Ein feierliches Literaturkränzchen in Einsiedel
Zwei Monate sind wieder schnell vorbeigegangen. Draußen ist es heiß, aber in unserer Küche wartete gute Literatur auf uns. Die hilft immer, den Alltag leichter zu machen und bringt uns auf andere Gedanken. So haben wir am 20. Juni 2022 in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom das 23. Lesejahr eröffnet.
Dafür haben wir aus dem „Literaturkalender 2022“ Joseph von Eichendorff und sein Gedicht „Mondnacht“ ausgewählt. Der Schriftsteller wurde 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor in Oberschlesien geboren und starb 1857 im oberschlesischen Neise. Er war ein bedeutender Lyriker und Vertreter der deutschen Romantik. Eichendorff wird auch heute noch zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern gezählt. Er studierte Jura in Halle, Heidelberg, Berlin und Wien. Das Gedicht „Mondnacht“ ist ein Wunderwerk deutscher Sprache, beschreibt die Sehnsucht nach der mystischen Vereinigung von Kosmos und Mensch. Im Zauber der Mondnacht findet etwas so Wundervolles statt, dass es mit anderen als des Dichters Worten nicht beschrieben werden kann. Der Ur-Ur-Enkel des Schriftstellers, Georg Freiherr von Eichendorff Graf Strachwitz, der 1979 in Iserlohn geboren wurde, war im Mai 2022 Gast in der SWR-Fernsehsendung „Ich trage einen großen Namen.“ Das Internet hat es uns ermöglicht, dass wir die Familie von Eichendorff und das Schloss Strachwitz virtuell besuchen konnten. Joseph von Eichendorff war für uns in der Slowakei unbekannt, aber jetzt sind wir sehr froh, dass wir seine Gedichte und die Novellen kennen. Und dass noch immer etwas Neues dazu kommt, das freut uns auch.
Ein großer Eichendorff-Verehrer war Dr. Walter Teltschik (1928-2015). Der Schriftsteller und Chemieforscher war Stifter des Eichendorff-Museums in Neckarsteinach. Das Museum wurde Ende Oktober 2012 eingeweiht und man kann dort mehr über den Lebensweg und die Werke Eichendorffs erfahren. Dr. Walter Teltschik hat uns zu Weihnachten 2012 ein schönes literarisches Geschenk gemacht. Er hat uns die Faltkarte „Der Eichendorff-Gedenkstein“ bei Neckargemünd und die Broschüre „Eichendorff-Museum Neckarsteinach“ geschickt. Wir haben uns jetzt an die zehn Jahre, in denen man das Museum besuchen kann, erinnert.
Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer
Über Dietrich Bonhoeffer sprachen wir bei unserem Literaturkränzchen schon mehrmals, auch dieses Mal. Er sagte einmal: „Man muss sich durch die kleinen Gedanken, die einen ärgern, immer wieder hindurch finden zu den großen Gedanken, die einen stärken.“ Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 in Breslau geboren und am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg bei Regensburg hingerichtet. Der lutherische Theologe und Vertreter der Bekennenden Kirche war am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. Er war auch ein begnadeter Autor, seine Bücher und Gedichte findet man weit über die deutschen Grenzen hinaus. Mit 24 Jahren habilitiert, wurde Bonhoeffer nach Auslandsaufenthalten Privatdozent für evangelische Theologie in Berlin.
Für unser literarisches Treffen haben wir dieses Mal das Buch „Bonhoeffers große Liebe“ (Leipzig, 2017) von Fabian Vogt ausgewählt. Darin bittet ein junger Jesuitenpater Maria von Wedemeyer, die ehemalige Verlobte Dietrich Bonhoeffers, um ein Gespräch. Er möchte mehr über den Menschen erfahren, den alle Welt als Theologen, Widerstandskämpfer und Märtyrer verehrt. Und Maria von Wedemeyer lässt sich darauf ein. Erstmals.
Mit dem Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ haben wir diesen Teil des Nachmittags beendet. Dietrich Bonhoeffer hatte dieses Gedicht im Gefängnis zu Weihnachten 1944/1945 für seine Eltern und für Maria geschrieben. Es ist vertont, in die slowakische Sprache übersetzt und es wird in der evangelischen Kirchengemeinde Augsburger Bekenntnisses im Gottesdienst gesungen.
Schiller und Goethe
Bei unserem Literaturkränzchen sprachen wir auch über Friedrich von Schiller, der 1759 in Marbach am Neckar als Sohn eines Offiziers geboren wurde. Auf Befehl des württembergischen Landesherrn Karl Eugen wird er in dessen Eliteschule in Stuttgart aufgenommen. Der militärische Drill hat Schiller nicht gutgetan. Er studiert Jura, dann Medizin. Als junger Medizinstudent schrieb er sein Werk „Die Räuber“. Das Stück ließ er 1782 auf eigene Kosten drucken und er besuchte heimlich dessen Premiere am Mannheimer Nationaltheater. 1788 schlägt Goethe ihn für den Lehrstuhl für Geschichte in Jena vor. Hier verfasst Schiller seine ästhetischen und historischen Schriften. Nach seinem Umzug nach Weimar schließt Schiller Freundschaft mit Goethe. Daraus ergibt sich eine der fruchtbarsten Dichterbekanntschaften aller Zeiten. 1802 erhält er den Adelstitel. Seine schlechte körperliche Verfassung zwingt ihn ans Krankenbett. Am 9. Mai 1805 stirbt Friedrich von Schiller in Weimar. In der Stadt befindet sich auch die Goethe- und Schiller-Gruft. Wir haben bei unserem literarischen Nachmittag mit dem Gedicht „Das Lied von der Glocke“ an Schiller gedacht.
Danach folgte ein kurzer Sketch, in dem es darum geht, dass zwei Frauen am Bahnhof warten und sich über die Reise unterhalten. Es ist ein lustiges Gespräch, in dem die literarischen Werke der beiden Klassiker der Weltliteratur erwähnt werden. Den Frauen hat das Gespräch gefallen und dieser Sketch hat uns an die Nachmittage erinnert, als im großen Saal auch unsere Gäste aus den benachbarten Ortsgruppen waren.
Den Abschluss unseres literarischen Treffens bildete Johann Wolfgang von Goethe und sein Gedicht „Gegenwart“. Die Frauen haben beschlossen, dass immer auch schöne deutsche Lieder gesungen werden, damit man sie nicht vergisst! Diesmal waren es „Wahre Freundschaft“ und „Hohe Tannen“.
Ilse Stupák