben wir vom Auswärtigen Amt eine Dienststelle, die sich um den deutschen UN-Standort kümmert. Hier freue ich mich jetzt vor allem darauf, viel Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen zu haben. Das macht ja den Reiz der Arbeit aus.
Was für einen Kontakt hatten Sie bei Ihren vorherigen Arbeitsstellen mit deutschen Minderheiten?
Eigentlich ist das Thema Minderheiten überhaupt der rote Faden meines gesamten Berufslebens. Es fing schon an im Konsulat in Dänemark, im schönen Städtchen Apenrade, ein kleiner Ort nahe der deutsch-dänischen Grenze. Dort gibt es heute auch noch eine deutsche Minderheit. Dann war ich in Riga eingesetzt, wo wir eine deutsche Minderheit haben, die auch in verschiedenen Kulturvereinen sehr gut organisiert war. Im Kosovo habe ich das Minderheitenthema natürlich auch sehr stark erlebt, dort gibt es ja Spannungen zwischen den Minderheiten. Also ein gutes Zusammenleben ist nicht selbstverständlich. Während meiner Arbeit in Brüssel habe ich mich auch mit Regionen in Nordafrika und dem Mittleren Osten beschäftigt, wo auch immer wieder verschiedene Volksgruppen miteinander gerungen haben. Das hat mich geprägt und sensibilisiert für die Anliegen von Minderheiten. Ich glaube, über den klassischen Begriff der Minderheiten hinaus ist das auch ein zivilgesellschaftliches Thema, weil es ja auch ganz unterschiedliche Minderheiten innerhalb von Gesellschaften gibt. Dafür ist die Slowakei ein typisches Beispiel.
Wie haben Sie die deutsche Minderheit hier erlebt?
Ich freue mich sehr, dass die deutsche Minderheit hier so gut integriert und organisiert ist, dass sie auch gewürdigt wird und dass sie eine gute Unterstützung bekommt – sowohl von slowakischer Seite als auch von deutscher. Zahlreiche Vertreter der deutschen Minderheit in der Slowakei habe ich schon kennenlernen dürfen. Ich freue mich aber darauf, noch stärker in die verschiedenen Landesteile zu fahren und dort auch die Vertreter der deutschen Minderheit treffen.
2023 feiern wir dreißig Jahre deutsch-slowakische Beziehungen. Was hat die deutsche Botschaft zu diesem Anlass vorbereitet?
Wir haben von einem Designstudio ein eigenes Logo für dieses Jubiläum entwerfen lassen. Es gab im Rahmen eines Wettbewerbs verschiedene Vorschläge und das Logo auf der Titelseite des Karpatenblattes schien für uns das passende zu sein. Es geht darum, dass zwei Figuren einander zugetan sind, dass sie einander zuhören, miteinander sprechen und sich verstehen und sie offensichtlich in guter Stimmung beieinander sind. Das erleben wir ja zum Glück zwischen den beiden Ländern. Wir würden uns freuen, wenn andere deutsche Institutionen hier in der Slowakei auch das Logo nutzen.
Das Logo kann man auch in einer Videoreihe sehen, die die Botschaft Anfang des Jahres auf ihrer Facebook-Seite gestartet hat. Was hat es denn damit auf sich?
Wir haben die Vertreter deutscher und slowakischer Einrichtungen angesprochen und sie gebeten, sich zu überlegen, was für sie persönlich dreißig Jahre Beziehungen zwischen der Slowakei und Deutschland bedeuten. Sie sollten das mit ihrem eigenen Smartphone festhalten und uns zuschicken. Da sind schon mehrere Beiträge eingegangen, auch vom Karpatendeutschen Verein. Ich denke, das ist ein guter Ausdruck, der freundschaftlichen Beziehungen beider Länder. Denn diese Beiträge personifizieren geradezu, dass man sowohl Slowake sein kann und sich mit der deutschen Kultur intensiv beschäftigen, als auch Deutscher, der sich hier im Zusammenspiel zwischen Deutschland und der Slowakei engagiert. Das sind aus meiner Sicht Paradebeispiele und dafür sind wir sehr dankbar.
Was haben Sie sich für Ihre Arbeit für 2023 vorgenommen?
Ich hatte schon die Gelegenheit in andere Landesteile zu reisen, habe es aber bislang nur bis in die Mittelslowakei geschafft. Jetzt stehen für mich weitere Ziele auch im östlichen Landesteil auf dem Programm – auch überall, wo es Vertreter der deutschen Minderheit und der deutschen Bildungseinrichtungen und Schulen mit verstärktem Deutschunterricht gibt. Ich möchte aber im Umkehrschluss betonen, dass die Botschaft in Preßburg auch jedem offen steht, der sich für die deutsche Kultur interessiert. Wir fungieren hier auch als Ansprechpartner und freuen uns, wenn Leute auf uns zukommen. Das soll keine Einbahnstraße sein. Wir haben den klaren Auftrag als deutsche Botschaft in der Slowakei, uns um die ganze Slowakei zu kümmern und stehen da jederzeit zur Verfügung.
Das Gespräch führte Katrin Litschko.