Buch 30 Jahre KDV Pressburg

Der Pressburger Kulturnachmittag – Eine herzerwärmende Stunde

Am 30. April 2022 veranstaltete die Region Pressburg des Karpatendeutschen Vereins in Zusammenarbeit mit der Gemeinde der Evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnisses in der Slowakei-Pressburg Altstadt in der Kleinen Evangelischen Kirche auf der Nonnenbahn (Panenská ulica) 28 sein erstes größeres Kulturtreffen seit der Aufhebung der Pandemie-Auflagen, die uns mehr als 25 Monate einschränkten. Auf dem Kulturnachmittag wurde das Buch „Karpatendeutscher Verein Pressburg 1990 – 2020“ von Rosi Stolár-Hoffmann, Marian Markus und Michael Stolár vorgestellt.

Als wir das Buch, das von der dreißig Jahre langen Tätigkeit des Karpatendeutschen Vereins in der Region Pressburg berichtet, druckfertig in Händen hatten, wollten wir dieses auch unseren Mitgliedern und Freunden würdig vorstellen. Dankbar haben wir die Zusage der uns seit Jahrzehnen zugeneigten Pressburger Pfarrerin Anna Polcková, uns für diesen Anlass die kleine evangelische Kirche auf der Nonnenbahn zur Verfügung zu stellen, angenommen. Das war eigentlich kein Zufall, denn diese Kirche erinnert uns an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die damals verängstigten und verfolgten Pressburger eine Zuflucht eben in dieser kleinen Kirche fanden. Damals war das Gotteshaus jeden Sonntag und Feiertag bis zum Rand gefüllt. Die Menschen fanden Trost und Zuversicht. Das ist in unserem Gedächtnis verankert und bewegt uns jedes Mal, wenn wir diese Kirche betreten.

So konnten wir unsere Mitglieder zu dieser Veranstaltung einladen. Kurz vor drei Uhr nachmittags begannen sich die Bänke zu füllen. Es kamen viele, die sich an diese Zeit erinnern, aber auch solche, die gerne zu unseren kulturellen Veranstaltungen kamen und kommen. In den Gesichtern der Anwesenden spiegelte sich die Freude wider, einmal alte Freunde zu treffen, was eben wegen der Pandemie noch vor Kurzem ausgeschlossen war.

30 Jahre KDV in Pressburg
Die neue Publikation über den KDV in Pressburg

Erinnerungen in Buchform

Den Kulturnachmittag eröffnete Frau Michaela Posch mit den Worten: „Die Zeit läuft sehr schnell, was heute Realität ist, ist morgen Vergangenheit. Was heute in ist, ist morgen out. Zwei oder drei Jahre sind heute zu viel, zu lang. Was sagt man aber, wenn etwas 30 Jahre dauert? Nicht zu fassen, unglaublich, unrealistisch. Aber doch, so etwas gibt es. Unser Karpatendeutscher Verein hat so lange alle Klippen, alle Felsen überwunden; er hat viel Schönes, aber auch Trauriges, viel Gefühlvolles und Spannendes erlebt. Alle diese Ereignisse sind jetzt nicht nur in unseren Erinnerungen verankert, sondern wir können sie wieder erneut erleben durch ein wunderschönes Buch.“

Danach stellte der Vorsitzende des Karpatendeutschen Vereins, Herr Dr. Ondrej Pöss unseren Verein in einem kurzen Vortrag vor und sprach auch über die Pläne für die kommenden Tage, Wochen und Monate.

Es folgte Herr Michael Stolár, der Vorsitzende der Region Pressburg des Karpatendeutschen Vereins, der das Buch „Karpatendeutscher Verein Pressburg 1990 – 2020“ und die Arbeit daran vorstellte. Er beschrieb die Probleme und Schwierigkeiten, die die Pandemie und die folgende Wirtschaftskrise für die Arbeit am Buch bedeuteten, wie es manchmal nur schleppend und dann wieder hektisch und stressig vorwärtsging, bis es endlich gelang, in Druck zu gehen. Außerordentlich hob er den Einsatz und die Unterstützung der beiden Mitautoren, Frau Rosi Stolár-Hoffmann und Herrn Marian Markus, hervor, die ihn auch in Zeiten des Zweifels immer wieder dazu ermunterten, weiterzumachen. Er beschrieb das Aufstöbern alter Dokumente im Archiv des Vereins in Pressburg, wo zum Beispiel ein alter Beleg über die Auszahlung von 100,- Kronen das Datum der ersten vorweihnachtlichen ökumenischen Andacht bestätigte.

30 Jahre KDV in Pressburg
Der Vorsitzende der Region Pressburg des Karpatendeutschen Vereins Michael Stolár bei seiner Ansprache

Außergewöhnliche Präsentation der deutschen Volksgruppe

Nach der Vorstellung des Vereins und des Buches sprach Gemeindepfarrerin Frau Anna Polcková segnende Worte denen sich Pater Alois Sághy aus Österreich von der Katholischen Kirche anschloss und wir alle dankten Gott für das gelungene Werk. Danach las Frau Rosi Stolár-Hoffmann einige Zeilen aus dem Buch, die sich dem Deutschen Volkslied, dessen Bedeutung für das Fortbestehen und den Zusammenhalt der deutschen Minderheit und der Tätigkeit der „Singenden Omas“, die viele Jahre tragende Kraft des Vereins in Pressburg waren, vor. Daraufhin wurden von den Autoren Bücher signiert und mit persönlichen Widmungen versehen. Da die Bücher unverkäuflich sind und der Verein keine Geschäftstätigkeiten ausüben kann, wurden die Erwerber vom Regionsvorsitzenden zu einer kleinen Spende aufgefordert. Der Ertrag wurde der Gemeindepfarrerin als Hilfe für ukrainische Flüchtlingskinder übergeben.

30 Jahre KDV in Pressburg
Zahlreiche Bücher wurden signiert.

Danach dankte Herr Denis Valent vom Referat der Kultur der Nationalen Minderheiten im Kulturministerium der Slowakischen Republik dem Regionsvorsitzenden und drückte seine Wertschätzung für die Organisation dieses außergewöhnlichen Ereignisses, die Präsentation dieser Publikation, aus. Er hob hervor, dass das Kulturministerium der Slowakischen Republik als zentrales Organ der Staatsverwaltung im Bereich der Förderung der Kultur der nationalen Minderheiten jede Anstrengung zur Präsentation der nationalen Kunst für sehr verdienstvoll hält und so für die Vorbereitung und Durchführung dieser außergewöhnlichen Präsentation der deutschen Volksgruppe allen, die daran beteiligt waren, dankt. Bei einer kleinen Erfrischung bestehend aus Krammelpogatscherln, Strudel, Pressburger Kipferln und Limonade wurde dann noch lange über das Buch diskutiert.

Zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland

Insgesamt kamen fast hundert Gäste aus dem In- und Ausland. Besonders erfreute uns die Teilnahme zahlreicher Ehrengäste. Es waren nicht nur Vertreter des Kulturministeriums, sondern auch der diplomatischen Vertretungen, der deutschsprachigen Schulen, weiterer Minderheiten und Mitglieder des Karpatendeutschen Vereins sowie seiner Jugendorganisation.

Unter den Gästen waren auch der ehemalige Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Herr Axel Hartmann, Vertreter der Karpatendeutschen aus Österreich sowie ihr Obmann Karl Putz oder Stephan Saghy und Pater Alois Shághy, weiter Freunde aus Österreich, Ungarn, Deutschland, Slowenien, ja sogar von der Insel Mauritius.

Musikalisch wurde der Kulturnachmittag von Herrn Martin Bako untermalt. Seine Orgelmusik, die die Phantasie in D-Moll von Ján Křtitel Kuchař, die Fuge in C-Dur von Ján Křtitel Vaňhal sowie eine persönliche Improvisation, enthielt, brachte uns allen ein erbauendes musikalisches Erlebnis.

Warum aber die Kleine Evangelische Kirche?

Sie befindet sich inmitten der Großstadt Pressburg, unter den alten Häusern der ehemaligen nördlichen Vorstadt. Es ist ein verborgener stiller Ort der Zuflucht und Besinnung der Letzten der Letzten unserer ehemals großen Gemeinschaft. Ein Ort, an dem sich der kläglich geschrumpfte Rest der evangelischen Pressburger Deutschen all sonntäglich zusammenfindet.

Die Deutsche Evangelische Kirchengemeinde Augsburger Bekenntnisses zu Pressburg war eine von 1606 bis 1945 bestehende Gemeinde. Die Geschehnisse nach dem 4. April 1945 als die Stadt von der sowjetischen Armee besetzt wurde, sind allen bekannt. Die meisten deutschen Gemeindemitglieder wurden anhand der kriminellen Beneš-Dekrete 1945-1946 zwangsweise ausgesiedelt und vertrieben. Nur eine kleine Gruppe, deren Mitglieder aller Rechte beraubt waren, blieb in Pressburg zurück. Das deutsche Wort war zum Aussterben verurteilt.

Aber schon 1946 wurden wieder in Pressburg deutsche evangelische Gottesdienste abgehalten. Die restlichen deutschsprachigen Evangelischen wurden zunächst von den hier gebliebenen deutschen Pfarrern Eugen Schmidt, Heinrich Pröhle und Wilhelm Rátz betreut. Nach deren Ableben wurde die Gemeinde durch den slowakischen Pfarrer Juraj Holčík übernommen. Er war es, der sich bis zu seinem Tode 1984, dieses kleinen Häufleins der evangelischen Deutschen annahm. Danach wurden die regelmäßigen Gottesdienste in deutscher Sprache bis heute von den Pfarrern Miroslav Kýška, Vladimír Kubovčák, Ľudovít Muntág, Radim Pačmár, Erika Sokola und weiteren gehalten.

Die Pandemie des Coronavirus und der Krieg in der Ukraine hat uns alle ratlos gemacht. Umso mehr danken wir Gott, dass wir jeden Sonntag hier zusammenkommen können, um Kraft mit Gottes Hilfe zu erfahren. Wir danken denen, die sich um unser Seelenheil kümmern, uns am Sonntag biblische Worte in Deutsch predigen und uns so aufmuntern, weiterzumachen. Wir danken dafür Frau Pfarrerin Mgr. Anna Polcková und Herrn Pfarrer Mgr. Ondrej Prostredník PhD. sowie Mgr. Michaela Posch PhD. Wir danken aber auch denen, die sich um die Kirche und deren Umgebung und alles andere kümmern und uns so einen Zufluchts- und Besinnungsort für unsere Seelen bieten – die Kleine Evangelische Kirche.

Text: Michael J. Stolár

Foto: Martin Stolár