Gedenken an Opfer von Krieg und Gewalt in Preßburg
Die Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt stehen in unseren Jahresplänen an allererster Stelle. Seit dem Bestehen des Vereins in Preßburg/Bratislava haben wir alljährlich im November auf Friedhöfen in unserer Stadt und im benachbarten Österreich, in Ungarn und Tschechien mit großer Anteilnahme Gedenkveranstaltungen veranstaltet – auch auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Preßburg.
Während des Aufbaus des Friedhofs im Jahr 1998 versammelte sich hier eine kleine Schar Preßburger an Allerheiligen zu einer Erinnerungsfeier. Frau Rosi Stolár-Hoffmann hielt eine kurze Ansprache und Professor Sobek und Július Bruckner legten einen Kranz zu Füßen des entstehenden Denkmals nieder. Die „Singenden Omas“ gaben das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“ wieder und alle schlossen sich ihrem Gesang an.
Dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge wurde auf dem Friedhof Rosenheim/Ružinov im Stadtteil Fragendorf/Vrakuňa eine Fläche für die Anlage des deutschen Soldatenfriedhofes zur Verfügung gestellt. Seit September 1997 fanden hier 980 deutsche Soldaten, die in Grablagen innerhalb des Stadtgebietes und im Umkreis von Preßburg geborgen wurden, ihre letzte Ruhestätte. Es wurden zwei Grabfelder an den Seiten des Zugangsweges angelegt. Granitkreuze mit den Namen der hier liegenden Toten erinnern an die Verstorbenen. Am Gedenkplatz stehen auf Metalltafeln die Namen weiterer über 1800 Personen, die nicht mehr zu bergen und zu identifizieren waren.
Anlaufpunkt statt namenlose Gräber
Seit der offiziellen Einweihung am 17. Juni 2000 gedenken wir einmal jährlich gemeinsam anlässlich des Volkstrauertages aller Opfer von Krieg, Gewalt und Terror. Solange wir konnten, haben wir uns auch an der Gestaltung der Gedenkstunden beteiligt. Heutzutage haben wir nur noch die Möglichkeit, dabei zu sein und einen Kranz niederzulegen. Auch unsere Preßburger Toten liegen in namenlosen Gräbern – vom Eis des Nordkaps bis in den Sand von Tobruk, von den Wassern der Wolga bis zu denen des Atlantiks. Fast jede deutsche Preßburger Familie betrauert bis heute ihre Söhne. So sehen wir im Soldatenfriedhof in Rosenheim etwas sehr Persönliches, eine Genugtuung, die uns die nicht bekannten oder nicht zugänglichen letzten Ruheplätze unserer Verwandten näherbringt.
Erinnern an die Opfer von Krieg und Gewalt
Am Volkstrauertag gedenken die Menschen der Opfer von Krieg und Gewalt. Neben der Trauer ist er aber auch ein Symbol für Frieden und Versöhnung. Seit 1952 wird er zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen.
Die Preßburger Region und Ortsgruppe des Karpatendeutschen Vereins nahm dieses Jahr an der Ehrung der Opfer von Krieg und Gewalt mit einer kleinen Gruppe unter der Leitung des Regionsvorsitzenden Michael Stolár teil. Am 5. November gedachten wir der Toten der Schlacht bei Blumenau/Lamač vom 22. und 23. Juni 1866. Wir kamen am fiktiven Grabmal des Hauptmannes Hoffmann zusammen, wo wir eine Kerze anzündeten. Um 15 Uhr waren wir beim Soldatendenkmal Thebner Neudorf. Hier wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges am 10. Juni 1945 über 40 deutsche Kriegsgefangene ermordet. Wir zündeten einige Kerzen an und gedachten der Toten in stiller Trauer. Am 6. November ehrten wir die Toten auf dem Soldatenfriedhof in Kopčany, wo Opfer des Ersten Weltkrieges ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Auch hier zündeten wir am großen Kreuz des Friedhofes Kerzen an und hielten eine Schweigeminute ab.
Eine Woche später fand am 13. November 2022 in Preßburg die jährliche Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Rosenheim statt. Der Einladung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge waren 82 Gäste gefolgt. Dabei waren unter anderem Vertreter des diplomatischen Korps aus den USA, Ungarn und Österreich, der NATO in Preßburg, der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer und der Deutschen Schule Bratislava. Auch die Karpatendeutsche Landsmannschaft Österreich war mit ihrem Obmann Karl Putz sowie Stephan Sághy und Dr. Wolfgang Steffanides vertreten. Den Karpatendeutschen Verein in der Slowakei vertraten die Delegierten unter der Leitung der Ortsgruppenleiterin Judita Kubincová und des Regionsvorsitzenden Michael Stolár. Das deutsche Einsatzkontingent, das im Rahmen der NATO Multinational Battlegroup in Sliač unter der Führung von Oberst i.G. Dr. Volker Pötzsch steht, stellte die Ehrenformation und Kranzträger.
Nach der Eröffnung der Feierlichkeit durch Verteidigungsattaché Oberstleutnant Rüdiger Heinrich hielt die Botschafterin der Bundesrepublik, Barbara Wolf, ihre Ansprache. Danach folgte die feierliche Kranzniederlegung. Den Kranz des Karpatendeutschen Vereins legten Herr Július Bruckner und Martin Stolár zu Füßen des Denkmals.
Das Wetter untermalte die Traueratmosphäre mit Nebel. Wasser tropfte von den Bäumen und Sträuchern, die Kreuze und die Pflastersteine waren glitschig. Düsterer Anlass, düstere Atmosphäre. Wie fast immer bei solchen Anlässen schweiften meine Gedanken umher. Ich dachte an die Soldaten in den Schützengräben vor Cherson, Bachmut und Lyssytschansk, an die alten Gebrechlichen, die ohne Strom und fließendes Wasser, ohne Heizung und ohne Hoffnung in den Ruinen ihrer zerbombten Heime hausen, an Tote beider Seiten, Ukrainer oder Russen, die Opfer des Wahnsinns des Krieges und eines machthungrigen Despoten wurden, und daran, dass wir wieder nichts gelernt haben! Ich hoffe, dass es nächstes Jahr besser wird. Wird es das?
Michael Stolár