Familie Anjou und Schwedler

Die Anjous und der „Neue Weg“ über Schwedler zur Integration Europas

Nachdem die deutschen Siedler die Reichtümer an Edel-, Kupfer- und Eisenerzen in den Wäldern unserer Gründe entdeckt hatten, trugen sie durch deren Abbau und Handel zum Wohlstand des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Königreichs Ungarn bei.

Die Regenten haben dieses Potenzial recht gut erkannt und diesen Vorgang stark gefördert. Vor allem das königliche Geschlecht der Anjous hat das Leben der Gründler unverkennbar geprägt. Man kann dieses Herrscherhaus mit Fug und Recht als Brückenbauer zwischen Europa und Ungarn bezeichnen. An diesem Integrationsprozess wirkten auch unsere Ahnen mit ihrer Arbeit mit.

Karl I. Robert

In dieser Hinsicht erwarb sich die größten Verdienste der König Karl I. Robert. Während seiner Regierungszeit (1307 bis 1342) gewann die Entwicklung des Bergbaus eine beispiellose Dynamik. Vor allem aber regelte er den Bergbau auf gesetzmäßiger Grundlage und setzte so der alten Willkür ein Ende. Zugleich erhöhte er im Rahmen seiner Wirtschaftspolitik die Zahl der privilegierten Städte, deren Entfaltung ihm sehr am Herzen lag.

Die Anjous waren für ihren prächtigen Hof berühmt und die Deckung der Kosten erforderte hohe Ausgaben, wozu der Reichtum, den unsere Ahnen in den Gründen erschlossen hatten, eine erhebliche Rolle spielte. Deshalb blieb er auch bis 1464 königliches Eigentum. 1325 führte man das königliche Monopol auf Edelmetalle ein, womit die Ausfuhr von umgemünztem Silber und Gold verboten wurde. Edelmetalle mussten nunmehr in den königlichen Kammern zu vorgegebenen Preisen eingelöst werden.

Ludwig von Anjou

Karl Robert und seine Nachfolger, vor allem Ludwig I. (1342 bis 1382), unterhielten dazu auch in Göllnitz ihre eigenen Beamten, die damals Bergwerksaufseher beziehungsweise Kammergrafen genannt wurden. Diese Amtsträger beaufsichtigten alle Bergwerke in den Gründen, von denen sie königliche Steuern und Abgaben als „Urbura“ beziehungsweise „Census regius“ einzogen. Dies betrug 10 Prozent der ganzen Produktion, die die privaten Bergwerke an die königliche Kammer abführen mussten. Mit all dem Eingezogenen finanzierte man auch den Ausbau von Handelswegen, da die Anjous sich deren Bedeutung bewusst waren.

Der „Neue Weg“ des Zipser Kupfers

So wurde ein Weg über den Schwedler Berg gebaut, der nach Marksdorf und Leutschau führte. Von dort beförderte man Erze über Polen bis in die Städte der Ost- und Nordsee. Diese Route ist bis heute gut erhalten. Sie wurde im Volksmund als „Neuer Weg“ bezeichnet, auf dem alle in den Gründen abgebauten Erze befördert werden mussten. Die Volkstradition zeugt noch heute davon, wie Fuhrleute aus den Gründen im früheren oberen Gasthaus nächtigten, um morgens mit ihren mit Kupfer beladenen Fuhrwerken nach Marksdorf aufzubrechen. Längs des „Neuen Weges“ lag das Gut Goldbach, wo 1345 Ludwig der Große die Verlegung des Zollhauses nach Kupferbach angeordnet hatte. Wo genau dieses 1467 erwähnte Gut lag, ist heute schwer festzustellen. Nach Dr. Gréb befand es sich jedenfalls dort, wo einst eine Mautstellelle stand, die Ludwig errichten ließ.

Durch Europa

Diese Ausfuhr führte zu einer Konzentration des Kapitals außerhalb unserer Bergbaugebiete, in den damaligen Handelsbollwerken wie Leutschau, Krakau, Danzig und Thorn – Zielstationen auf der besprochenen Handelsroute. Das Kupfer wurde weiter nach Hamburg, Kiel, Lübeck und Flandern in die Faktorei des Deutschen Ordens in Brügge transportiert, was dessen Handelsrechnungen vom Ende des 14. Jahrhunderts bezeugen.

Verknüpfungen und Verflechtungen

Aus den wirtschaftlichen Verknüpfungen ergaben sich erstaunliche persönliche Verflechtungen. Der Schwiegervater des Erbauers des höchsten holzgeschnitzten gotischen Altars der Welt, Meister Paul von Leutschau, war ein Kupferhändler, der sich auch an der Finanzierung eines Bergwerks beteiligte. Auch der Namen des genialen Astronomen Kopernikus wurzelt im Wort Kopper/Kupfer, da sein Vater mit Zipser Kupfer handelte. Anfangs war er in Krakau tätig, von wo er das Kupfer nach Danzig transportierte, bis er um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Thorn Wurzeln schlug. Dort kam sein Sohn Nikolaus am 19. Februar 1473 zur Welt kam.

Fazit

Von dem Wohlstand, der dank der europäisierenden Politik der Anjous in die Gründe einzog, zeugen noch heute einige erhaltene Denkmäler. In der römisch-katholischen Kirche in Schwedler befindet sich ein Taufbecken von immensem historischem Wert, auf dem an der Außenseite das königliche Wappen Ludwigs des Großen angebracht ist. Zu neuen Ufern kann man nur über neue Brücken und Wege gelangen. Und deren Bau und Suche geht uns alle an.

Oswald Lipták