Feierliches Literaturkränzchen in Einsiedel

Der Monat August ist in unserer Ortsgruppe des Karpatendeutschen Vereins in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom mit mehreren Veranstaltungen verbunden, die schöne Erinnerungen hinterlassen haben. Denen haben wir uns auch bei unserem feierlichen Literaturkränzchen gewidmet. Es sollten, wie schon seit ein paar Jahren, auch Gäste aus den benachbarten Ortsgruppen der Unterzips daran teilnehmen – leider konnte es dieses Mal nicht so sein.

Am Montag, den 10. August 2020, haben wir uns im kleinen Saal im Haus der Begegnung getroffen – die Frauen vom Literaturkränzchen, unsere Vorsitzende, Frau Gabriele Wencel, und ein paar Mitglieder des Vorstandes. Als Gast war eine Studentin der Ethnographie von der Comenius-Universität Preßburg/Bratislava da, die eine Seminararbeit über Einsiedel an der Göllnitz schreibt und für ein paar Tage unsere Gemeinde besuchte.

Das Literaturkränzchen im kleinen Saal im Haus der Begegnung

Begonnen haben wir unser Literaturkränzchen mit unserem Heimatdichter Rudolf Göllner und seinem Gedicht:

„Ansiedla!“

„Einsiedler!“

Von Korban pis an Raabastaan,

Von Korban bis zum Räuberstein,

Von Horb pis roff zen Rechn,                      

Von Horb bis hinauf zum Rechen,

Dos ës mei Haamet, benn ach klaan,

Das ist meine Heimat, wenn auch klein,

Ich konn se nëch vagessn!

Ich kann sie nicht vergessen!

Rudolf Göllner ist 1904 in Einsiedel an der Göllnitz geboren und 1991 in Mengeringhausen in Deutschland gestorben, wohin er nach dem Zweiten Weltkrieg aus seiner sehr geliebten Heimat vertrieben worden war. Gerade in Deutschland schrieb er das Gedicht „Ansiedla!“. „Ungebrochen der Wille, unendlich die Sehnsucht nach seinen geliebten Gründen, die unvergessen bleiben!“, heißt es über ihn in dem Buch „Unterzipser Sprachschatz“, das 1989 in Stuttgart herauskam.

Fallers große Liebe

Über Thommie Bayer, der 1953 in Esslingen am Neckar geboren ist, sprachen wir zuvor schon. Dieses Mal wählten wir seinen Roman „Fallers große Liebe“ aus, der 2011 in München herauskam. Ein interessantes Buch. Der Leser lernt den jungen Antiquar Alexander Storz kennen. Eines Tages steht Marius Faller in seinem Laden und fragt: „Nehmen Sie auch eine ganze Bibliothek?“ Er lädt ihn zu sich ein. Die beiden machen sich am nächsten Tag auf eine Reise und der Leser fährt mit. Sie bereisen Universitätsstädte, in denen Faller Wohnungen vermietet und wo er nach dem Rechten schauen will. Alexander besucht in dieser Zeit Buchhandlungen. Die beiden Männer sprechen über Kunst, über Bilder, über Bücher. Alexander sagt: „Was ich an den Büchern so liebe, ist, dass ich in ihnen verreisen kann, andere Leben ausprobieren, etwas fühlen, erfahren oder lernen kann.“

Heimatschriftsteller Hans Ernst

Der bekannte Heimatschriftsteller Hans Ernst ist 1904 in München geboren und 1984 in Kolbermoor gestorben. Die literarische Vereinigung LITTERA hat Hans Ernst die LITTERA-Medaille verliehen, eine Auszeichnung für Kunst und Wissenschaft, die vor ihm nur wenigen erteilt wurde. Wir haben uns für unser Literaturkränzchen dieses Mal seinen Roman „Gold in der Ackerfurche“ ausgewählt. Darin geht es darum, dass die Stadt immer weiter wächst und gierig nach Bauernland greift. Sebastian Weingartner, der Jochbauer zu Salm und Bürgermeister einer kleinen Gemeinde, verfolgt diese Entwicklung mit einigem Unbehagen, denn die städtischen Einflüsse machen sich auch in seinem Dorf bemerkbar. Mit aller Leidenschaftlichkeit setzt er sich dagegen zur Wehr. Unbeschreiblich schön waren die Momente, als aus diesem Roman einige Ausschnitte vorgelesen wurden. Wir haben erfahren, wie die jungen Leute da leben, wie sie arbeiten, wie es ihnen gelingt, vieles zum Guten zu wenden. In dem Buch heißt es: „Und wenn einmal was zerbrochen war, es fügt sich immer wieder zusammen, wenn man dazu bereit ist. Selbst aus Asche kann neue Glut entstehen, wenn sich ein kleiner Funke darunter verborgen hat.“

Die Geschichte vom Räuberstein

Auch diesmal haben wir die „ZIPSER TRILOGIE Potoken und Mantaken dazähln“ dabei gehabt. Gelesen haben wir „Die Geschichte von Raabastaan“ (Die Geschichte vom Räuberstein). Aufgeschrieben hat sie Frau Irma Lumnitzer im Jahre 1996. Der Räuberstein ist 1147 Meter hoch und er ist mit der 1155 Meter hohen Klopptanne durch einen zwei Kilometer langen Grat verbunden. Diese zwei Berge bilden eine Doppelspitze. Der Name Räuberstein ruft uns in Erinnerung, dass den Berg Räuber-Sagen umringen. Unter der Spitze des Räubersteins war eine Höhle, in dieser hatte der Sage nach Dovetz, der Räuberhäuptling, mit seinen zwölf Genossen seinen Aufenthalt. Dovetz erschien eines Tages als Zipser Graf auf einem Ball zu Untermetzenseifen und verliebte sich dort in die schöne Katharina, die Tochter eines Moldauer Grundbesitzers. Als Zipser Graf führte er sie zum Altar und nach der Trauung ging er mit seiner schönen Braut auf Hochzeitsreise ins Ausland. Das Ausland war aber die Höhle am Räuberstein und der schönen Katharina wurde erst da bewusst, dass sie in die Hände eines Räubers gefallen war.

Gespräche in Corona-Zeiten

Eine Bereicherung für uns waren die Fotos der bekannten Berge in der Umgebung: die Klopptanne, der Räuberstein, der Korban, der Spitzenstein und der 703 Meter hohe Spitzenberg, das Wahrzeichen unserer Gemeinde.

Anfang August bekamen wir netten Besuch. Herr Prof. Dr. Ferdinand Klein und seine Frau Dr. Anna Klein-Krušinová haben uns ein Päckchen mit Büchern gebracht. Wir führten trotz der Corona-Zeiten ein gutes Gespräch am Fenster. „In diesem Geist der Freundschaft bleiben wir weiter verbunden mit all den lieben Menschen des Literaturkreises, der für seine vorbildliche Arbeit einen besonderen Dank und ein besonderes Lob verdient“, schrieb Herr Prof. Dr. Ferdinand Klein in seiner E-Mail. Herzlichen Dank für den Besuch und für die Bücher.

Ilse Stupák