Ein Paradies am Ende der Welt
Die Besucher der am südlichen Ende der Panamericana gelegenen argentinischen Stadt Ushuaia auf Feuerland können sich im dortigen Museum „Fin del Mundo“ – „Ende der Welt“ – in ihren Reisepass stempeln lassen. Doch die lebendige Stadt und die weite Bucht mit den riesigen Kreuzfahrtschiffen lassen nicht das Gefühl aufkommen, wirklich am Ende der Welt zu sein. Anders ist es im kleinen Zipser Örtchen Henclová.
Die von der 546 kommende Zufahrtsstraße 3276 teilt sich am Ortseingang und führt jeweils bis zum Ende der Gemeinde talaufwärts in den Wald – bis zu einem „Durchfahrt Verboten“-Schild. Ab dort gibt es nur noch den Bach, ausgedehnte Bergwälder mit vielfältiger Vogelwelt und zahlreichen Wildtieren. Je nach Saison trifft man vereinzelt auch Menschen beim Pilzesammeln, bei der Holzabfuhr oder beim Wandern.
Die Gemeinde Henclová Huta wurde 1925 mit der wesentlich größeren und bedeutenderen ehemals deutschen Gemeinde Stillbach/Tichá Voda unter Beibehaltung ihres Namens vereint. In der „Karpatenpost“ wird darüber erst in Ausgabe 16 vom 16. März 1929 berichtet und der Verdacht geäußert, dabei sei es nur darum gegangen, den deutschen Namen Stillbach zu tilgen. Anton Lendacký vermutet, dass die Bewohner von Henclová bessere Beziehungen hatten oder schlicht hartnäckiger bei den Verhandlungen waren (Anton Lendacký „História dediny Henclová“, 1998).
Die heutige Gemeinde
Heute hat die Gemeinde nach Angaben der Bürgermeisterin, Frau Lýdia Šomšáková, die uns bereitwillig und freundlich Auskunft erteilte, noch 99 Einwohner. In früheren Jahren waren es mehrere hundert. Die Kinder werden zur Schule nach Wagendrüssel/Nálepkovo gefahren. Da es vor Ort kaum Erwerbsmöglichkeiten gibt, pendeln die meisten Berufstätigen ebenfalls mit dem täglich mehrmals verkehrenden Bus nach Nálepkovo. Für die seelsorgerische Betreuung ist bestens gesorgt: Den überwiegend katholischen Einwohnern steht in beiden Ortsteilen je eine Kirche zur Verfügung. Gottesdienste finden im Wochenwechsel in beiden Gotteshäusern statt. Die Versorgung mit kristallklarem Bergwasser erfolgt durch zahlreiche Brunnen.
Die Häuser, teils im Blockhausstil gebaut, haben ein gepflegtes Äußeres und die Gärten sind voller Blumenschmuck. Eingebettet in die wunderschöne bewaldete Berglandschaft und verbunden mit einer angenehmen Ruhe ist der Ort eine Oase für Erholungssuchende. So wird etwa die Hälfte aller Häuser als Ferien- und Wochenenddomizil genutzt.
Blick in die Bergbauvergangenheit
Abgesehen von Hammer und Schlegel im Ortswappen deutet nichts auf die Bergbauvergangenheit von Stillbach hin. Wie auch in den anderen Bergorten der Zipser Gründe wurden hier ab dem Spätmittelalter von deutschen Bergleuten Edelmetalle gefördert. Der Ort wird 1290 erstmals in historischen Dokumenten erwähnt. Stillbacher Kupfer wurde bereits im 14. Jahrhundert nach Brügge exportiert. 1340 übertrug Ludwig I. die Nutzung der Stillbacher Goldgruben an die Schmöllnitzer. Dies führte zu einem viele Jahrzehnte währenden Zwist zwischen den benachbarten Grundherren, der Adelsfamilie Bebek von Pleissnitz, und den deutschen Bergbauorten in der Unterzips.
Immer wieder fielen die Kriegsknechte der Bebeks, von ihrem Sitz Krásna Hôrka kommend, in Stillbach ein. 1344 hatte ein Gerichtsurteil noch die Besitzansprüche der Schmöllnitzer bestätigt. Doch es nützte nichts. 1556 wurde Stillbach niedergebrannt. Die Einwohner flohen nach Schwedler/Švedlár und nahmen ihre Kirchenglocke sowie das wertvolle, aus Messing gegossene Taufbecken mit. Während die Glocke verschollen ist, kann das Taufbecken heute noch in der katholischen Kirche in Schwedler bewundert werden.
Text und Fotos: Rudolf Göllner